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# taz.de -- „New York Times“ tadelt Journalistin: Die Sache mit den ironisc…
> Die „New York Times“ stellt eine profilierte Tech-Journalistin ein. Es
> folgt ein Shitstorm – wegen alter Tweets über Weiße.
Bild: Sarah Jeong, bekannt in bekannt in Tech-Kreisen, schreibt jetzt für die …
Erst verkündet die New York Times stolz die Neuigkeit, kurz darauf muss sie
Krisenmanagement übergehen. Am Mittwoch hat die US-Zeitung [1][Sarah Jeong
als neue Tech-Autorin] vorgestellt – mit jede Menge Vorschusslorbeeren für
die 30-jährige Journalistin und Juristin. Einen Tag später aber hatte diese
Personalie in Sozialen Netzwerken aber für viel Gegenwind gesorgt.
Kritik gab es wegen Tweets, die Jeong in den Jahren 2013 und 2014 gepostet
hatte und die vor allem konservativen Kreisen aufstießen: Der Hashtag
#CancelWhitePeople, Vergleiche weißer Menschen, die ihre Meinung ins
Internet pinseln, mit pinkelnden Hunden, und Tweets wie „Es ist krank, wie
viel Freude ich daraus ziehe, grausam zu alten weißen Männern zu sein“.
Die Tweets wurden umgehend auf ultrakonservativen bis neurechten Seiten und
Blogs veröffentlicht und tausendfach von Nutzern in Sozialen Netzwerken
verbreitet. Der Vorwurf: [2][Jeong sei eine Rassistin – und somit für die
New York Times untragbar].
## „Counter-Trolling“
Jeong, bislang Reporterin bei der Technik-Newsseite The Verge, ist eine
erfahrene und in Tech-Kreisen gut vernetzte Journalistin, die bereits als
Autorin für die New York Times, den Guardian und Vice Motherboard tätig
war. 2017 tauchte sie in der Forbes-Liste der 30 bemerkenswertesten
US-Journalisten unter 30 auf. Sie ist Autorin von „Internet of Garbage“,
einem Buch über Belästigung im Netz und den Umgang Sozialer Netzwerke
damit.
Jeong erklärte, sie habe diese Tweets damals als „Counter-Trolling“
gehalten – eine Strategie, bei der Angriffe böswilliger Internet-Trolle
durch ironisches Spiegeln abgewehrt werden. „Das war als Satire gemeint –
aber ich bedaure zutiefst, dass ich die Sprache meiner Angreifer übernommen
habe“, schrieb Jeong. [3][Ihr sei bewusst, wie schmerzhaft diese Äußerungen
wirken, wenn sie aus dem Zusammenhang gerissen seien – und würde es nicht
wieder tun].
Die New York Times greift in ihrem Statement von Donnerstag Jeongs
Argumentation auf. Ihre journalistische Arbeit und die Tatsache, dass sie
eine junge Frau mit asiatischen Wurzeln sei, „haben sie zum Opfer von
regelmäßigem Online-Harassment gemacht“, heißt es darin. Weiter heißt es
aber, Jeong verstehe, „dass diese Form von Rhetorik nicht akzeptabel bei
der Times ist“.
## Angriffe von rechts
Heißt: die künftige Kollegin wird schon vor dem ersten Arbeitstag in die
Schranken gewiesen, welche Äußerungen akzeptabel sind und welche nicht, um
eine „wichtige Stimme für die Meinungsredaktion“ zu sein. Jeongs bisheriger
Arbeitgeber, die Tech-News-Seite The Verge [4][verteidigte] Jeong aus einem
anderen Blickwinkel: „Online-Trolle und Angreifer wollen, dass wir, die
Times und andere Redaktionen unsere Zeit verschwenden, um ihre böswillige
Agenda zu diskutieren.“
Es gehe darum, Redaktionen zu spalten, einzelnen Kollegen zu schaden – es
gehe um „Einschüchterung“. „Es wird Zeit, dass andere Redaktionen lernen,
diese hasserfüllten Kampagnen als das erkennen, was sie sind: Versuche, die
wichtige Arbeit von Journalisten zu diskriminieren und zu revidieren, die
über die hasserfülltesten Communities im Netz schreiben.“
Auch sonst bekommt Jeong Unterstützung aus der Tech-Ecke – von ehemaligen
MitstreiterInnen und KollegInnen, die ihre journalistische Arbeit und
Intelligenz loben, sich mit ihr solidarisieren als jemand, die von Beginn
an Angriffen im Netz ausgesetzt war. Die einen intelligenten, ironischen
Umgang damit gesucht hat.
