# taz.de -- Shishabar nur für Frauen: Wellness mit Wasserpfeife | |
> Wenn Frauen beim Wasserpfeife-Rauchen unter sich bleiben wollen, können | |
> sie seit Kurzem ins „Lady Hookah“ in Kreuzberg gehen. | |
Bild: Männer haben keinen Zutritt in der Shishabar „Lady Hookah“ in der Ur… | |
„Woanders muss ich drauf achten, wie ich mich verhalte: wie ich esse, ob | |
mein Kopftuch oder meine Kleidung ordentlich sitzt. Hier nicht.“ Die | |
angehende Optikerin Dilara*, 21 Jahre, könne sich im „Lady Hookah“, der | |
ersten Shishabar nur für Frauen, viel natürlicher bewegen. | |
Ihre Freundin Özge, ebenfalls 21 und Architekturstudentin, pflichtet ihr | |
bei. Klar gingen sie auch in gemischte Bars, auch Shishabars, aber da werde | |
frau eher beobachtet und mit Blicken abgeschätzt. | |
Als die beiden Freundinnen zum ersten Mal diese Form des Weggehens | |
ausprobieren, wissen sie, dass sie wiederkommen. Das Café liege zentral, | |
wenn man sich auch mal mit Freundinnen aus anderen Bezirken hier treffen | |
und „in Ruhe“ unterhalten wolle. Bei einer Fassbrause und einem | |
„Cherrybull“, einem Cocktail aus Kirschsaft und Energydrink, reden sie über | |
ihren „Alltag“, wie sie sagen. | |
An der Tür springt einem pudrig-rosa Samt entgegen. Der Stoff verdeckt den | |
Eingang und die mannshohen Fensterscheiben des Cafés. Stühle und Bänke in | |
beiden Räumen und sogar die Barstühle sind hier mit rotem und rosafarbenem | |
Samt ausgeschlagen. | |
Frauen, vor allem in den Zwanzigern, treffen sich hier nicht nur zum | |
gemeinsamen Abhängen, sondern lassen es auch mal richtig krachen: Auf den | |
Tischen stehen knallbunte Cocktails in großen Gläsern, der Dampf der | |
Wasserpfeifen mit so exotischen Sorten wie „Oreo“ und „Raffaello“ zieht | |
durch die Räume, Beyoncés Stimme dröhnt aus den Lautsprechern bis nach | |
draußen. Riesige Tortenstücke und große Platten mit überbackenen Nachos | |
gehen über die Ladentheke. | |
## Alle Tische besetzt | |
Es ist Sonntagabend und die knapp ein Dutzend Tische in den beiden Räumen | |
und vor dem Café sind durchweg besetzt. „Du hättest das mal gestern erleben | |
sollen, wir mussten sogar Frauen abweisen“, erzählt Gözde Cintemur, die | |
Geschäftsführerin, mit einem bedauernden Entzücken in den Augen. Die | |
24-Jährige, die nebenher noch Immobilienwirtschaft studiert, ist mit dem | |
Andrang, den die „erste Shishabar nur für Frauen“ erreicht, mehr als | |
zufrieden. | |
Es ist auch ihr Verdienst, dass Türkisch- und Arabischstämmige, „aber auch | |
Deutsche“, wie sie sagt, den Laden in Scharen füllen. Ihre Zielgruppe | |
erreicht sie über den sozialen Mediendienst Instagram, hier werden Fotos | |
von Besucherinnen, die kokett ihre Gesichter hinter den Getränkekarten | |
verstecken, eingestellt. | |
Neben vielen jubelnden Kommentaren zu den Fotos fragt eine Nutzerin | |
nachdenklich: „Ich bin mir nicht sicher, ob das ein Fortschritt für uns | |
Frauen sein soll oder wir uns damit in unserer Emanzipation | |
zurückentwickeln … Wieso denken so viele Frauen, sie müssten sich | |
verstecken?“ | |
## Freiraum für „self care“ | |
Die Frage, ob solche Cafés, getrennt nach Geschlechtern, nicht | |
frauenfeindlich sind, verneint Geschäftsführerin Cintemur und bezeichnet | |
ihre Shishabar als „Rückzugsort“. Männercafés würden ja auch | |
gesellschaftlich toleriert, da wäre es doch nur gerecht, wenn Frauen | |
ebenfalls Orte hätten, wo sie unter sich sein könnten. | |
Auch wenn es augenscheinlich keine politischen und feministischen Gespräche | |
gebe, den Frauen diesen Freiraum anzubieten und auf ihre Wünsche einzugehen | |
– seien es Tanzevents am Freitag oder gemeinsame Kinoabende – sei wichtig | |
für die „self care“. | |
Zeinab und Büsra kommen öfter her, die Kosmetikerin und die | |
Radiologie-Assistentin in den Zwanzigern kennen sich seit ihrer Kindheit. | |
Das Treffen in Shishabars sei die Weggehkultur ihrer Generation. | |
Discobesuche gäbe es kaum. Im Wedding allerdings gebe es eine Disco nur für | |
Frauen. Dort tanzten perfekt gestylte Frauen bis in die Morgenstunden, | |
bevor sie sich dann am Ausgang wieder ihre Vollverschleierung über den Kopf | |
ziehen würden, erzählen die beiden Frauen. | |
Auch weil sie quasi um die Ecke wohnten, sei das ihr zweites Zuhause | |
geworden, die Wasserpfeife sei nur der Anlass, um zusammenzukommen. Ein | |
Vorteil wäre auch, dass viele der Frauen abends länger wegbleiben könnten, | |
weil sich ihre Familien weniger Sorgen machten, so unter Frauen. | |
## Der Eigentümer: ein Mann | |
Mohammad Armih, der 32-jährige Besitzer der Shishabar, kennt das auch von | |
seinen drei Schwestern, die ihn erst auf die Geschäftsidee brachten. Armih | |
darf zu den Öffnungszeiten nicht ins Café, ist aber trotzdem vor Ort: Er | |
sitzt in der benachbarten Shishabar mit gemischtem Publikum. | |
„Mit so viel Begeisterung habe ich wirklich nicht gerechnet“, erzählt er. | |
Über Instagram fragten Frauen aus anderen Städten Deutschlands nach, warum | |
es nicht auch in ihrer Stadt eine Shishabar nur für Frauen gebe. Konkrete | |
Expansionspläne hat Armih bereits für Hamburg und Düsseldorf. | |
4 Sep 2018 | |
## AUTOREN | |
Ebru Tasdemir | |
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