Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kolumne Russia Today: Torschüsse und andere Schüsse
> Nicht in der Visa-Stelle, nicht im Stadion: Ansonsten hat man in Russland
> ein ungezwungenes Verhältnis zu Schusswaffen.
Bild: In Moskau steht das Denkmal des Waffenentwicklers Michael Kalaschnikow
Sie hält eine goldfarbene Pistole in der Hand. Die Frau, die sich mit der
Waffe auf der Flaniermeile von Sankt Petersburg, dem Newski-Prospekt
aufgestellt hat, scheint ebenfalls von oben bis unten aus Gold zu sein. Sie
gehört zu diesen Straßenkünstlern, den Mimen des Stillstands, die sich
stundenlang in einer Position halten können, als wären sie aus Stein.
Die Frau aber kann nicht verbergen, das hinter dieser festen Fassade ein
großes Herz pocht. Als ein kleines Kind bewundernd vor ihr stehen bleibt,
löst sie sich aus ihrer Starre, überreicht dem Kind die Waffe und kniet
sich lächelnd daneben. Die Mutter darf ein Foto machen.
Zu Waffen pflegt man in diesem Land ein etwas ungezwungeneres Verhältnis.
Der ehemalige deutsche Nationalstürmer Kevin Kurányi hat in seiner
Anfangszeit bei Dynamo Moskau von einem ganz besonderen Schusstraining
erzählt. Er bekam in der Saisonvorbereitung wie seine Teamkameraden eine
geladene Kalaschnikow in die Hand gedrückt und sollte auf eine Zielscheibe
abdrücken. Eine alte Dynamo-Tradition.
Beschossen wurden die Spieler dann auch einmal mit Paintball-Waffen.
Unzufriedene Fans hatten das Trainingsgelände gestürmt, um ein Zeichen zu
setzen. Auf den hinterlassenen Flugblättern stand: „Wir fordern die Spieler
auf, sich im Training und bei den Spielen aktiver zu zeigen.“
Als ich in Berlin mein Journalistenvisum beantragte, staunte ich im
russischen Visazentrum am Schalter nicht schlecht über die Verbot-Icons,
die an der Trennscheibe aufgeklebt waren. Zuoberst war eine
durchgestrichene Pistole zu sehen. Das Beantragen von Visa mit Waffengewalt
wurde also ausdrücklich untersagt. Wie notwendig dieser Hinweis ist, kann
ich nicht einschätzen. Wichtig scheint er in jedem Falle zu sein. Denn auf
meinen Pressekarten fürs Stadion prangt das Waffenverbotszeichen, noch vor
den Hinweisen, Essen und Trinken nicht mit hineinzunehmen.
Nun muss man nicht glauben, es ginge in Russland so schlimm zu wie in den
USA. Das private Waffenrecht ist hier deutlich strikter reglementiert. Bei
der Bewerbung für die WM 2026 hat Marokko versucht, gegen die
Dreierbewerbung von USA, Kanada und Mexiko mit der geringeren Waffendichte
zu punkten. Genutzt hat es wenig. Vermutlich hat man bei der Fifa gedacht,
man könne ja die Mitnahme von Pistolen und Gewehren wie in Russland auf den
Eintrittskarten verbieten.
Jedes Land hat so seine Auffälligkeiten. In Sankt Petersburg habe ich das
Halbfinale [1][zwischen Kroatien und England] mit Anton, einem russischen
Schauspieler, angeschaut. Er hat mehrere Jahre in Hamburg gelebt. Und er
hat mir sein deutsches Lieblingswort verraten: Verpflichtungserklärung.
13 Jul 2018
## LINKS
[1] /!5521861/
## AUTOREN
Johannes Kopp
## TAGS
Frauen-WM 2019
WM-taz 2018: Neben dem Platz
Russland
Waffen
Frauen-WM 2019
Waffen
Frauen-WM 2019
Frauen-WM 2019
Frauen-WM 2019
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kolumne Russia Today: „Last Mile“, die Hölle lässt grüßen
Ohne Wasser, ohne Bier, auf Schritt und Tritt aus einem Megafon angebrüllt:
Es ist nicht leicht, ein WM-Stadion in Russland zu betreten.
SPD Bremen gegen Amokwaffen: Senat soll Gewehre kaufen
Die SPD-Fraktion will die Zahl der Amokläufer-Waffe AR-15 reduzieren.
Privatbesitzer sollen Kaufangebote bekommen. Bundesweit ist das Verbot
gescheitert
Kolumne Russia Today: Ende des Sommermärchens
Der Sommer und die WM in Russland neigen sich dem Ende zu. Dafür drängt
sich manchem der Gedanke auf: Ist das Land vielleicht doch nicht so schön?
Kolumne Russia Today: Danke, Fifa!
Fährt man eine Stunde mit der Elektritschka, den Vorortzügen Russlands,
erfährt man mehr über das Land, als in einem Reiseführer steht.
Kolumne Russia Today: Russland ist im Paradies angekommen
Nur der Ferienmythos Sotschi konnte der Ort sein, an dem das russische Team
diese WM beendet. Die Realität vor Ort ist wenig glamourös.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.