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# taz.de -- Der Irak trocknet aus: Ankara füllt weiteren Stausee
> Dämme an Euphrat und Tigris sorgen dafür, dass immer weniger Wasser in
> den Irak fließt. Nun wird es für die Bauern dort lebensbedrohlich.
Bild: Bauarbeiten am Ilisu-Staudamm im Südosten der Türkei
Berlin taz | An der Mauerkrone des Ilisu-Staudammes im Südosten der Türkei
wird noch emsig gebaut. Nach offiziellen Angaben haben die Betreiber des
Projekts aber bereits begonnen, eine der drei Röhren, in denen der Tigris
um die 1.800 Meter lange Staumauer herumgeleitet wird, zu schließen und so
mit der langsamen Auffüllung des Stausees zu beginnen.
Drei Jahre lang soll es dauern bis der See vollgelaufen ist. In dieser Zeit
wird der Tigris – neben dem Euphrat die wichtigste Wasserquelle für den
Irak – nur noch 45 Prozent des Wassers führen, das zuvor aus der Türkei in
den Irak strömte. Noch streiten Aktivisten, Ökologen und Hydrologen
darüber, ob die angebliche Sperrung der einen Röhre tatsächlich schon
stattgefunden hat oder von Ankara nur behauptet wird, um den Baufortschritt
zu demonstrieren. In jedem Fall dürfte der riesige Damm am Tigris für die
irakischen Bauern in naher Zukunft zu einem lebensbedrohlichen Problem
werden.
Denn schon heute trocknet der Irak auf dramatische Weise aus. Nicht nur der
Oberlauf des Tigris, auch der Oberlauf des Euphrat wurde zunächst in der
Türkei und dann in Syrien mit Staudämmen verbaut. Diese tragen dazu bei,
dass im Irak von einstmals 30 Milliarden Kubikmeter Wasser im
Schatt-El-Arab, dem Zusammenfluss von Euphrat und Tigris, nur noch 16
Milliarden ankommen. Dies erklärte der zuständige Minister Hassan Janabi
kürzlich gegenüber dem britischen Independent.
## Der Anbau von Reis wurde verboten
Bereits im Juni verbot die irakische Regierung den Anbau von Reis und
Weizen, weil dadurch zu viel Wasser verbraucht würde, das Menschen
andernorts dringender benötigen. Während das Land seine Bevölkerung vor
einigen Jahren noch aus eigenem Anbau ernähren konnte, wird heute der
allergrößte Teil der Lebensmittel aus dem Iran und der Türkei eingeführt
oder zu hohen Preisen auf dem Weltmarkt eingekauft.
Die von Saddam Hussein geführten Kriege ab den 80er Jahren sowie der
Bürgerkrieg nach dem Einmarsch der USA haben maßgeblich zu dieser
Entwicklung beigetragen. Sie hinterließen weite Brachen und zerstörte
Bewässerungssysteme. Noch entscheidender aber ist die ständige Abnahme des
Wassers in Euphrat und Tigris.
Als die Türkei vor gut zehn Jahren mit dem Bau des Ilisu-Staudammes begann,
machten Umweltschützer weltweit in einer großen Kampagne auf die
verheerenden Folgen aufmerksam: Nicht nur für die Bauern, deren Land durch
den Staudammbau zerstört wird, sondern auch für jene im Irak, denen
zukünftig Wasserknappheit droht.
Damals reagierte im Irak kaum jemand darauf, zu sehr war man damit
beschäftigt, sich gegenseitig zu bekriegen. Nun ist es zu spät. Der
Staudamm ist trotz aller Proteste so gut wie fertig, und spätestens, wenn
der Tigris im Januar und Februar kommenden Jahres sein Winterhochwasser
führt, werden alle drei Röhren geschlossen.
Zu den Kriegsfolgen und Staudammprojekten in den Nachbarländern kommt für
die irakische Bevölkerung erschwerend hinzu, dass der Regen in diesem
Frühjahr fast gänzlich ausblieb. Die Trockenheit ist in weiten Teilen des
Landes dramatisch. Rund um die Stadt Basra im Süden des Iraks kam es zu
Aufständen, weil Wasserhähne entweder ganz trocken blieben oder nur noch
schwer salzhaltige Brühe ausspiehen, die nicht trinkbar und selbst zum
Duschen ungeeignet ist.
Das antike Zweistromland ist der Ort, an dem die Menschheit erstmals
begann, Getreide anzubauen und wo viele Archäologen den Garten Eden
vermuten. Nun droht die Verwandlung in eine staubige Wüste.
27 Aug 2018
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
## TAGS
Irak
Türkei
Staudamm
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