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# taz.de -- Reaktionen auf Köthen: „Kein Problem einer einzelnen Stadt“
> Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Haseloff verspricht Aufklärung. Nach
> einem tragischen Todesfall hatten Neonazis nach Köthen mobilisiert.
Bild: Nach dem sogenannten „Trauermarsch“ kam es zu offen nationalsozialist…
Berlin/Köln/Halle/Genf rtr/epd | Die Bundesregierung hat sich betroffen
über den Tod eines jungen Mannes in Köthen geäußert [1][und Reaktionen
Rechtsextremer auf den Fall] scharf verurteilt. An erster Stelle stünden
Trauer und Betroffenheit über den Tod, sagte Regierungssprecher Steffen
Seibert am Montag in Berlin. Dass es am Ende des Tages in Köthen, wie ein
Video zeige, zu offen nationalsozialistischen Sprechchören gekommen sei,
„auch das muss uns betroffen machen und muss uns empören“, ergänzte er.
Der Sprecher von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lobte die Arbeit der
Polizei. Polizeiführung und viele Bürger hätten besonnen reagiert, sagte
Seibert.
Bundesinnenminister Horst Seehofer hält sich mit einer Bewertung des
Angriffs auf den 22-Jährigen zurück. „Da wäre ich jetzt vorsichtig“, sag…
der CSU-Politiker am Montag in München vor einer Vorstandssitzung seiner
Partei. Das Herzversagen stehe nicht „im direkten kausalen Zusammenhang mit
den erlittenen Verletzungen“. Er habe am Sonntagmittag von dem Vorfall
erfahren und dafür gesorgt, dass zu der erwarteten Demonstration in Köthen
mehr Polizei geschickt worden sei.
In der Nacht zum Samstag war in Köthen ein 22-Jähriger nach einem Streit
mit afghanischen Asylbewerbern, bei dem er Verletzungen erlitt, gestorben.
Laut Polizei starb der Mann allerdings an Herzversagen. Zwei Tatverdächtige
wurden festgenommen, gegen beide wird nun ermittelt. Sie befinden sich
derzeit in Untersuchungshaft. Wie es zu dem Tod kam und ob die Verdächtigen
Schuld daran trügen, sei von Polizei und Staatsanwaltschaft zu klären,
sagte Seibert.
Am Sonntagabend hatten nach Angaben des sachsen-anhaltischen
Innenministeriums rund 2.500 Menschen in Köthen an einem sogenannten
„Trauermarsch“ teilgenommen, für den auch Rechtsextreme mobilisiert hatten.
Rund 220 Menschen nahmen demnach an einer Gegenkundgebung teil.
Landespolitiker hatten zuvor zu Besonnenheit aufgerufen. Zu einer
kurzfristig organisierten Trauerandacht der evangelischen Kirche in der
Köthener St.-Jakobskirche kamen am frühen Sonntagabend mehrere Hundert
Menschen.
Aktion gegen rechts gefordert
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff hat ein bundesweites
Vorgehen nach dem Aufmarsch der Rechtsextremen gefordert. Man habe an den
Nummernschildern der Anreisenden erkennen können, dass es nach dem
Todesfall in Köthen am Sonntagabend eine bundesweite Mobilisierung gegeben
habe, sagte der CDU-Politiker am Montag vor dem CDU-Präsidium in Berlin.
„Demzufolge ist es das keine Problematik einer einzelnen Stadt, eines
einzelnen Landes. Die gesamte Nation ist jetzt gefordert“, sagte Haseloff.
Die Bevölkerung erwarte jetzt einen funktionierenden Rechtsstaat. Die
Vorfälle würden aufgeklärt.
„Wir werden die Stadt Köthen auch nicht zugereisten Rechtsextremisten
überlassen, die versuchen, das für sich zu instrumentalisieren“, sagte
Haseloff.
Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sprach von
zugereisten Rechtsextremen, die in Köthen demonstriert hätten. „Wir müssen
in dieser Zeit zusammenhalten“, sagte der CDU-Politiker, mahnte aber zur
Vorsicht. „Deshalb ist es gerade wichtig, dass Demokraten, anständige
Menschen auch bei der Wortwahl aufpassen, dass wir nicht das Spiel dieser
Menschen mitmachen und leichtfertig die Stimmung anheizen.“
Kretschmer bekräftigte, dass es bei den [2][Ausschreitungen in Chemnitz vor
zehn Tagen „schlimme Dinge“ gegeben habe] wie Landfriedensbruch, Attacken
gegen Journalisten, Körperverletzungen und das Zeigen des Hitlergrußes.
„Aber das, was darüber hinausgeht, so habe ich es auch gesagt, hat dort so
nicht stattgefunden“, sagte er zu [3][seiner Bemerkung, dass es keinen Mob,
keine Hetzjagd und keine Pogrome gegeben habe].
Organisationen warnen vor Instrumentalisierung
Das Landesnetzwerk Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt warnte vor einer
Instrumentalisierung des Falles in Köthen. „Wir verurteilen kurzsichtige
unsachgemäße Panikmache, die die Bevölkerung spaltet und zum unangemessenen
Aktionismus verleitet“, erklärte das Netzwerk am Montag in Halle. Zugleich
wurde den Hinterbliebenen tiefes Mitgefühl ausgesprochen. Die
Ermittlungsbehörden seien jetzt zuständig, den Fall vollständig
aufzuklären.
Der Vorstandsvorsitzende des Netzwerkes, Nguyen Tien Duc, sagte: „Wir
sollten unsere Kraft dafür einsetzen, damit Menschen friedlich miteinander
leben können.“ Er kündigte an, dass das Netzwerk die Arbeit für ein
friedliches Miteinander in Vielfalt in Sachsen-Anhalt, insbesondere in
Köthen, verstärken werde. „Denn Demokratie funktioniert nur, wenn wir
miteinander reden und uns gegenseitig respektieren.“
Auch die neue Menschenrechtskommissarin der Vereinten Nationen (UN),
Michelle Bachelet, zeigte sich in ihrer Antrittsrede vor dem
UN-Menschenrechtsrat in Genf besorgt über „ausländerfeindliche Hass-Reden
in Deutschland“.
10 Sep 2018
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