# taz.de -- Studie Internetnutzung Russlanddeutscher: Russisch-deutsche Identit… | |
> Russische soziale Netzwerke sind auch in Deutschland sehr populär. Ihre | |
> Nutzung ist wichtig für die Identitätsstiftung postsowjetischer | |
> MigrantInnen. | |
Bild: Sieht aus wie Facebook, ist aber das russische Netzwerk VKontakte | |
Seit der letzten Bundestagswahl wird wieder viel über die Frage der | |
Identität von Russlanddeutschen diskutiert. Die AfD wurde in Medien [1][als | |
Lieblingspartei der Spätaussiedler bezeichnet] und es gründeten sich eigene | |
Interessenvertretungen. Doch sind das nur Einzelfälle? Wie verhalten sich | |
ZuwanderInnen aus postsowjetischen Ländern in sozialen Netzwerken? | |
Tatiana Golova vom Zentrum für osteuropäische und internationale Studien | |
[2][(ZoiS)] in Berlin hat sich diesen Fragen in einer Studie gewidmet. Das | |
von ihr geleitete Projekt „Postsowjetische Migranten in Deutschland und | |
transnationale Öffentlichkeiten auf Social Media“ beschäftigt sich damit, | |
wie sich unter Beteiligung postsowjetischer MigrantInnen in Deutschland | |
russisch-deutsche Öffentlichkeiten mittels sozialer Medien bilden. | |
Zwischen 2016 und 2017 führte Golova gemeinsam mit Gwendolyn Sasse | |
qualitative Interviews mit ZuwanderInnen aus Russland, der Ukraine und | |
Kasachstan. „Dabei ging es speziell darum, wie diese Personen | |
transnationalen Medienkonsum und persönliche Beziehungen verbinden“, sagte | |
Golova am Dienstagvormittag bei der Vorstellung ihres Reports im ZoiS. | |
Die Interviews zeigen, dass sogenannte Internet Communication Technologies | |
(ICTs) eine wichtige Rolle für Kommunikation, Informationsaustausch und | |
Identitätstiftung unter den MigrantInnen spielen. Russische soziale | |
Netzwerke wie [3][VKontakte] oder [4][Odnoklassika], die ähnlich wie | |
Facebook funktionieren, sind auch in Deutschland sehr populär. VKontakte | |
liegt auf Platz 20 der meistbesuchten Webseiten in Deutschland. | |
Für die Studie wurden Netzwerke von öffentlichen Gruppen auf VKontake | |
rekonstruiert und ausgewertet. Dazu gehören sowohl lokale | |
Vernetzungsgruppen, Gruppen von Landsleuten, als auch politisierte Gruppen, | |
die sich speziell an postsowjetische MigrantInnen wenden. Bei diesen | |
handelt es sich zum größten Teil um rechtspopulistische Gruppen wie zum | |
Beispiel „Freunde der AfD“, aber auch solche, die der Linken nahestehen, | |
wie die Gruppe „Sahra Wagenknecht – zukünftige Kanzlerin Deutschlands“. | |
## Die Identifizierung der Quellen ist oft schwierig | |
Die Posts in den Gruppen wurden über längere Zeiträume hinweg und mit Fokus | |
auf bestimmten Themen, wie dem [5][Euromaidan] und dem Beginn des Kriegs | |
in der Ostukraine, analysiert. Dabei spielt auch die Frage nach politischen | |
Loyalitäten eine Rolle. Beide Ereignisse seien entscheidend für die | |
Identitätsfrage der postsowjetischen MigrantInnnen. | |
Die Analyse zeigt, dass es Ansätze für stabile kommunikative Verdichtungen | |
zwischen den Gruppen gibt und dass diese auch transnational geprägt sind. | |
Die Netzwerke werden sowohl von politischen Ereignissen in Deutschland als | |
auch im postsowjetischen Raum beeinflusst. So gibt es beispielsweise | |
postsowjetische politische Gruppen, die in der Ukraine-Krise die Position | |
des russischen Staats vertreten und inhaltlichen Einfluss auf Gruppen im | |
„deutschen Segment“ von VKontakte ausüben. | |
Das Teilen von Posts führe dazu, dass die Identifizierung der Quellen oft | |
schwierig sei, so Golova. Dabei sei auffällig, dass Inhalte oft direkt von | |
Seiten wie beispielsweise der rechtsradikalen Seite Anonymous oder dem | |
rechtspopulistischen Magazin Compact übernommen werden, während klassische | |
Medien nur marginal auftauchen. | |
## Überschneidungen rechts und links | |
Dieses Phänomen betrifft politische Randgruppen auf beiden Seiten des | |
politischen Spektrums. „Auffallend sind auch die inhaltlichen | |
Überschneidungen zwischen rechten Akteuren in Deutschland und bestimmte | |
Sektoren, die der Partei Die Linke nahestehen“, so Golova. Dies betrifft | |
besonders Inhalte mit proseparatistischer oder auch prorussischer Haltung | |
zum Krieg in der Ukraine. | |
Eine genaue Betrachtung der geteilten Inhalte zwischen den Netzwerken, die | |
sich auf postsowjetische MigrantInnen fokussieren, soll in der nächsten | |
Runde der Studie durchgeführt werden. | |
13 Jul 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Russlanddeutsche-in-Berlin/!5335943 | |
[2] https://www.zois-berlin.de/ | |
[3] https://vk.com/ | |
[4] https://ok.ru/ | |
[5] /Debatte-Zukunft-der-Ukraine/!5352958 | |
## AUTOREN | |
Paul Toetzke | |
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