Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Vorwurf der sexuellen Belästigung: Übergriffe vom Überwacher
> Schleswig-Holsteins Verfassungsschutz-Präsident Büddefeld ist beurlaubt.
> Mitarbeiterinnen werfen ihm sexuelle Belästigung vor.
Bild: Beurlaubt: Schleswig-Holsteins Verfassungsschutz-Chef Dieter Büddefeld.
Kiel taz | Viele Fragen, wenige Antworten: Er verstehe, dass
„Personalangelegenheiten immer äußerst interessant sind: Da geht es um hoch
dotierte Mitarbeiter, und man stellt sich die Frage, was die tun und was
sie dürfen“, sagte Schleswig-Holsteins Innenminister Hans-Joachim Grote
(CDU) am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Kiel. Dennoch müsse er als
Arbeitgeber die Persönlichkeitsrechte seiner Mitarbeiter schützen. Der
Mitarbeiter, um dessen Rechte es geht, heißt Dieter Büddefeld und war bis
Montag Chef des Schleswig-Holsteinischen Verfassungsschutzes. Aktuell ist
der 58-Jährige beurlaubt. Im Raum stehen Vorwürfe sexueller Belästigung von
Mitarbeiterinnen.
Verraten wollte Grote immerhin, dass sein Ministerium ein
Disziplinarverfahren gegen Büddefeld eingeleitet hat. Der Kriminalpolizist
und studierte Jurist steht seit Oktober 2011 an der Spitze des Landesamts
für Verfassungsschutz in Schleswig-Holstein, zuvor hatte er das
Landeskriminalamt in Brandenburg geleitet. Ein externer
„Verfahrensbeauftragter“ wird die Ermittlung leiten, das sei in solchen
Fällen üblich, so Grote. Während das Verfahren läuft, ist Büddefeld von
allen Aufgaben entbunden. Ob er ins Amt zurückkehrt, ist unklar – „es ist
ein offenes Verfahren, was bedeutet, dass es so oder so ausgehen kann“,
sagte Grote auf Nachfrage. Bis die Untersuchungen abgeschlossen sind,
übernimmt Dieter Büddefelds Stellvertreter Joachim Albrecht, Jurist und
Fachmann für Rechtsextremismus und islamischen Extremismus, die Leitung der
Behörde mit ihren rund 100 Beschäftigten.
Auch ob sich die Staatsanwaltschaft einschaltet, ist zurzeit noch ungewiss.
Es gebe ein „Zeitfenster von drei Monaten“, um Strafanzeige zu erstatten.
Das Ministerium habe am 17. Juli von den Vorwürfen erfahren, so Grote. Laut
dem NDR, der zuerst über den Fall berichtete, hatte sich eine Mitarbeiterin
des Verfassungsschutzes an die Spitze des Ministeriums gewandt und von
einem ungebührlichen Verhalten des Vorgesetzten berichtet. Offenbar kein
Einzelfall, ist im Kieler Landeshaus zu erfahren. So wird von ungewöhnlich
vielen Wechseln in der Abteilung und insbesondere im Vorzimmer des Chefs
berichtet. Die auffallende Fluktuation begann demnach 2012, also kurz nach
Büddefelds Amtsantritt.
Als Folge der internen Untersuchungen hat das Ministerium laut NDR dem
Verfassungsschutz-Chef vorläufig seinen Geheimhaltungs-Status entzogen. Er
hätte damit keinen Zugang mehr zu den wichtigsten Akten und Vorgängen. Zu
diesem Detail wollte Grote sich nicht öffentlich äußern.
## Schon früher zweifelhaftes Material entdeckt
Der Fall sei deshalb relevant, weil „Personen in sensiblen Bereichen wie
Polizei oder eben hier Verfassungsschutz nicht erpressbar werden dürfen“,
sagt Burkhard Peters. Der Landtagsabgeordnete der Grünen ist Mitglied des
Parlamentarischen Kontrollgremiums. Details aus einer Sitzung dieses
Ausschusses, bei dem es um den Fall Büddefeld ging, nannte Peters nicht,
gab nur eine allgemeine Einschätzung ab: „In Organisationen wie Polizei,
Militär und anderen, in denen die Führungsspitzen noch stark von Männern
dominiert sind, ist es für untergebene Frauen schwer, sich aufzulehnen.“
Daher sei es nicht ungewöhnlich, wenn es lange dauert, bis Belästigungen
bekannt werden. Hinzu komme, dass sexuelle Belästigung erst seit 2016 als
Straftat gelte.
Dennoch hätten die Alarmglocken früher läuten können: Nach Medienberichten
war bereits vor einigen Jahren bei einer Routineüberprüfung von
Dienstcomputern „zweifelhaftes Material“ – gemeint sind pornografische
Inhalte – auf Büddefelds Rechner gefunden worden. Doch selbst wenn sich
solche Vorwürfe bestätigen sollten, sieht Grünen-Innenexperte Burkhard
Peters keinen Grund für Kritik am Verfassungsschutz als Ganzem oder dem
Innenministerium: „Der Vorwurf betrifft ein individuelles Fehlverhalten,
kein Versagen der Institution in ihren Kernbereichen.“
Die Mitarbeiterin, deren Hilferuf das Verfahren in Gang setzte, soll sich
zunächst außerhalb des Ministeriums Rat geholt haben. Auch das wollte das
Ministerium nicht bestätigen. Ein Sprecher verwies aber darauf, dass es im
Haus zahlreiche Stellen und Personen gibt, an die sich die Beschäftigten
wenden können. So gibt es unter anderem eine Gleichstellungsbeauftragte und
eine Zuständige für die Einhaltung des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes.
21 Aug 2018
## AUTOREN
Esther Geißlinger
## TAGS
Schleswig-Holstein
Schleswig-Holstein
Verfassungsschutz
Innenministerium
Verfassungsschutz
WDR
Diskriminierung
Sexuelle Gewalt
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kommentar Schleswig-Holsteins VS-Chef: Mehr als nur eine Personalie
Dem Verfassungsschutzchef in Kiel wird sexuelle Belästigung vorgeworfen.
Dass der Geheimdienst deviante Typen anzieht, ist kein Zufall.
Umgang mit Vorwürfen beim WDR: Klappe zu und durch?
Den WDR beschäftigen diverse Fälle der sexuellen Belästigung. Unternimmt
der Sender genug, um aufzuklären und zu schützen?
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Jeder zweite Beschäftige ist betroffen
Jede fünfte Frau wurde schon einmal gegen ihren Willen berührt. Bei den
Männern sind es 12 Prozent. Doch sexuelle Belästigung im Job beginnt schon
früher.
EU-Umfrage zu Übergriffen: Jede zweite Frau sexuell belästigt
Es ist die größte Erhebung zu körperlicher und sexueller Gewalt gegen
Frauen in der EU. Die Unterschiede zwischen den Länden sind groß. Das
Ausmaß ist erschreckend.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.