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# taz.de -- Osorio kritisiert Neymar: „Eine Schande für den Fußball“
> Die Schauspieleinlage von Neymar kommentierte Mexikos Trainer Juan Carlos
> Osorio scharf. Doch auch seine Mannschaft ist kein gutes Vorbild.
Bild: Über die „Puto“-Rufe der Mannschaft von Trainer Juan Carlos Osorio k…
Sicherlich ist Neymar ein sehr miserabler Schauspieler. Oder ein sehr guter
Schauspieler, der einen miserablen Schauspieler imitiert. Aber ist er auch
ein schlechtes Vorbild? Mit dieser Behauptung machte Mexikos Trainer Juan
Carlos Osorio dieses hinreißende Fußballspiel am Montag, [1][das sein Team
verdient mit 0:2 gegen Brasilien verloren hatte], zu einer moralischen
Angelegenheit.
Er verwandelte das Podium im Stadion von Samara zu einer Kanzel und hielt
eine sittenstrenge Predigt: „Es ist eine Schande für den Fußball. Das ist
ein schlechtes Beispiel für die ganze Welt und all die Kinder vor dem
Fernseher.“
Osorio nahm Anstoß daran, wie wenig überzeugend dieser Ausnahmefußballer
seinen nicht endend wollenden Schmerz zu einem großen Bühnenstück machte,
nachdem ihm der Mexikaner Miguel Lajun so nebenbei mal auf den Knöchel
getreten war. Doch dieses Vorgeschichte spielte bei den ethischen
Erläuterungen von Osorio keine Rolle. Er konzentrierte sich auf diese
intervallartig auftretenden Schmerzattacken Neymars, die diesen minutenlang
ruckartig hin und her wälzen ließen. Diese Verzögerung habe sein Team aus
dem Rhythmus gebracht, klagte er.
Der Ärger über das WM-Ausscheiden ist verständlich, die Sorge um die Kinder
dieser Welt, die von nun an einem falschen Vorbild nacheifern, kann dem
mexikanischen Trainer aber genommen werden. Es verhält sich nämlich
umgekehrt. Neymar hat sich all die kleinen Kinder dieser Welt zum Vorbild
genommen, die sich ewig auf dem Boden herumwälzen können, um das zu
bekommen, was sie möchten. In Neymars Fall war es eben der Einzug ins
Viertelfinale. Die Kinder werden zwar vielleicht gestaunt haben, dass es
auch einem Erwachsenen egal sein kann, wie lächerlich er sich macht. Mehr
aber auch nicht.
## Sind die „Puto“-Rufe besser?
Und sie werden gestaunt haben, wie toll dieser Ausnahmekönner Fußball
spielt, wie wunderbar elegant er ein Spiel gestaltet, schnell macht und wie
er es dann auch entscheidet. Bei seinem Treffer zum Führungstor, das er
selbst vorbereitete, konnte man das in konzentrierter Form bewundern.
Man sollte Kinder nicht unterschätzen, wie Osorio es tat, man sollte sie
vor allem nicht für blöd verkaufen. Denn das mit der Moral- und
Vorbildfrage ist eine heikle Angelegenheit. Es hat einfach schon zu viele
Verantwortungsträger im Fußball gegeben, die Wein gesoffen und Wasser
gepredigt haben. Und auch Osorio muss sich die Frage nach doppelten
Standards gefallen lassen. Gern hätte man ihn ähnlich moralisch empört über
die [2][homophoben „Puto“-Rufe (zu deutsch „Stricher“) der mexikanischen
Fans bei dieser WM] predigen hören. Über ihre verheerende Wirkung auf
Kinder.
Stattdessen hat er sich vor einem Jahr beim Confed Cup verteidigt. Die
internationale Interpretation, dass es sich dabei um eine Beleidigung
handle, sei nicht richtig, sagte er damals.
Die Kanzel ist wirklich nicht der richtige Ort für diesen Mann. Den
39-jährigen Rafael Márquez, gegen den in den USA Ermittlungen wegen
Verstrickungen in ein Drogenkartell laufen, hat er weiter als Kapitän und
somit als Vorbild im WM-Kader belassen. Von der mexikanischen Teamparty im
Vorfeld dieses Turnier, bei der es mit sogenannten Escort-Damen hoch
hergegangen sein soll, haben mittlerweile auch schon viele Kinder gehört.
Es sollte endlich einmal Schluss sein mit dem moralischen Gequatsche im
Fußball. Vorbildhaftes Verhalten wirkt auch ohne Worte. Die schlechten
Beispiele entlarven sich selbst. Brasiliens Neymar wollte sich auf die
Kritik gar nicht einlassen. Er mutmaßte, man wolle ihm nur schaden, ihn
„schwächen“. Er unterstellte Osorio also moralisch unlautere Motive. Am
Ende standen sich da also zwei Moralapostel gegenüber, deren Reden der Rede
nicht wert sind.
Über das tolle Fußballspiel dagegen hätte es viel zu sagen gegeben. Schade
eigentlich.
3 Jul 2018
## LINKS
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## AUTOREN
Johannes Kopp
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