# taz.de -- Die Wahrheit: Gefangen in der Katzenklappe | |
> „Viele glauben, dass sie die Wartezeit im Krankenhaus vermeiden, wenn sie | |
> in einem Krankenwagen eingeliefert werden. Das ist ein Irrtum....“ | |
Der Nachbarjunge war entsetzt. Sein Vater hatte ihm das Taschengeld | |
gestrichen, bis die Strafe für den blinden Alarm abbezahlt sein würde. Der | |
achtjährige Liam hatte mit seinem Handy die Notrufzentrale angerufen und | |
die Bergrettung verlangt. Sein Bruder hatte die Leiter des Etagenbetts | |
versteckt und war abgehauen. Liam saß oben fest. Sein Vater musste 100 Euro | |
für den Anruf des Sohnes berappen. | |
Liam ist nicht der Einzige, der wegen eines Fehlalarms bestraft wurde, aber | |
die meisten Täter sind keineswegs Achtjährige. Ein Mann aus Galway zum | |
Beispiel rief die Polizei, weil man ihm in einer Imbissstube einen | |
Hamburger statt eines Cheeseburgers angedreht hatte. Eine 17-jährige | |
alarmierte die Feuerwehr, weil sie nach durchzechter Nacht ihre Schlüssel | |
verloren und versucht hatte, durch die Katzenklappe zu krabbeln, aber auf | |
halbem Weg stecken geblieben war. Und eine ältere Dame bemühte den | |
Notarztwagen, weil bei einer Zwölfjährigen die Wehen eingesetzt hätten. Als | |
der Arzt eintraf, stellte er fest, dass es sich um eine zwölf Jahre alte | |
Hündin handelte. | |
Besonders dreist war der Notruf eines Mannes aus Solihull in den englischen | |
Midlands. Er wollte einen schweren Betrugsfall anzeigen. Er hatte sich mit | |
einer Prostituierten auf einem Parkplatz eines Hotels verabredet und sich | |
am Telefon nach dem Aussehen der Frau erkundigt. Als sie ankam, fand er, | |
dass sie nicht halb so attraktiv war, wie sie behauptet hatte. Die Polizei | |
verhaftete stattdessen den Freier. | |
Ein anderer Anruf klang dagegen ernst: Ein militärischer Eisenbahnzug sei | |
verunglückt, es gebe Verletzte. Drei Krankenwagen und die Feuerwehr machten | |
sich schnurstracks auf den Weg. Die Rettungskräfte waren überrascht, am | |
Unfallort eine Tagung von Miniatureisenbahnfans anzutreffen. Drei | |
Teilnehmer hatten sich leicht verletzt, als sie über die kleinen Züge | |
gestolpert waren. Der Mann in der Notrufzentrale hatte „military train“ | |
statt „miniature train“ verstanden. | |
Viele glauben, dass sie die Wartezeit im Krankenhaus vermeiden, wenn sie in | |
einem Krankenwagen eingeliefert werden. Das ist ein Irrtum. Ein Freund | |
musste 18 Stunden in der Notaufnahme warten, weil sein Schlüsselbeinbruch | |
trotz Krankenwagen keine Priorität hatte. Die Krankenschwestern kümmerten | |
sich aber rührend um einen alten Zausel, der zu Fuß im Pyjama eingetroffen | |
war. | |
Er wurde mit Tee und einem Sandwich versorgt und Stunden später nach Hause | |
geschickt. Man kenne ihn seit Jahren, erklärte die Krankenschwester, er | |
besuche jeden Abend rundum die Krankenhäuser für ein Heißgetränk und etwas | |
Unterhaltung. | |
Nachbarsjunge Liam maulte letztlich, dass er zum Notfall geworden wäre, | |
hätte er sich beim Etagenbettsprung das Bein gebrochen. Insofern müsste | |
sein der Anruf bei der Bergrettung doch als Schadensvermeidung gelten und | |
straffrei sein. | |
29 Oct 2018 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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