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# taz.de -- Podcast „Passierte Tomaten“: Wir haben etwas verpasst
> In der BRD herrschte eine restriktivere Familienpolitik als in der DDR.
> Doch die Frauenbewegung hat nach der Wende wenig von den Ostfrauen
> gelernt.
Bild: Wendezeit: Plakat des Unabhängigen Frauenverbands 1990 für die Volkskam…
Die Frau im Blaumann, einen Schraubenschlüssel in der einen, das Kind an
der anderen Hand. So in etwa kann man sich das Frauenbild der DDR
vorstellen. Frauen sollten Mütter sein – aber auch Lohnarbeit verrichten.
„Während im Westen noch darum gekämpft wurde, überhaupt arbeiten gehen zu
dürfen, war für DDR-Frauen schon die Frage: Wie kriege ich das alles unter
einen Hut?“, so Bloggerin und Autorin Anne Wizorek, die im ostdeutschen
Rüdersdorf geboren ist.
Die Familien- und Frauenpolitik der Deutschen Demokratischen Republik
richtete sich nach dem Bild der arbeitenden Frau. Die Kosten für die
„Wunschkindpille“ übernahmen die Krankenkassen. Schwangerschaftsabbrüche
innerhalb der ersten zwölf Wochen waren ab 1972 erlaubt.
Ganz anders in der Bundesrepublik. „Die Richtschnur für Familienpolitik im
Westen ist nach wie vor: Kinderbetreuung ist Privatsache“, sagt Ulle
Schauws, frauenpolitische Sprecherin der Grünen. Schauws kommt aus dem
westdeutschen Krefeld. „Ich weiß noch, wie mich das völlig umgehauen hat,
als ich gemerkt habe, dass die Frauen im Westen nur dafür zuständig sind,
auf die Kinder aufzupassen“, erzählt Wizorek.
Zugleich waren die Frauen im Osten durch die Arbeit und den Haushalt
mehrfach belastet, denn die unbezahlte häusliche Arbeit sollten sie
trotzdem auch übernehmen. „Ich hatte immer so ein idealisiertes Bild, dass
Frauen und Männer in der DDR gearbeitet haben, beide gleichermaßen. Aber
mir wurde dann klar: Die Doppelbelastung war trotzdem da“, so Ulle Schauws.
„Das hat uns die Erkenntnis gebracht, dass patriarchale Strukturen das
Problem sind. Und nicht das Drumherum.“
So unterschiedlich die Familienplanung in DDR und BRD war, so schwierig war
es, sie nach dem Mauerfall zu vereinen. Viele Frauen kämpfen noch heute
gegen die restriktive Frauenpolitik der Bundesrepublik. Das Verbot von
Schwangerschaftsabbrüchen ist nach wie vor im Strafgesetzbuch verankert und
der Verstoß wird in Einzelfällen auch geahndet. Aktuell dreht sich die
Debatte insbesondere [1][um den Paragrafen 219a des Strafgesetzbuchs], der
Werbung für – und damit auch Information über – Schwangerschaftsabbrüche
verbietet.
Hätte man mehr von der Selbstbestimmtheit der Ostfrauen lernen können? Anne
Wizorek und Ulle Schauws beantworten das mit einem klaren Ja. „Für
feministische Fragen haben wir wirklich etwas verpasst“, so Schauws. „Da
ist einiges an Erfahrung verlorengegangen“, sagt auch Wizorek.
***
Ulle Schauws und Anne Wizorek sprechen in diesem Podcast über Karriere und
Kinder, Lebensentwürfe, Frauenbilder und was das alles mit Sprache zu tun
hat.
***
Vom 9. bis zum 14. September 2018 veröffentlichen wir täglich ein neues
Podcast-Gespräch zu feministischen Streitthemen auf [2][taz.de] und unseren
Kanälen bei Spotify und iTunes. Alle Gespräche erscheinen zum Jahrestag des
Tomatenwurfs am 13. September gedruckt in der taz. Mit diesem Spezial
launchen wir außerdem auf taz.de [3][einen Schwerpunkt zu feministischen
Themen]. Schließlich steht die taz seit 40 Jahren für kontinuierliche
feministische Berichterstattung.
11 Sep 2018
## LINKS
[1] /Schwerpunkt-Paragraf-219a/!t5480560
[2] /Podcast-Passierte-Tomaten/!t5533630
[3] /!p5190/
## AUTOREN
Belinda Grasnick
## TAGS
Podcast „Passierte Tomaten“
DDR
Feminismus
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Schwerpunkt Abtreibung
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