# taz.de -- Frauenmangel bei der Nord-CDU: Bauern suchen Frauen | |
> Die CDU in Schleswig-Holstein hat ein Frauenproblem. Oder ein | |
> Männerproblem, jedenfalls fehlen ihr die Frauen. Dabei hatte | |
> Ministerpräsident Günther das Problem früh erkannt. | |
Bild: Herrenriege auf dem Landesparteitag der Nord-CDU im Juni: Europawahl-Spit… | |
NEUMÜNSTER taz | Schleswig-Holsteins Ministerpräsident und Landesparteichef | |
Daniel Günther will seiner CDU zu einem Imagewechsel verhelfen: weg von „zu | |
alt, zu männlich, zu ländlich“, hin zu „liberal und modern“. | |
Im Streit mit Horst Seehofer stellte sich der 45-Jährige auf die Seite von | |
Angela Merkel, die Zusammenarbeit mit dem grünen Koalitionspartner läuft. | |
Aber sein Ziel, die Partei vom alten, männlichen Image zu lösen, hat | |
Günther bisher nicht erreicht. Wird überhaupt ernsthaft daran gearbeitet? | |
Aktuell beschlossen ist nur eine Kommission, die sich dem Thema widmen | |
soll. Die ersten Treffen sind nach der Sommerpause geplant. | |
Bei seiner Wahl zum Spitzenkandidaten im Herbst 2016 diagnostizierte | |
Günther der Landes-CDU eine „eklatante Schwäche in den Städten“ und ein | |
Defizit bei der Förderung von Frauen: „Eine CDU, die nicht mit Frauen | |
antritt, ist auf Dauer nicht sexy“, sagte er damals der taz. Doch in der | |
aktuellen CDU-Fraktion im Landtag sitzen weniger statt mehr Frauen, statt | |
fünf sind nur noch vier von 25 Abgeordneten weiblich. Ihre Zahl wird von | |
der der Landwirte übertroffen: fünf Abgeordnete, alle Männer. | |
„Nur mit gutem Willen wird das nichts“, sagt Katja Rathje-Hoffmann, | |
Vorsitzende der Frauen-Union Schleswig-Holstein. „Wir brauchen Strukturen, | |
die es Frauen leichter machen, sich zu präsentieren.“ | |
## In der Fraktion gibt es mehr Landwirte als Frauen | |
Also doch eine Quote? Als Günther im April laut darüber nachdachte, jede | |
zweite Führungsposition weiblich zu besetzen, gab es Beifall, übrigens auch | |
von der taz. Der jüngste Parteitag beschloss ein halbes Ja zur Quote: | |
Appelle reichten nicht, zum Erfolg führten „nur feste und verbindliche | |
Regeln“, heißt es in dem einstimmigen Beschluss. | |
Das Problem ist nur: Eine Quote bei der Listenaufstellung bringt nicht mehr | |
Frauen in den Land- oder den Bundestag. Denn weil die CDU viele | |
Direktmandate gewinnt, ziehen so viele direkt gewählte Abgeordnete in die | |
Parlamente ein, dass KandidatInnen von der Liste meist gar nicht zum Zuge | |
kommen. Es kommt also auf die Spitzenkandidatur an. In vielen Wahlkreisen | |
aber gebe es „Erbhöfe“, bei denen ein Mandatsinhaber – männlich – ein… | |
Nachfolger – ebenfalls männlich – vorschlägt. Dort müsse sich etwas änd… | |
sagt Rathje-Hoffmann. | |
Sie selbst wurde durch einen Mann, den Kommunalpolitiker Joachim | |
Miermeister, gefördert und in die Männerrunden geholt. Keine | |
Selbstverständlichkeit in der Union, in der Geschlechterkonflikte bis in | |
die Spitze eine Rolle spielen. Das sei auch am Streit zwischen Merkel und | |
Seehofer deutlich geworden, so die Landtagsabgeordnete: „Die | |
Geringschätzung, mit der sich der bayerische Ministerpräsident öffentlich | |
über die Kanzlerin äußerte, war schon schlimm.“ | |
Dass die CDU thematisch nichts für Frauen anzubieten habe, sei eine | |
Legende, meint Jörg Hollmann, Geschäftsführer der Kommunalpolitischen | |
Vereinigung (KPV) der Landes-CDU. Und Chancen auf Spitzenposten hätten | |
Frauen durchaus, siehe Angela Merkel oder Angelika Volquartz als erste | |
Kieler Oberbürgermeisterin. Warum es also so schwerfalle, Frauen für | |
Parteiarbeit zu begeistern? Vielleicht fehle ihnen die Zeit, „weil sie eben | |
doch mehr Verantwortung für die Familie tragen“, mutmaßt Hollmann. | |
Oder weil die Art der Veranstaltungen an den Interessen von Frauen | |
vorbeigehen? „Zum Schinkenbrot essen einzuladen reicht einfach nicht“, | |
motzt jemand aus der Führungsriege der Partei. | |
Dreiviertel der CDU-Mitglieder sind Männer, vielerorts findet sich keine | |
Frau in den Gremien. Aber es wird immer schwerer, Personen für Wahllisten | |
und Posten zu finden. Die Hürden sinken aus reiner Not: „Vor 30 Jahren | |
musste man Dankbarkeit mitbringen, wenn man in den Gemeinderat wollte“, | |
sagt Ole Plambeck, Landtagsabgeordneter und Vorsitzender der KPV. „Heute | |
sehen die alten Hasen, dass Nachwuchs fehlt. Keiner würde eine Frau | |
verhindern, die sich engagieren will.“ | |
## Jüngere beiderlei Geschlechts | |
Nur wollen nicht so viele. Über Mentoring und Veranstaltungen versuchen die | |
Frauen-Union und Kommunalpolitiker, Jüngere beiderlei Geschlechts und | |
Frauen zu interessieren. „Nicht so leicht“, gibt Rathje-Hoffmann zu. | |
Plambeck kann sich neue Formen der Mitarbeit vorstellen: „Vielleicht hilft | |
es, wenn jemand Neues nicht in jedem Ausschuss sitzen oder ständig bei | |
Veranstaltungen sein muss.“ Allerdings würde damit das Netzwerken wegfallen | |
– fraglich, ob es dann genug Unterstützung gibt, wenn eine Frau sich um ein | |
Amt bewirbt. | |
Manche in der CDU schielen teils neidisch, teils besorgt, in Richtung der | |
Grünen, denen es gelingt, Frauen in Ämter und Funktionen einzubinden. | |
„Jamaika ändert die Kultur in unserer Partei“, so ein CDU-Mitglied. Aber es | |
herrscht offenbar auch Angst: „Es kann uns auch auf die Füße fallen, weil | |
die Hemmschwelle sinkt, gleich grün zu wählen.“ | |
Der Blick in andere Bundesländer hingegen dürfte nicht neidisch machen. Die | |
niedersächsische Fraktionsvize Mareike Wulf etwa kritisierte am Montag eine | |
mangelnde Kultur der Frauenförderung und forderte, der Landesverband solle | |
sich mehr für Frauen öffnen. „In meiner Altersgruppe zwischen 30 und 40 | |
Jahren gibt es bei 60.000 CDU-Mitgliedern gerade mal 800 Frauen“, sagte die | |
Landtagsabgeordnete. Eine Quote lehnt sie jedoch ab. | |
8 Aug 2018 | |
## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
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