# taz.de -- Bürgermeisterwahl: Potsdam wählt ein neues Oberhaupt | |
> In Brandenburgs Landeshauptstadt sind am 23. September | |
> Oberbürgermeisterwahlen. Der Kandidat der SPD führt in Umfragen, aber die | |
> Parteien liegen eng beieinander. | |
Bild: OB-Wahl in Potsdam | |
In wenigen Wochen werden die Potsdamer über ein neues Stadtoberhaupt | |
abstimmen. Das Rennen ist durchaus spannend. Und schon jetzt ist klar, dass | |
sich in Brandenburgs Landeshauptstadt bald einiges ändert. Amtsinhaber Jann | |
Jakobs (SPD) tritt aus Altersgründen nicht mehr an. | |
Der Chefsessel im Rathaus wird also so oder so neu besetzt – für acht | |
Jahre. Da die Stadt seit der letzten Wahl 2010 um mehr als 25.000 Einwohner | |
gewachsen ist, könnten sich auch die Kräfteverhältnisse verschoben haben. | |
Die Wahl hat auch über die Stadtgrenzen hinaus Bedeutung. Denn eine | |
Niederlage in der boomenden Landeshauptstadt mit derzeit 177.000 Einwohnern | |
dürfte für die Landes-SPD ein weiterer Tiefschlag sein. Verliert sie das | |
Potsdamer Rathaus, gäbe es in keiner der vier kreisfreien Städte | |
Brandenburgs mehr einen sozialdemokratischen Oberbürgermeister. | |
Zuletzt lagen die Sozialdemokraten laut einer Insa-Umfrage im Auftrag der | |
Bild-Zeitung in Brandenburg mit 23 Prozent zwar wieder vorn – allerdings | |
nur knapp vor der AfD mit 21 Prozent. CDU und Linke kamen auf 18 Prozent. | |
## SPD seit der Wiedervereinigung | |
So eng wie in den vergangenen Monaten waren die Parteien in den Umfragen | |
noch nie beieinander. Von ihrer einstigen Führungsposition ist die SPD, die | |
in Brandenburg ununterbrochen seit 1990 den Ministerpräsidenten stellt, | |
weit entfernt. Ein Jahr vor der Landtagswahl werden Erfolgserlebnisse | |
gebraucht. | |
Auch das Potsdamer Rathaus ist seit der Wiedervereinigung in der Hand der | |
Sozialdemokraten. Die vergangenen 16 Jahre regierte dort Jann Jakobs. In | |
seiner Amtszeit wandelte sich die Stadt erheblich. Zuvor war sie noch als | |
Jammerhauptstadt des Ostens tituliert worden. Die Einwohnerzahl war | |
deutlich zurückgegangen, die Industrie verschwunden. | |
Inzwischen ist Potsdam eine der am schnellsten wachsenden Städte | |
Deutschlands, in der früheren Preußenresidenz haben sich Begüterte und | |
Prominente niedergelassen und die Touristen kommen in Scharen, um sich das | |
Unesco-Welterbe anzuschauen. | |
Das Wachstum Potsdams sozialverträglich zu bewältigen und die enormen | |
Investitionen in die öffentliche Infrastruktur zu finanzieren, das dürften | |
die Hauptaufgaben der nächsten Jahre sein. Bisher hat die Stadt den Boom | |
deutlich besser verkraftet als Berlin: Mit Schulen und Kitas ist sie besser | |
ausgestattet, es werden mehr Wohnungen gebaut und die öffentliche | |
Verschuldung ist niedriger. | |
## SPDler ist Spitzenreiter | |
Als Favorit gilt bei der Wahl der seit zwei Jahren amtierende | |
Sozialbeigeordnete Mike Schubert. Der 44-Jährige ist in Potsdam | |
aufgewachsen, war viele Jahre SPD-Fraktionschef im Stadtparlament und ist | |
der bekannteste von allen sechs Bewerbern. In seiner Amtszeit als | |
Beigeordneter konnte er sich als Krisenmanager profilieren: So sorgte er | |
für einen größeren Gebetsraum, als Muslime wegen Überfüllung der Potsdamer | |
Moschee auf dem Bürgersteig beteten und AfD-Anhänger dagegen mobil | |
machten. | |
Ob es ihm schadet, dass er auch mit falsch berechneten Kitabeiträgen in | |
Verbindung gebracht wird, ist hingegen offen. Die ungültige Gebührensatzung | |
gab es schon vor seinem Amtsantritt. Kürzlich schlug er vor, 15 Millionen | |
Euro aus der Stadtkasse an die Eltern zurückzuzahlen. Ein Geldsegen, der | |
möglicherweise an der Wahlurne hilft. | |
Im Wahlkampf setzte Schubert vor allem auf Sozialthemen. Das rasante | |
Wachstum der Stadt will er steuern und vor allem für mehr günstige | |
Wohnungen sorgen. | |
In die heiße Phase des Wahlkampfs dürfte Schubert als Spitzenreiter gehen. | |
Dafür spricht auch eine Forsa-Umfrage im Auftrag der Märkischen Allgemeinen | |
Zeitung von Ende August. Die sah den SPD-Kandidaten bei 29 Prozent. 25 | |
Prozent der Stimmen bekäme die parteilose Kandidatin der Linken, Martina | |
Trauth, die als Potsdams Gleichstellungsbeauftragte in der Stadtverwaltung | |
arbeitet. | |
## Stichwahl möglich | |
Rechtsanwalt Götz Friederich, Kandidat der CDU, könnte der Umfrage zufolge | |
18 Prozent für sich verbuchen. Jeweils 10 Prozent entfielen auf Lutz Boede, | |
Kandidat der linksalternativen Wählergruppe Die Andere, und auf Dennis | |
Hohloch (AfD). Die Grüne-Kandidatin Janny Armbruster lag in der Umfrage bei | |
8 Prozent. Allerdings war rund die Hälfte der Befragten noch | |
unentschlossen. Es geht also noch was. | |
Schafft es keiner im ersten Wahlgang über 50 Prozent, gibt es eine | |
Stichwahl zwischen den beiden Erstplatzierten. Schubert gilt als gesetzt. | |
Von Bedeutung dürfte sein, wer sein Gegner wird. Die Linke-Kandidatin | |
Trauth dürfte für Wähler der linksalternativen Wählergruppe Die Andere die | |
bevorzugte Wahl sein. | |
In dieser Konstellation könnten dann Schubert Stimmen aus dem konservativen | |
Lager zufließen und auch von Grünen, die in Potsdam den Linken in | |
herzlicher Abneigung verbunden sind. Tritt Schubert hingegen gegen CDU-Mann | |
Friederich an, dürfte der Sozialdemokrat für Linke und Grüne das kleinere | |
Übel sein. | |
7 Sep 2018 | |
## AUTOREN | |
Marco Zschieck | |
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