# taz.de -- Ökologische Hygieneprodukte: Tampontransparenz gesucht | |
> Hersteller müssen Inhaltsstoffe von Tampons nicht angeben. Ein Start-up | |
> produziert deshalb Biotampons und fordert Klarheit für Verbraucherinnen. | |
Bild: Die monatliche Regelblutung ist vollkommen normal – aber trotzdem häuf… | |
Etwa 16.000 Tampons verbraucht eine Frau durchschnittlich im Leben. Das | |
[1][geht ins Geld] und macht Müll – doch Tampons sind nach wie vor das | |
beliebteste Produkt, zu dem Frauen während ihrer Monatsblutung greifen. | |
Analysen zeigen: [2][Der Markt wächst], besonders in Asien. Bis 2025 | |
schätzen ExpertInnen den globalen Marktwert der Tamponindustrie auf | |
[3][rund 6,3 Milliarden US-Dollar]. | |
Doch was genau in Tampons drinsteckt, wissen die wenigsten. Ein Grund dafür | |
könnte sein, dass das Thema der monatlichen [4][Regelblutung als Tabu] galt | |
und gilt. Gleichzeitig wird es Verbraucherinnen nicht leicht gemacht, sich | |
über die Inhaltsstoffe von Tampons zu informieren. Diese gelten in | |
Deutschland als „Bedarfsgegenstände“, die keiner Deklarationspflicht | |
unterliegen. Das heißt: Hersteller müssen die Inhaltsstoffe nicht auf der | |
Verpackung angeben. | |
Zwei Unternehmerinnen aus Stuttgart wollen sich mit ihrer Firma The Female | |
Company für mehr Transparenz und Offenheit im Umgang mit der Periode | |
einsetzen. Ann-Sophie Claus und Sinja Stadelmaier produzieren seit Anfang | |
des Jahres Biotampons für den Onlineversand. Knapp 10 Euro kosten 42 | |
Tampons verschiedener Größe, die sich Kundinnen alle zwei bis vier Monate | |
im Abo zuschicken lassen können. | |
Der Stückpreis ist damit etwa dreimal so hoch wie bei herkömmlichen | |
Markentampons. Für die einmalige Bestellung einer bunt designten Box, auf | |
der Zeichnungen von Ketchupflaschen oder verschiedenförmigen Brüsten | |
gedruckt sind, kommen noch mal 10 Euro oben drauf. | |
## Cool statt peinlich | |
Dafür werden die Tampons nach Hause geliefert, und pro abgeschlossenes Abo | |
wird eine geflüchtete Frau mit Hygieneprodukten unterstützt, die sich sonst | |
keine leisten könnte. „Unsere Kampagne [5][#tampontakeover] ist laut und | |
manch einem vielleicht sogar peinlich“, sagt Gründerin Ann-Sophie Claus. | |
„Wir wünschen uns aber eine Normalisierung, damit die Leute merken: Ich | |
kann über die Periode reden, und das kann sogar cool sein.“ | |
Ob bio oder nicht: Tampons weisen als Wegwerfprodukte nicht die beste | |
Ökobilanz auf. Menstruationstassen, die je nach Modell bis zu 10 Jahre | |
halten, werden immer beliebter. Claus und Stadelmaier stehen dennoch hinter | |
ihrem Produkt: „Wir haben viele Kundinnen, die auch Menstruationstassen | |
ausprobiert haben, aber manche kommen damit nicht klar“, sagt Claus. Die | |
Produkte würden sich nicht ausschließen, sondern ergänzen. „Frauen haben | |
individuelle Bedürfnisse, und es sollte für jedes Bedürfnis ein Angebot | |
geben.“ | |
Ihre Biotampons werden in Spanien produziert und sind zu 98,6 Prozent | |
kompostierbar. Die Baumwolle stammt von Firmen in der Türkei, die die | |
strengen Richtlinien des Global Organic Textile Standard (Gots) erfüllen. | |
Derzeit arbeiten die Gründerinnen an biologisch abbaubaren Verpackungen, um | |
auch die Plastikfolie um die Tampons ersetzen zu können. | |
Inhaltsstoffe von Frauenhygieneprodukten werden immer wieder kritisch | |
diskutiert. Verschiedene Studien konnten krebserregende Stoffe wie Dioxin | |
und Pestizide in Tampons nachweisen. Im Jahr 2015 fand ein Forscherteam der | |
argentinischen Universität La Plata in einem Großteil konventioneller | |
Tampons und Binden Glyphosatrückstände. Doch die Zeitschrift Öko-Test gab | |
für den deutschen Markt 2017 Entwarnung: 14 von 15 getesteten Tampons | |
bekamen im Produkttest die Note „sehr gut“. | |
## Oft wird nur das Endprodukt geprüft | |
Mit diesem Testergebnis werben große Hersteller für die Qualität ihrer | |
Produkte. Der europäische Tamponmarktführer o.b. gibt an, seine Tampons aus | |
Viskose nach Oeko-Tex-Standard 100 zertifizieren zu lassen. Der Zellstoff | |
für die Viskosefasern werde zudem aus Hölzern von „nachhaltig | |
bewirtschafteten Forstgebieten in Europa“ gewonnen. Über den genauen | |
Produktionsverlauf gibt o.b. jedoch keine Auskunft, eine unabhängige | |
Prüfstelle gibt es nicht. | |
Den Unterschied zwischen den Zertifikaten erklärt Ulrike Siemers, | |
Chemietechnikerin am Bremer Umweltinstitut: „Oeko-Tex prüft das Endprodukt, | |
aber nicht den Produktionsweg. Da wird nur auf ausgesuchte Inhaltsstoffe | |
getestet. Bei Gots wissen wir hingegen, was im gesamten | |
Verarbeitungsprozess zum Einsatz gekommen ist.“ VerbraucherInnen könnten | |
laut Siemers lediglich durch den Kauf von Gots-zertifizierten Produkten | |
dafür sorgen, dass der gesamte Herstellungsprozess kontrolliert wird – und | |
zwar inklusive ökologischer und sozialer Standards. | |
27 Aug 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Abgabe-auf-Menstruationsartikel/!5519614 | |
[2] https://www.strategyr.com/MarketResearch/ViewInfoGraphNew.asp?code=MCP-1576 | |
[3] https://globenewswire.com/news-release/2018/05/09/1499625/0/en/Global-Tampo… | |
[4] /Autorin-Heike-Kleen-ueber-Menstruation/!5474499 | |
[5] https://www.instagram.com/p/BmAYatCBviR/?hl=de&taken-by=thefemalecompany | |
## AUTOREN | |
Lin Hierse | |
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