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# taz.de -- Proteste im Irak: Schiiten gegen Sunniten war gestern
> Der Irak wächst plötzlich zusammen – im Ärger über das Versagen der
> eigenen Politik. Daran hat das Parlament seinen Anteil.
Bild: Die teils gewalttätigen Ausschreitungen haben in Basra Spuren hinterlass…
Kairo taz | Seit Tagen gehen die Menschen in der südirakischen Stadt Basra
auf die Straße, auch gewalttätig. Mindestens elf Menschen sind bei
Protesten ums Leben gekommen. Der Ärger der Demonstranten richtet sich
nicht, wie man das in den letzten Jahren aus dem Irak gewöhnt war, gegen
eine andere Religionsgemeinschaft. Diesmal gehen sie gegen die eigenen
politischen Führungen auf die Straße.
Schiitische Demonstranten protestieren gegen schiitische Politiker – und
das nicht immer friedlich. Das Gebäude der staatlichen Fernsehanstalt
Iraqiya wurde in Basra ebenso angegriffen und angezündet wie die Zentralen
religiöser schiitischer Parteien und Milizen, die für den Niedergang Basras
verantwortlich gemacht werden. Der Umm Qasr-Hafen in unmittelbarer
Nachbarschaft der Stadt musste aus Sicherheitsgründen geschlossen worden.
Für Basra wurde mittlerweile eine Ausgangssperre verhängt.
Es hat sich bei den Demonstranten einiges angestaut. Basra, die zweitgrößte
Stadt des Iraks, wurde in den letzten Jahren vollkommen vernachlässigt; und
das, obwohl rund um die Stadt 70 Prozent der Ölreserven des Landes liegen.
Schiitische Politiker, die die lokalen staatlichen Institutionen
dominieren, haben in ihre eigenen Taschen gewirtschaftet. Korruption ist
allgegenwärtig. Lebenswichtige staatliche Dienstleistungen funktionieren
nicht mehr.
Ausgelöst wurden die Proteste vor allem durch die mangelhafte
Wasserversorgung. Aus zahlreichen Wasserhähnen der Stadt kommt nur noch
Salzwasser. Tausende Menschen sollen inzwischen wegen der Verschmutzung des
Wassers in Krankenhäuser eingeliefert worden sein. Auch die stetigen
Stromausfälle, die das Leben in der Sommerhitze unerträglich machen, sorgen
für Ärger.
## Handlungsunfähiges Parlament
Das irakische Parlament hat für Samstag zu einer Sondersitzung aufgerufen,
um die Situation in Basra zu diskutieren. Aber das größte Problem ist, dass
die Zentralregierung in Bagdad derzeit praktisch handlungsunfähig ist. Zwar
wurde im Mai ein neues Parlament gewählt. Aber die Abgeordneten haben es
bis heute nicht geschafft, eine neue Regierung zu bilden.
[1][Zwei fast gleich große Machtblöcke stehen sich gegenüber.] Auf der
einen Seiten die Koalition des amtierenden Ministerpräsidenten Haider
al-Abadi zusammen mit dem Schiitenprediger Muqtada Sadr und einigen
sunnitischen Parteien. Auf der anderen der Block der dem Iran nahestehenden
schiitischen Parteien unter Führung des ehemaligen Premiers Nuri al-Maliki.
Beide behaupten von sich, eine Regierung formen zu können, beide schaffen
es nicht.
Derweil benötigt der Irak dringend eine handlungsfähige Regierung. Die vom
IS eroberten Gebiete im Norden und Westen des Landes müssen stabilisiert
werden und zwei Millionen Binnenflüchtlinge wollen zurückkehren. In den
zurückeroberten sunnitischen Gebieten geht der Wiederaufbau viel zu langsam
voran. Die Menschen fühlen sich vom Staat oft allein gelassen.
Wer Geld hat, kann sein Haus in Mossul wieder aufbauen. Auf staatliche
Unterstützung warten viele vergeblich. Und jetzt auch noch Proteste in
Basra – auf der anderen Seite des Landes. Zum ersten Mal scheinen die
Menschen im Irak, ob Schiiten oder Sunniten nach vielen Jahren wieder
geeint: in ihrem Ärger über das Versagen der eigenen Politiker und in dem
Wunsch, endlich wieder ein normales Leben führen zu können.
8 Sep 2018
## LINKS
[1] /Wahlergebnis-im-Irak/!5507228
## AUTOREN
Karim El-Gawhary
## TAGS
Irak
Nordirak
Irak
Schwerpunkt Syrien
Schwerpunkt Syrien
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