# taz.de -- Bundestreffen der Jungen Union: Union will von Greenpeace lernen | |
> Am letzten Tag des JU-Treffens geben sich die Teilnehmer leger: in Jeans | |
> und Hoodie. Der Unions-Fraktionschef will sogar von NGOs lernen. | |
Bild: Jung und rebellisch? Oder konservativer als die Mutterpartei? Ralph Brink… | |
Kiel taz | „Alles glänzt so schön neu …“: Unter den Tönen des | |
Peter-Fox-Liedes zog Ralph Brinkhaus in die Halle im Zentrum von Kiel ein, | |
wo die Delegierten der [1][Jungen Union] seit Freitag tagten. „Genau die | |
richtige Einlaufmusik“, sagte der JU-Bundesvorsitzende Paul Ziemiak, als er | |
den Vorsitzenden der Bundestagsfraktion von CDU und CSU begrüßte. | |
Tatsächlich ist Brinkhaus so neu im Amt, dass auf den offiziellen | |
Einladungen zum [2][Bundestreffen der Nachwuchsorganisation von CDU und | |
CSU] noch der Name seines Vorgängers Volker Kauder als Gastredner stand. | |
Brinkhaus, der Kauder herausgefordert und überraschend bei der Wahl zum | |
Fraktionsvorsitzenden [3][gewonnen hatte], gab sich bescheiden: Er sei „die | |
Vorgruppe von Annegret Kramp-Karrenbauer“, die Generalsekretärin der CDU, | |
die als letzte prominente Rednerin der Veranstaltung sprach. Aber Brinkhaus | |
nutzte seine Chance, sich dem Parteinachwuchs als Erneuerer zu | |
präsentieren, der die Probleme der Partei benennt und an Lösungen arbeitet. | |
„Wir erreichen die Menschen nicht mehr“, sagte er. „Die schimpfen nicht m… | |
mehr, die gehen einfach weg.“ Hier müsse ein neuer Dialog gestartet werden, | |
und das sei die Aufgabe der Union, die als „letzte verbliebene Volkspartei | |
der Last Man Standing“ sei. | |
„Wir müssen raus aus der Defensive, wir müssen kampagnenfähig werden!“, | |
rief Ralph Brinkhaus den über 300 Delegierten und zahlreichen Gästen zu. | |
Neben einem „breiten Kreuz für die eigenen Themen“ warb er vor allem um | |
eine „Erneuerung der Parteistrukturen“ und damit um die Hilfe der | |
gemeinsamen Nachwuchsorganisation der Unionsparteien: „Fordert uns, helft | |
uns.“ Es sei wichtig, von den „Mitbewerbern“ zu lernen – nein, nicht SPD | |
oder Grüne, sondern Bewegungen und NGOs wie Greenpeace: „Themen | |
identifizieren, besetzen und über alle Kommunikationswege spielen.“ | |
Da seien die Jüngeren als „digital natives“ weiter als die Älteren mit | |
„digitalem Migrationshintergrund“. Botschaften, die die Delegierten gern | |
hörten und Brinkhaus mit Beifall und Jubelrufen dankten. Trotz einer langen | |
Partynacht in Kiel waren die Stuhlreihen in der Kieler Halle – sonst für | |
Handball oder Konzerte genutzt – gut gefüllt. Nur der Kleiderstil war | |
lässiger: Statt Anzug oder Kostüm waren viele der Delegierten am Abreisetag | |
in Jeans erschienen. Bundesvorsitzender Paul Ziemiak, der am Freitag mit | |
über 90 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt worden war, trug sogar einen | |
modischen Hoodie: jung und rebellisch halt. Doch dass sich die JU in vielen | |
Fragen eher konservativer als die Mutterpartei aufstellt, war bereits an | |
der Gästeliste abzulesen. | |
## Watsche für Merkel | |
US-Botschafter Richard Grenell, oftmals ein Kritiker deutscher und | |
europäischer Politik, hatte am Freitag ein Grußwort gehalten, Österreichs | |
Bundeskanzler Sebastian Kurz, ein Gegner Merkels etwa bei der | |
Flüchtlingspolitik, war zu einer Rede zugeschaltet worden. Und [4][Merkel | |
musste sich bei ihrem Auftritt] zwar nur wenigen kritischen Fragen stellen, | |
bekam aber quasi im Hinausgehen eine Watsche mit auf den Weg: Nach ihrer | |
Rede beschloss der Kongress einen Antrag, laut dem eine Person maximal drei | |
Amtszeiten regieren sollte. Merkel, die in ihrer vierten Regierungsperiode | |
steckt, hatte diese Idee schlankweg verworfen – die JU stimmte dennoch | |
dafür. | |
Demonstrativ still blieben während Merkels Auftritt vor allem die | |
Delegierten aus Bayern, die beim Einzug der Kanzlerin auch nicht | |
aufgestanden waren. Reichlich Beifall hatte dagegen Jens Spahn erhalten. | |
Dass er als Bundesgesundheitsminister im Kabinett sitzt, liegt auch daran, | |
dass die JU nach den Wahlen im vergangenen Jahr gefordert hatte, mehr | |
Jüngere ins Parlament zu holen. „Vollgas jetzt!“, hatte Spahn mit Blick auf | |
die bevorstehenden Landtagswahlen in Bayern und Hessen gemahnt. | |
Der Applaus dafür wie auch der lang anhaltende Jubel für Brinkhaus’ Rede | |
mag Merkel in den Ohren klingen: Dass er anstelle ihres Vertrauten Volker | |
Kauder gewählt worden war, gilt als Zeichen der Bundestagsfraktion nicht | |
nur als Kritik an Kauders Führungsstil, sondern auch als Zeichen für die | |
[5][Schwäche der Kanzlerin]. Mit Beifall hatten die JU-Delegierten am | |
Samstag auch Gesundheitsminister Jens Spahn empfangen, Das beinahe letzte | |
Wort des Treffens hatte Annegret Kramp-Karrenbauer, die Generalsekretärin, | |
die von Angela Merkel ins Amt geholt wurde. | |
Auch sie sprach die notwendige Erneuerung der Partei an und warnte davor, | |
vor Wahlen bereits nach Schuldigen an den Verlusten zu suchen: „Franz Josef | |
Strauß hätte einen Pfifferling für schlechte Umfragen gegeben, sondern | |
gekämpft!“ Zum Lohn gab es „Annegret, Annegret“-Rufe und einen | |
Blumenstrauß, auch wenn Paul Ziemiak das selbst altmodisch fand: „Wir sind | |
doch eigentlich nicht bei der Seniorenunion.“ | |
7 Oct 2018 | |
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## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
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