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# taz.de -- Ermittlungen gegen Spaßdemo in Berlin: Schwerkrimineller Konfettir…
> Eine Satiredemo mit 72 Landfriedensbrüchen? Das will die Polizei am 1.
> Mai in Grunewald jedenfalls so gesehen haben.
Bild: Die Demo am 1. Mai 2018 im Grunewald
Berlin taz | Es war die Maidemo der Herzen. Ein paar Dutzend HedonistInnen
wollten unter dem Motto „Wo eine Villa ist, ist auch Weg“ durch den
„Problembezirk“ Grunewald ziehen. Ein „Quartiersmanagement Grunewald“
kündigte an, vor „eleganten Immobilien dekadent zu raven.“ Etwas unernst
sollte so die Maitradition des sozialen Protestes zu geeignet erscheinenden
Adressaten gebracht werden.
Die Angelegenheit wurde dann ein wenig größer. Die Polizei zählte 3.000
TeilnehmerInnen, die bunt und laut durch das Villenviertel demonstrierten.
Mehr als 600 Einsatzkräfte begleiteten den Aufzug und stellten eine
Vielzahl von Straftaten fest. Laut der Antwort auf eine
[1][parlamentarische Anfrage der Grünen-Abgeordneten Katrin Schmidberger]
mehr als 80, 72 davon Landfriedensbrüche.
Schmidberger hält die Einordnung so vieler Vergehen als Landfriedensbruch
für überzogen: „Ich gehe davon aus, dass die Gerichte und die
Staatsanwaltschaft das bereinigen werden. Die Demo war total friedlich und
fröhlich. Von ihr ging zu keinem Zeitpunkt Gewalt aus.“ Zumal ein früherer
Ermittlungsstand, [2][abgefragt von der Linken-Abgeordneten Franziska
Brychcy], eine ähnliche Zahl Sachbeschädigungen vermeldete, die offenbar
innerhalb weniger Wochen zum schwerer wiegenden Tatbestand des
Landfriedensbruchs aufgewertet wurden.
Dabei wirkte schon der Vorwurf der Sachbeschädigung in vielen Fällen kaum
begründet, scheinen doch die Anbringung von Aufklebern und das Verschießen
von Konfetti dazu gezählt worden zu sein. Eine konkrete Aufschlüsselung der
Vorwürfe legte die Polizei nicht vor. Lukas Theune vom Republikanischen
Anwaltsverein bestätigt, dass immer wieder als Bagatellen erscheinende
Vorgänge mit schweren Vorwurf belegt würden. Dabei sei die Aufwertung für
die Verfolgung von Straftaten nicht einmal nötig, wenn zum Beispiel eine
Staatsanwaltschaft ein öffentliches Interesse an den Ermittlungen
feststellen würde. Theune schränkt jedoch ein: „Wenn es tatsächlich nur um
Aufkleber geht, wäre das ein bisschen albern.“
Die Veranstalter der Demo bezeichnen die Kriminalisierung derweil als
skandalös. „Die Polizei macht hier mal wieder Politik, um soziale Proteste
zu diskreditieren und kriminalisieren“, heißt es in einer Erklärung. Der
Humor ist dem „Quartiersmanagement“ dennoch nicht verlorengegangen. Man
überlege, „den Protest 2019 gleich als „härteste revolutionäre Satiredemo
der Welt“ anzumelden“.
12 Jul 2018
## LINKS
[1] https://kleineanfragen.de/berlin/18/15153-1-mai-demonstration-im-grunewald
[2] https://kleineanfragen.de/berlin/18/14912-unverhaeltnismaessige-einschraenk…
## AUTOREN
Daniél Kretschmar
## TAGS
Schwerpunkt 1. Mai in Berlin
Tag der Arbeit, Tag der Proteste
Grunewald
Hedonistische Internationale
Landfriedensbruch
Reichtum
Umverteilung
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