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# taz.de -- Islamistische Hardliner in Indonesien: Hetze gegen Homosexuelle
> Seit zwei Jahren überrollt eine islamistische Kampagne gegen LGBT
> Indonesien. Die Hetze macht der Community das Leben zum Albtraum.
Bild: In Aceh wird ein Mann wegen Homosexualität öffentlich mit dem Stock ges…
Bangkok taz | Auf einem Seminar über Müttergesundheit riet der
Bürgermeister von Jakartas Vorort Tangerang, Arief Wismansyah, jungen
Müttern, Nudelgerichte wie Bami Goreng möglichst selbst zu kochen. Das sei
nicht nur gesünder als Instantnudeln – vor allem könnten die Mütter die
Zubereitungszeit für Warnungen an ihre Kinder vor Homosexualität nutzen,
sagte er vor zwei Jahren.
Seit 2016 rollt eine massive Kampagne gegen Schwule, Lesben und
Transsexuelle durch das mehrheitlich islamische Indonesien.
Verteidigungsminister Ryamizard Ryacudu sieht Homosexualität als ernstere
Bedrohung der nationalen Sicherheit als atomare Waffen. Der Verband der
Psychiater hat Homo- und Transsexualität zu einer „Geisteskrankheit“
erklärt. Die größte islamische Organisation, Nahdlatul Ulama, macht sich
für „Umerziehung“ stark. Das Parlament arbeitet an der Kriminalisierung von
Homosexualität.
Die Hasskampagne zeigt Wirkung. Polizeirazzien an Treffpunkten von Schwulen
nehmen zu. In Aceh – Indonesiens einziger Provinz mit Schariarecht – werden
Schwule öffentlich ausgepeitscht. Der Zugang zu schwul-lesbischen
Internetforen ist blockiert. Die Stadtverwaltung von Depok auf der Insel
Java hat im Februar eine 200 Mann starke „Anti-LGBT-Sondereinheit“
gegründet, in der Mitarbeiter des Sozialamtes, Polizei und Bürger für die
„Einschränkung der Präsenz der LGBT-Community in der Stadt“ sorgen sollen.
Das Kürzel LGBT (Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender) jagt inzwischen ganz
Indonesien Angst ein. In einer Umfrage von 2017 waren Schwule, Lesben
Trans- und Bisexuelle erstmals die am meisten gehasste gesellschaftliche
Gruppe.
Das islamistische Narrativ der Bedrohung von Volk und Vaterland durch LGBT
hat die Mainstreampolitik erreicht. „Es findet unter dem Deckmantel des
Schutzes der 'Moral’ eine generelle Islamisierung statt“, sagt Indonesiens
bekanntester schwuler Bürgerrechtler, Dede Oetomo, der taz. „Sich nicht als
Hüter der islamischen Moral zu präsentieren, ist inzwischen politischer
Selbstmord.“
## Die Gay-Community ist abgetaucht
Seit die Islamisten vor den Gouverneurswahlen in Jakarta eine erfolgreiche
Hetzkampagne gegen den ehemaligen christlichen Amtsinhaber Basuki Tjahaja
Purnama gefahren haben, sehen sie ihren Traum von einem Kalifat in
Indonesien in greifbarer Nähe. Mit Gesetzen, Verboten und Polizeigewalt
versucht die Regierung von Präsident Joko Widodo ihren Vormarsch in Schach
zu halten. Oetomo fürchtet, das politische Establishment wolle die
Islamisten ihrerseits mit Hetze gegen LGBT ruhigstellen.
Die Gay-Community ist abgetaucht. „Es gibt in Jakarta keine Treffpunkte der
Gay-Community mehr“, sagt Andreas Harsono, Autor eines kürzlich
erschienenen Berichts der Nichtregierungsorganisation Human Rights Watch
über Anti-LGBT-Panikmache und ihre Folgen für die Aids-Prävention. „Das
Fehlen von Treffpunkten hat die Arbeit der mobilen Aufklärungs- und
Beratungseinheiten unmöglich gemacht“, klagt Harsono.
Im Jahr 2019 stehen Wahlen an. Wahrscheinlich wird Exgeneral Prabowo
Subianto gegen Amtsinhaber Widodo antreten. Bei seiner erfolglosen
Kandidatur 2014 hatte sich der muslimische Politiker Prabowo mit den
Islamisten verbündet, obwohl seine Mutter und andere Verwandte Christen
sind. Man darf gespannt sein, ob Prabowo 2019 wieder die Familie den
Ambitionen unterordnet. In Jakarta ist es ein offenes Geheimnis, dass er
Vater eines schwulen Sohnes ist.
10 Aug 2018
## AUTOREN
Michael Lenz
## TAGS
Indonesien
Islamismus
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Schwerpunkt LGBTQIA
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