# taz.de -- Kolumne Russia Today: „Last Mile“, die Hölle lässt grüßen | |
> Ohne Wasser, ohne Bier, auf Schritt und Tritt aus einem Megafon | |
> angebrüllt: Es ist nicht leicht, ein WM-Stadion in Russland zu betreten. | |
Bild: Das Ziel: Luschniki-Stadion in Moskau. Doch der Weg dahin kann weit sein | |
Es ist die letzte meiner letzten Meilen. Noch einmal begebe ich mich in die | |
Fifa-Welt. Noch einmal lasse ich mir von den Volunteers den Weg in eines | |
dieser WM-Stadien weisen. Noch einmal lasse ich diese Tortur über mich | |
ergehen, die von den Gastgebern dieser WM eigens ersonnen wurde. | |
„Last Mile“ heißt dieser Spaß, den ich so gar nicht lustig finden kann. D… | |
Fans sollen auf dem Weg zum Stadion noch einmal so richtig schön zeigen | |
können, wie sie sich geschmückt haben, sollen am besten noch singen, tanzen | |
oder klatschen und den Fernsehteams, die sich entlang dieser Straße | |
aufgebaut haben, die Bilder liefern, die dann sagen sollen, welch | |
fantastische Stimmung [1][bei dieser WM] herrscht. | |
Es gibt ein eigenes Last-Mile-Management, das die Bands aussucht, die da | |
bisweilen spielen, die Volunteers anweist, dass sie auch jedem, der da | |
vorbeiläuft, eine Schaumgummihand zum High Five hinhalten, und dafür sorgt, | |
dass man auf Schritt und Tritt aus einem Megafon angebrüllt wird mit der | |
Wegbeschreibung – zum Stadion, zum nächsten Official Fan-Shop oder zu dem | |
Ort, an dem man sich seinen Fan-Pass ausstellen lassen kann. | |
Links und rechts des Weges grüßt der WM-Wolf Zabivaka von Hunderten Fahnen. | |
Und auch beim zwölften Stadionbesuch während dieser WM weiß ich immer noch | |
nicht, warum dieses russische Hipster-Vieh eigentlich eine Skibrille | |
aufhat. | |
Ein offizielles Fifa-Bier von der offiziellen Fifa-Brauerei gibt es erst | |
hinter den Stadiontoren. Vor dem Stadion herrscht absolutes Alkoholverbot. | |
„Welcome!“, schreit ein Freiwilliger. Es sollte auch Gute-Laune-Verbot | |
herrschen, denke ich mir. | |
## Ein neues Paar Schuhe | |
Aber auch Wasser gibt es meistens nicht. An manchen Orten war man über eine | |
halbe Stunde unterwegs, bis man am Stadioneingang war. Bei über 30 Grad im | |
Schatten wurde die letzte Meile nicht selten zum Gewaltmarsch. Wenn es nur | |
Schatten gegeben hätte! | |
Dann ist wieder ein auswendig gelerntes „Enjoy!“ zu hören. Eine Volunteer | |
schreit mir das ins Ohr, und ich frage mich, ob Fifa-Präsident Gianni | |
Infantino das gemeint hat, als er von der unglaublichen | |
[2][Gastfreundschaft der Russen sprach]. Es ist eine Tortur. | |
Bisweilen wird man mit einem Bus ganz nah am Stadion vorbeigefahren, um | |
dann auf einer ganz weit entfernten Load Off Zone auf den Weg zur Arena | |
geschickt zu werden. Ätsch, bätsch! So stelle ich mir die Hölle vor. | |
Ein letztes Mal muss ich das nun noch über mich ergehen lassen. Dabei hoffe | |
ich, dass meine mittlerweile doch arg abgelaufenen Schuhe diesen einen Weg, | |
den sie noch gehen müssen, heil überstehen. Tun sie das nicht, dann schicke | |
ich sie nach Zürich zur Fifa! Da sollen sie ruhig sehen, was sie | |
angerichtet haben. Man soll bei der Fifa ja einen guten Draht zu Adidas | |
haben. „München“ heißt das Modell, das ich gerne wiederhätte. Größe 44… | |
möge mir ein neues Paar schicken! | |
16 Jul 2018 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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