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# taz.de -- Abschiebung im Flugzeug verhindern: Versuch gescheitert
> In Helsinki versucht eine weitere Frau, durch eine Abflugblockade eine
> Zwangsabschiebung zu verhindern. Doch die Polizei führt sie ab.
Bild: Aino Pennanen versuchte, eine Abschiebung zu verhindern – erfolglos
Stockholm taz | Vergangene Woche [1][hatte es die 21-jährige Studentin Elin
Ersson am Flughafen Göteborg vorgemacht.] Am Dienstag versuchte Aino
Pennanen in Helsinki eine ähnliche Aktion, um die Abschiebung eines
Asylbewerbers zu verhindern. Sie weigerte sich ihren Platz einzunehmen,
nachdem sie einen Mitreisenden mit Polizeieskorte entdeckt und eine
Flugbegleiterin ihr bestätigt hatte, dass es sich um eine zwangsweise
Abschiebung handelte.
Pennanen ist juristische Mitarbeiterin der Parlamentsfraktion von
„Vihreät“, den finnischen Grünen. Mit ihrer Familie hatte sie für Dienst…
Tickets für die Mittagsmaschine der „Finnair“ von Helsinki nach
Berlin-Tegel gebucht. Durchs Fenster fielen ihr Polizeifahrzeuge und ein
Mann in Handfesseln auf, der von vier Zivilbeamten ins Flugzeug gebracht
wurde. In eine Sitzreihe bugsiert drückte ihm ein Beamter den Kopf nach
unten, so dass man sein Gesicht nicht sehen konnte.
„Ich sah es als meine mitbürgerliche Pflicht an, da zu reagieren“, erklär…
Aino Pennanen später gegenüber der Presse. Sie teilte der Besatzung mit,
erst dann ihren Platz einnehmen zu wollen, wenn der Flugkapitän diese
Abschiebeaktion stoppen würde und der für sie unbekannte Mann das Flugzeug
verlassen dürfe.
Ihre Protestaktion filmte und verbreitete sie [2][über Livestream auf ihrem
Facebookaccount] und setzte sie auch fort, nachdem der Flugkapitän wissen
liess, er werde die Abschiebung nicht stoppen. Begründung: Von der Polizei
seien ja ordnungsgemäss Flugtickets gelöst worden.
Nach einiger Zeit erschienen mehrere Polizeibeamte an Bord und forderten
Pennanen auf, sich entweder zu setzen oder mit ihnen zusammen das Flugzeug
zu verlassen. „Diese Person soll zwangsweise abgeschoben werden und ist
möglicherweise in Lebensgefahr“, sagt sie und fordert Mitpassagiere auf,
[3][ihre Solidarität zu zeigen und ebenfalls nicht ihre Plätze
einzunehmen.] Das sind die letzten Worte, die man hört, bevor die
Polizisten ihr das Telefon, mit dem sie gefilmt hatte, aus der Hand reissen
und die Übertragung abbricht.
Anschließend wurde sie von Bord geführt und in einem Polizeifahrzeug zurück
zum Terminal gebracht. Oder in den Worten von Polizeisprecher Jan
Lindström: Man habe sie „aus dem Flugzeug entfernen müssen, weil sie den
Anweisungen der Besatzung nicht Folge leistete“. Der „Finnair“-Flugkapit�…
habe die Entscheidung getroffen und den Polizeieinsatz angefordert. Das
Flugzeug startete dann mit 18-minütiger Verspätung ohne sie nach Berlin.
Gegenüber der Tageszeitung Helsingin Sanomat berichtet Pennanen, sie habe
die ungeplante Aktion unternommen, „weil ich das Bedürfnis hatte, dieser
Person zu helfen“ und „ich grosse Probleme in unserem Asylsystem sehe“.
Dessen mangelnde Rechtssicherheit und die Zwangsabschiebungen würden von
Experten seit langem kritisiert. Die Möglichkeit juristisch gegen
Behördenentscheidungen vorzugehen sei massiv eingeschränkt,
Prozesskostenhilfe ganz abgeschafft worden.
Sie habe im Internet das Video von Elin Ersson gesehen und sich spontan
entschlossen, auch ihre Aktion zu filmen, „weil ich mir davon eine Debatte
über die Schwächen unseres Asylsystems erhoffe und ein Verständnis dafür,
warum Menschen dagegen protestieren“. Leider hätten die anderen
Flugpassagiere nicht reagiert und sie habe dem Mann dann doch nicht helfen
können.
## Respektbekundungen und Beschimpfungen
Die Reaktionen auf Pennanens Facebook-Account reichen von Glückwünschen und
Respektbekundungen für ihre Aktion über Boykottaufrufe gegen „Finnair“ und
Kritik, sie könne anderen Reisenden nicht ihren Willen aufzwingen, bis hin
zu groben Beschimpfungen. Solche Aktionen seien „eine Bedrohung der Werte
unserer westlichen Gesellschaftsordnungen“ kommentiert der konservative
Parlamentsabgeordnete Wille Rydman.
Touko Aalto, der Vorsitzende der finnischen Grünen zollt „der mutigen Aino“
Respekt, versichert ihr Unterstützung und twittert: „Es reicht aber nicht,
wenn wir die Verteidigung von Menschenrechten der Zivilcourage Einzelner
überlassen.“
Gegen Elin Ersson hat die Staatsanwaltschaft in Göteborg mittlerweile ein
Ermittlungsverfahren eingeleitet, in dem geprüft wird, ob sie durch ihrer
Blockadeaktion Straftatbestände erfüllt hat. Ihr drohen auch
Schadensersatzansprüche seitens der Fluggesellschaft und der
Luftfahrtbehörde aufgrund der wegen der Flugverspätung möglicherweise
verursachten Zusatzkosten. Aino Pennanen muss vermutlich mit ähnlichen
rechtlichen Folgen rechnen.
1 Aug 2018
## LINKS
[1] https://www.facebook.com/elin.k.ersson/videos/10155723956991274/
[2] https://www.facebook.com/aino.pennanen/videos/10157364948987814/UzpfSTY4NDQ…
[3] /Abschiebungen-verhindern/!5519822
## AUTOREN
Reinhard Wolff
## TAGS
Abschiebung
Ziviler Ungehorsam
Protest
Elin Ersson
Schwerpunkt Flucht
Abschiebung
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Abschiebung
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