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# taz.de -- Vorurteile in der französischen Politik: Der Präsident der Reichen
> Macron empfiehlt einem arbeitslosen Gärtner, er solle sich als Kellner
> bewerben. Das zeigt einmal mehr, für welche Klientel Macron Politik
> macht.
Bild: Manche suchen Rat, andere machen Selfies
Paris taz | Der französische Präsident Emmanuel Macron wärmt gern
Vorurteile auf und verrät dabei, wie weit weg er schon vom Alltag der
allermeisten seiner Landsleute ist, isst und denkt. Das letzte Beispiel
dafür lieferte Macron am Wochenende, als der Élysée-Palast für Besucher
geöffnet war. Nicht alle wollten bloß den Arbeitstisch des Präsidenten
sehen, einige hofften auf die Chance, ein persönliches Anliegen vorbringen
zu können.Unter denen, die in den Garten des Elysée vordringen konnten, war
auch ein junger Gärtner. Er berichtete Macron, dass er sich seit zwei
Jahren um einen Job bemühte, unzählige Bewerbungen verschickt habe, aber
immer noch arbeitslos sei.
Dass es in Frankreich so schwer sei, einen Job zu finden, wollte der
Präsident nicht gelten lassen. Ihm zufolge böten sich die Arbeitsplätze
buchstäblich an der nächsten Straßenecke! „Ich muss bloß die Straße
überqueren, dort gibt es Arbeit in Hotels, Restaurants und Cafés. Die
wollen ganz einfach Leute, die bereit sind, trotz Belastungen zu arbeiten“,
antwortete Macron.
Macron empfahl seinem Gast, er solle auf dem Pariser Boulevard Montparnasse
in den Lokalen vorsprechen, er würde sicher in einem von zwei Lokalen einen
Job finden.
Macron erinnerte an die Statistiken: Es gibt tatsächlich rund 152.000
offene Stellen in Frankreich. Gerade in der Gastronomie und im Tourismus
haben Unternehmen Mühe, vakante Arbeitsplätze zu besetzen. Nur suchen sie
prioritär ausgebildetes Personal – und wären, wie Anfragen von Medien
bestätigen, nur ausnahmsweise bereit, einen Gärtner ohne Vorkenntnisse als
Kellner einzustellen.
## Emmanuel-Antoinette
[1][Das Video der kurzen Konversation] zwischen Macron und dem Gärtner
machte auf Twitter und Facebook die Runde. Die meisten Kommentatoren
äußerten sich schockiert darüber, dass der Präsident offensichtlich davon
ausgehe, dass es für alle Arbeit gebe und dass die Arbeitslosen nur richtig
suchen müssten. Indirekt unterstellt er den Betroffenen damit, sie seien
unfähig oder zu faul, um aus ihrer prekären Lage herauszukommen.
Im Netz wird Macron bereits mit der Königin Marie-Antoinette verglichen,
der (angeblich zu Unrecht) eine Äußerungen anlässlich einer
Hungerdemonstration vor der Revolution von 1789 zugeschrieben wird: „Das
Volk hat kein Brot? Dann soll es doch Brioches essen!“
Eric Coquerel, ein Abgeordneter der linken France insoumise, nannte Macrons
Äußerung eine „unerträglichen verächtlichen Kastenhaltung“. Die Zeitung
Libération kritisiert „Macrons Manie, allen Lehren erteilen zu wollen“ und
erinnerte in diesem Zusammenhang an frühere Bemerkungen, die darauf
schließen lassen, dass er vor allem an die Erfolgreichen, Reichen und
Superreichen denkt, während er für die anderen auf der untersten sozialen
Stufe nur moralische Belehrungen wenn nicht sogar Verachtung hat.
Erst kürzlich hatte er über die Sozialhilfe gesagt, das seien Ausgaben, die
„irrsinnig viel Knete kosten“. Um das Sozialhilfesystem zu vereinfachen,
hat Emmanuel Macron in der vergangenen Woche [2][einen „Plan gegen die
Armut“ vorgestellt]. Viel weiß man noch nicht darüber, nur dass sich das
mit viel Aufwand erarbeitete Programm offenbar als sehr bescheidenes Paket
entpuppen dürfte. Statt bisher verschiedener Sozialhileleistungen will
Macron Bedürftigen künftig nur noch eine einzige Zulage zahlen. Beobachter
erwarten, dass er damit Geld sparen will. Und noch etwas ist neu und
besonders an seinem Plan: Die Zulage soll an die Aktivität der Empfänger
gekoppelt werden, sprich an ihr Bemühen um einen neuen Job.
Klingt nach einem Konzept, dass Deutschland schon gut kennt – in Frankreich
bisher allerdings weit weg erschien: Hartz IV.
17 Sep 2018
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=bR3YzWREFYU
[2] /Sozialpolitik-in-Frankreich/!5535599
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
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