# taz.de -- TV-Zweiteiler aus der Schweiz: Wie Uhren und Schokolade | |
> Arte zeigt einen Banken-Zweiteiler des Schweizer Fernsehens. „Private | |
> Banking“ erinnert an eine Ü60-Version von „Bad Banks“. | |
Bild: „Bad Banks“ in der Schweizer Version | |
Am vergangenen Montag stand in der Süddeutschen Zeitung ein Text über die | |
zunehmenden Probleme älterer Fernsehzuschauer, dem Geschehen auf dem | |
Bildschirm noch zu folgen. Der ZDF-Dreiteiler „Ku’damm 59“ aus diesem | |
Frühjahr diente da als Beispiel, wie die Öffentlich-Rechtlichen, deren | |
Publikum heute mehrheitlich die 60 überschritten hat, ihr Erzähltempo in | |
Maßen steigern, um die „Jüngeren“ nicht komplett an die Streamingdienste … | |
verlieren. Auf Kosten der älteren Stammzuschauer. | |
Der im März von Arte und ZDF ausgestrahlte und schon vorab online abrufbare | |
(!) Sechsteiler „Bad Banks“ wäre eigentlich ein noch besseres Exempel | |
gewesen, weil noch viel offensichtlicher darum bemüht, Anschluss an das | |
zeitgenössische (Mini-)Serienschaffen zu finden. | |
Ein veritables Dilemma ist das. Für das es vielleicht – nur – eine Lösung | |
gibt: jedes oder wenigstes jedes ambitioniertere Filmprojekt künftig in | |
zwei Varianten drehen! Und wie die Ü60-Version von „Bad Banks“ aussieht, | |
lässt sich heute Abend – schön gemächlich – auf Arte angucken. Es war | |
natürlich so nicht beabsichtigt. | |
Und es ist wohl doch kein Zufall, dass die Alternativversion vom Schweizer | |
Fernsehen (SRF) kommt. Regelmäßig wunderen sich ja die Deutschen über den | |
im beschaulichen Luzern angesiedelten Schweizer „Tatort“, der ihnen so | |
sagenhaft behäbig und betulich vorkommt. Die Schweizer hatten nun ein | |
Einsehen und wollen ihn immerhin in die größte Stadt des Landes, nach | |
Zürich umsiedeln. | |
## Kostüm statt Cargo-Hose | |
Da, in der Metropole, spielt auch der Zweiteiler „Private Banking“. Aber | |
ach, was in „Bad Banks“ die kalten, spiegelglatten Fassaden der Frankfurter | |
Wolkenkratzer waren – in „Private Banking“ sind es die gediegenen | |
Räumlichkeiten einer Gründerzeitvilla. Statt der Großbank nun eine | |
Privatbank mit 30 Mitarbeitern. Da ist auch das Filmpersonal gleich viel | |
übersichtlicher. Dass sie sich mit allzu vielen Handlungssträngen | |
verzettelt hätte, kann man der Regisseurin und Co-Autorin Bettina Oberli | |
(„Tannöd“) ebenfalls nicht vorwerfen. Sie bleibt so gut wie immer bei ihrer | |
Heldin. | |
Als der Banken-Gründer (Christian Kohlund) ins Wasser des Zürichsees geht, | |
soll ausgerechnet seine illegitime Tochter, Suchttherapeutin mit | |
Drogenvergangenheit in der alternativen Zürcher Szene, die Leitung | |
übernehmen. Gegen alle Widerstände versucht sie, das Lebenswerk ihres | |
Vaters zu retten … Und macht dabei eine Verwandlung durch – äußerlich auch | |
mit Sehhilfe daran erkennbar, dass sie bald nicht mehr Lederjacke zur | |
Cargo-Hose trägt, sondern graues Kostüm zum Seitenscheitel. Sie lernt, dass | |
„die Banken zu unserem Land gehören wie Uhren und Schokolade.“ Und: „Wenn | |
du in den letzten 20 Jahren im Privatbank-Geschäft keine Leichen im Keller | |
hattest, hast du einfach nichts vom Geschäft verstanden!“ | |
Die Revolution frisst ihre Kinder oder das System ist stärker als der | |
einzelne Mensch – die Botschaft ist am Ende die gleiche wie bei „Bad | |
Banks“. Dort wurde die 1995 geborene Paula Beer von den smarten Blendern | |
der Finanzwirtschaft korrumpiert – hier ist es Stephanie Japp, Jahrgang | |
1972. Da fällt dem Publikum im gesetzteren Alter die Identifikation etwas | |
leichter. | |
Regelmäßige Berliner Theatergänger mögen sich übrigens wundern, dass in | |
dieser Stadt gefeierte (Schweizer) Schauspieler wie Bettina Stucky und | |
Bruno Cathomas für klitzekleine Nebenrollen in „Private Banking“ zur | |
Verfügung standen. In der Schweiz waren der Film und seine Ausstrahlung im | |
vergangenen Dezember wohl tatsächlich eine ziemlich große Sache. | |
## Coaching für den Dialekt | |
Dass man hierzulande vom Schweizer Fernsehfilmschaffen so relativ wenig | |
mitbekommt, dürfte auch daran liegen, dass einem, wenn also überhaupt, | |
diese Programme (wie der „Tatort“) immer nur noch in synchronisierter | |
Fassung vorgesetzt werden. Es soll nämlich nicht nur Cineasten, sondern | |
auch Fernsehzuschauer jeglichen Alters geben, denen Originalton wichtig | |
ist. | |
In diesem Zusammenhang erweist es sich als interessant, wenn im Abspann | |
neben den üblichen Verdächtigen auch die Position „Dialekt Coaching“ | |
(Gabriela Kasperski) auftaucht. Muss man daraus etwa schließen, dass nicht | |
einmal alle Deutschschweizer Schauspieler sicher im Umgang mit ihrer | |
alemannischen Mundart sind? | |
Und wo wir schon bei Schweizer Befindlichkeiten sind: „Steuerhinterziehung | |
ist doch kein Kavaliersdelikt. […] Es bräucht 'ne ganz andere Kultur!“ An | |
diesen Sätzen der rührigen Compliance-Offizierin der Bank dürfte der | |
ehemalige Kavallerist (und heutige Banken-Berater) Peer Steinbrück, der | |
2009 noch gegen die Schweizer Banken-Indianer ausreiten wollte, seine helle | |
Freude haben. Bei „Private Banking“ wird der 71-jährige auch bestimmt keine | |
Probleme haben, dem Geschehen auf dem Bildschirm noch zu folgen. | |
28 Jun 2018 | |
## AUTOREN | |
Jens Müller | |
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