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# taz.de -- Neues Nationalstaatengesetz in Israel: Araber wider Willen
> Der arabisch-israelische Knessetabgeordnete Soheir Bahlul ist
> zurückgetreten. Das neue Grundgesetz diskriminiert jeden fünften Israeli.
Bild: Der eine Abgeordete tritt zurück. Andere machen Selfies mit Regierungsch…
Berlin taz | „Ich bin es satt, Araber zu sein“, kommentierte Suheir Bahlul
schon vor vier Jahren, als die jüdisch-arabische Koexistenz infolge des
Gazakrieges einen Tiefpunkt erreichte. Als „Fremder im eigenen Land“ fühlte
sich Bahlul, populärer Sport- und Politikkommentator des staatlichen
israelischen TV-Senders.
Um die gescheiterte Koexistenz zu retten, zog er schon 2015 als
Abgeordneter des Zionistischen Lagers, einem Bündnis aus der Arbeitspartei
und Zipi Livni, neuerdings Oppositionsführerin, in die Knesset. Am
Wochenende schmiss Bahlul, der sich selbst als palästinensischer arabischer
Bürger Israels definiert, das Handtuch. Grund ist das [1][vergangene Woche
verabschiedete Nationalstaatsgesetz], das allein Juden das Recht auf
Selbstbestimmung einräumt, und Hebräisch als einzige offizielle
Nationalsprache erklärt.
Diesem „destruktiven, rassistischen und extremistischen Parlament“, wollte
der 67-Jährige nicht länger angehören. Noch am Montag versammelten sich
Tausende Israelis, die den Unmut des scheidenden Politikers teilen, in Tel
Aviv zur „größten Arabischstunde der Welt“. Die Menge wiederholte die von
Lehrern vorgegebenen Grundbegriffe der Sprache und ließ sich anschließend
mit Musik belohnen.
Die Palästinenserin Mira Awad sang gemeinsam mit der Jüdin Achinoam Nini
einen ihrer Hits. Das neue Grundgesetz ließ die Schriftsteller Amos Oz und
David Grossmann aus Protest zur Feder greifen. Der Bestsellerautor Juval
Noah Harari sagte eine in Kalifornien geplante Lesung ab.
## Beide Seiten ansprechen
Bahlul spricht beide Seiten an, wenn es um Koexistenz geht. „Seid stolze
Israelis“, appelliert der verwitwete Vater dreier Kinder an die
palästinensischen Staatsbürger. Dass er sich nicht der Vereinten Liste
anschloss, dem Bündnis der arabischen Kleinstparteien, sondern das
Zionistische Lager wählte, machten ihm Juden und Araber in Israel zum
Vorwurf.
Ein Araber sei kein Araber, wenn er sich dem Zionistischen Lager
anschließt, zürnten ihm Glaubensbrüder, und im nationalreligiösen jüdischen
Lager hieß es, dass dort für Antizionisten kein Platz sein dürfe. Bahlul
selbst empfand die „pluralistische Partei, die das Mosaik der Menschen
Israels repräsentiert“ als genau passend für sich.
Immerhin teilen die Parteigenossen seinen Zorn. „Das Nationalstaatsgesetz
ist ein Tritt ins Gesicht von mehr als einem Fünftel der Bevölkerung
Israels“, hieß es in einer Stellungnahme des Zionistischen Lagers. Gerade
jetzt „in Tagen, an denen die Tyrannei der Mehrheit und extremer
Nationalismus die Minderheiten in unserer Gesellschaft verletzten“, so
appellierte Zipi Livni, sollten all jene, die an Israel „als jüdischen und
demokratischen“ Staat glauben, die Kräfte vereinen.
Auffallend still blieb es um Parteichef Avi Gabbai, der angeblich schon
geplant hatte, den arabischen Genossen, der besser Hebräisch spricht als
viele jüdische Israelis, nicht wieder aufzustellen. Bahlul zieht es vor,
„das Schiff (Knesset) zu verlassen, bevor es sinkt“. Seinen Kampf um die
inner-israelische Koexistenz will er auf außerparlamentarischer Bühne
fortsetzen mit einer jüdische-arabischen Volksbewegung.
31 Jul 2018
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[1] /Weiterer-Rechtsruck-in-Israel/!5522744
## AUTOREN
Susanne Knaul
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