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# taz.de -- Streit im israelischen Parlament: Knesset diskutiert Nationalitäts…
> In einer Sondersitzung streiten Israels Abgeordnete über das neue
> Grundgesetz. Menschenrechtler reichen Klage vor Oberstem Gerichtshof ein.
Bild: Aufruhr in der Knesset
Berlin taz | Trotz Sommerpause lässt der Streit um das israelische
[1][Nationalstaatsgesetz] den Abgeordneten der Knesset keine Ruhe.
Parlamentssprecher Juli Edelstein kam der Anfrage von 25 Abgeordneten nach
und berief am Mittwoch eine außerordentliche Debatte über das vor drei
Wochen verabschiedete Grundgesetz mit dem Titel „Israel – Nationalstaat des
jüdischen Volkes“ ein.
Regierungschef Benjamin Netanjahu „verspritzt giftige Säure“, schimpfte
Oppositionschefin Zipi Livni vom Zionistischen Lager. Die Regierung
verbreite „Hass und Angst“. Gleichberechtigung sei der Wert, der „jüdisch
und demokratisch“ verbinde. In Netanjahus Koalition hingegen werde „es
keine Gleichberechtigung für euch geben“, sagte Livni an die arabischen
Abgeordneten gerichtet. Auch nicht für Drusen, die LGBT-Gemeinde oder
Israelis, die standesamtlich heiraten wollen, werde es unter der aktuellen
Regierung gleiche Rechte geben.
Das umstrittene neue Gesetz zielt darauf ab, den „Charakter Israels als
nationales Heim des jüdischen Volkes“ zu festigen. Die Gründung jüdischer
Ortschaften sei von „nationalem Wert“. Das Rückkehrrecht für Juden aus
aller Welt, nationale Symbole, jüdische Feiertage und Hebräisch als einzige
offizielle Landessprache gehörten dazu. Bislang galt auch Arabisch als
Landessprache. Der exakte Status des Arabischen soll noch geregelt werden.
Das Knesset-Votum für das Nationalstaatsgesetz erfolgte Mitte Juli,
unmittelbar nach der [2][Absage der Parlamentarier an schwule Männer], die
darauf gehofft hatten, mithilfe israelischer Leihmütter eigene Kinder zu
zeugen. Beide Entscheidungen führten landesweit zu Demonstrationen.
Tausende gingen für gleiche Rechte der LGBT-Gemeinde auf die Straße, und
auch dem Protest gegen das Nationalstaatsgesetz, den die arabische
Minderheit anführte, schlossen sich jüdische Israelis an, darunter
Intellektuelle wie [3][Amos Oz und David Grossman]. Am vergangenen Samstag
demonstrierten Zehntausende Menschen in Tel Aviv gegen das Gesetz.
Einige Dutzend Aktivistinnen der Bewegung Frauen machen Frieden kamen am
Mittwoch aus Solidarität mit den nicht-jüdischen Bürgern in die Knesset, wo
auch zahlreiche Drusen, Angehörige einer geheimen Religionslehre, die ihre
Wurzeln im Islam hat, der Debatte beiwohnten. Die Drusen gelten als äußerst
loyal gegenüber dem israelischen Staat. Für sie besteht Wehrpflicht. Einige
hochrangige drusische Offiziere quittierten aus Protest gegen das
Nationalstaatsgesetz den Dienst.
Für den Abgeordneten Ahmed Tibi von der antizionistischen Vereinten Liste
bedeutet das neue Grundgesetz Apartheid. Es halte eine „Hierarchie fest mit
Bürgern, denen alles zusteht, ein Kollektiv auf gehobenem Status“. Darunter
befänden sich all jene, „die keine Juden sind – ohne Rechte“. Das Wort
Arabisch tauche in dem Gesetz nur ein einziges Mal auf, bemerkt Tibi
während der sommerlichen Debatte in der Knesset, „und zwar im negativen
Kontext, denn Arabisch wird als Amtssprache abgeschafft“. Bezalel Smotrich
von der Siedlerpartei dagegen verteidigte das Gesetz ganz offen: „Unser
Staat ist“ uns „von Gott gegeben“. Da gebe es nun einmal keine
Gleichberechtigung.
Eine Gruppe arabischer Staatsbürger reichte vor dem Obersten Gerichtshof
Klage ein, um das Gesetz zu annullieren. Justizministerin Ajalet Schaked
von der Siedlerpartei kommentierte, es werde ein „Erdbeben“ geben, sollten
die Richter gegen das Gesetz entscheiden. In diesem Fall käme es zu einem
„Krieg verschiedener Regierungszweige“.
Für Samstag ist eine weitere Großdemonstration von Juden und Arabern, die
sich nicht entzweien lassen wollen, in Tel Aviv geplant.
8 Aug 2018
## LINKS
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[3] /Literatursommerthema-Israel/!5522687
## AUTOREN
Susanne Knaul
## TAGS
Israel
Juden
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