Auch NSA-Whistleblower Edward Snowden meldete sich zu Wort und bezeichnete
Jeongs Tweets als „sarkastisch“. Alle, die nun die New York Times für ihre
Personalentscheidung kritisierten, hätten wohl nicht Jeongs
Berichterstattung gelesen – die Snowden als „erkenntnisreich und oft
wichtig“ bezeichnet.
## Nicht das erste Mal
Für die New York Times ist es nicht der erste Versuch, eine profilierte
Journalistin aus der Tech-Community in ihrer Meinungsredaktion zu
beschäftigen. Erst im Februar zog die Zeitung nach gerade einmal sieben
Stunden [5][ihre Ankündigung zurück], die Tech-Journalistin Quinn Norton
anzustellen. Norton, die in den rumpeligen Online-Communites von Anonymous
und der Occupy-Bewegung verkehrte, der die Kommunikationskultur von rüden
Imageboards wie 4chan nicht fremd war und die sich selbst als
„pazifistische Anarchistin“ bezeichnete, war eine recht mutige Wahl für die
New York Times.
Die Hackerin, Onlineaktivistin und Journalistin hatte zwar mit renommierten
Medien wie Wired zusammengearbeitet – stand aufgrund ihres Hintergrunds
jedoch erkennbar für etwas anderes als für die mittigen, am Mainstream
orientierten Positionen der New York Times. Für Nortons Blitz-Feuerung
sorgte jedoch auch in diesem Fall eine Wutflut in Sozialen Medien, die
kontroverse alte Tweets von Norton ausbuddelten und verbreiteten. Tweets,
in denen Norton Schwarze und Homosexuelle verunglimpfte und sich zur
Freundschaft mit einem Neonazi bekannte, der eine Neonazi-Seite betreibt.
Norton versuchte zwar, all diese Vorwürfe zu entkräften, aus dem
Zusammenhang gerissenes zu kontextualisieren und vergangene Fehler
einzuräumen – die Times war nicht überzeugt und erklärte die Zusammenarbeit
für beendet. Den Zusammenhang zwischen beiden Geschichten stellen jetzt
auch viele Konservative her. „Mir sind Sarah Jeongs alte Tweets egal – aber
die Times selbst hat diesen Standard gesetzt“, twitterte Fox-Kolumnist
Stephen Miller. [6][Und hängte an]: ein Foto von Quinn Norton.
Ein Blick auf Twitter und konservative Seiten zeigt: Die Debatte um Jeong
und die New York Times noch lange nicht beendet. Auch Quinn Norton
[7][äußerte sich]. Sie hoffe, die New York Times habe gelernt, Leute nicht
mehr zu feuern weil deren Tweets aus dem Zusammenhang gerissen wurden.
4 Aug 2018
## LINKS
[1] https://www.nytco.com/sarah-jeong-joins-the-timess-editorial-board/
[2] https://www.bbc.co.uk/news/world-us-canada-45052534
[3] https://twitter.com/sarahjeong/status/1025050118989332480
[4] https://www.theverge.com/2018/8/2/17644878/the-verge-new-york-times-sarah-j…
[5] https://www.washingtonpost.com/news/morning-mix/wp/2018/02/14/new-york-time…
[6] http://www.foxnews.com/entertainment/2018/08/02/new-york-times-stands-by-ne…
[7] https://twitter.com/quinnnorton/status/1025022002866921473
## AUTOREN
Meike Laaff
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
Netzkultur
Hassrede
Trolle
New York Times
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