# taz.de -- Erster Strafprozess nach Neonazi-Überfall: Gefängnis für Connewi… | |
> Obwohl ihnen kein Steinwurf nachgewiesen werden kann, sind zwei Männer | |
> wegen schweren Landfriedensbruchs zu Haftstrafen verurteilt worden. | |
> Weitere Prozesse folgen. | |
Bild: Martin K. und Dennis W. sollen Solidarität mit den Tätern gezeigt und i… | |
Leipzig epd | Nach [1][rechten Ausschreitungen im Leipziger Stadtteil | |
Connewitz] sollen zwei 26 Jahre alte Männer in Haft. Das Amtsgericht | |
Leipzig verurteilte Martin K. und Dennis W. am Donnerstag wegen | |
Landfriedensbruchs in einem besonders schweren Fall zu einer | |
Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten. Die Strafe wurde nicht zur | |
Bewährung ausgesetzt. Gegen das Urteil kann noch Berufung oder Revision | |
eingelegt werden. | |
Die Verteidigung hatte einen Freispruch gefordert. Amtsrichter Marcus Pirk | |
war jedoch der Meinung, alle Beteiligten hätten ein „Riesenglück“ gehabt, | |
dass nicht noch mehr passiert sei. Der Aufmarsch der 250 bis 300 Rechten | |
durch den linksgeprägten Stadtteil Connewitz im Leipziger Süden sei aus | |
seiner Sicht eine gezielte Provokation gewesen. Wären gewaltbereite | |
Vertreter der linken Szene an dem Abend im Viertel gewesen, hätte es leicht | |
Verletzte geben können. | |
Am Abend des 11. Januar 2016 war eine Gruppe aus schwarz gekleideten und | |
größtenteils vermummten Personen randalierend und mit Schlagstöcken, | |
Holzlatten und Äxten bewaffnet durch eine Straße in Connewitz gezogen. | |
Gleichzeitig hatte in der Innenstadt die fremdenfeindliche | |
„Legida“-Bewegung mit einer Demonstration ihren Jahrestag begangen. Es wird | |
davon ausgegangen, dass sich deswegen auch ein Großteil der linken Szene in | |
der Innenstadt aufhielt. Im Süden wurden insgesamt 25 Geschäfte und Bars | |
demoliert und 18 Fahrzeuge beschädigt. Einige Randalierer zündeten Böller | |
und Leuchtraketen, ein Dachstuhl geriet in Brand. Es entstand ein | |
Sachschaden von rund 113.000 Euro. | |
Die Staatsanwaltschaft konnte Martin K. und Dennis W. zwar keine | |
Beschädigung direkt nachweisen, ein solcher Vorwurf war aber auch nicht | |
Bestandteil der Anklage. Verurteilt wurden sie, weil sie als Teil der | |
Gruppe Solidarität mit den Straftätern gezeigt und ihnen Schutz geboten | |
hätten, wie Staatsanwältin Sandra Daute erklärte. Nachdem ein Täter etwa | |
aus der Gruppe ausgebrochen sei und ein Schaufenster zertrümmert hätte, | |
habe er wieder in ihr untertauchen können. Unter den insgesamt 215 | |
Festgenommen hatten sich auch bekannte Hooligans und Rechtsextreme | |
befunden. | |
## 91 weitere Prozesse zu Connewitz sollen folgen | |
Am Donnerstag wurde vor Gericht noch Videomaterial gezeigt, in dem in | |
Ansätzen zu erkennen war, wie Einzelne immer wieder aus dem Pulk heraus | |
Ladengeschäfte angriffen. Zeugen hatten zum Beginn der Verhandlung vor etwa | |
einer Woche ausgesagt, die Gruppe habe sehr geschlossen und insgesamt | |
gewaltbereit gewirkt. Auf den Videos war auch die Festsetzung der | |
Randalierer in einer Seitenstraße zu sehen. In dem Pulk hatte die Polizei | |
auch die zwei Verurteilten festgestellt. Diese hatten sich mit keiner Silbe | |
zu den Vorwürfen geäußert. | |
Nach Ansicht der Verteidigung, die einen Freispruch für beide forderte, | |
habe nicht einmal ansatzweise nachgewiesen werden können, ob und wann die | |
Männer Teil der randalierenden Gruppe gewesen seien. Es gebe keine | |
DNA-Spuren, keine Handy-Daten oder Hinweise auf ihre Wege und Motive. Es | |
könne nicht ausgeschlossen werden, dass sie zufällig in die Gruppe | |
gerieten, die von der Polizei festgesetzt wurde. Wie vor Gericht aber noch | |
einmal deutlich wurde, hatten sie sich aber auch nicht bei den Beamten | |
gemeldet und über ein Missverständnis geklagt. | |
Der Prozess war der erste von insgesamt 92, die im Zusammenhang mit den | |
Krawallen im Januar 2016 vor dem Leipziger Amtsgericht verhandelt werden. | |
Insgesamt hat die Leipziger Staatsanwaltschaft 103 Anklagen gegen 202 | |
Tatverdächtige an mehreren Amtsgerichten in der Region erhoben. Weitere | |
Fälle wurden nach Dresden abgegeben. Ein erstes, noch nicht rechtskräftiges | |
Urteil hatte das Landgericht Dresden gegen einen Mann erlassen, der sich im | |
selben Prozess auch wegen anderer Straftaten verantworten musste. | |
24 Aug 2018 | |
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