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# taz.de -- Debatte über Polizei-Mindestgröße: Kleiner Mann, was nun?
> Wie groß müssen PolizistInnen sein, um Autorität auszustrahlen?
> Niedersachsen diskutiert über das richtige Maß.
Bild: Mit oder ohne Mütze? Das ist hier die Frage.
Hamburg taz | Guter Bulle, böser Bulle? Falsch! Kleiner Bulle, großer Bulle
heißt das Problem, das Niedersachsen derzeit beschäftigt. Sollte es für
Männer und Frauen, die zur Polizei wollen, unterschiedliche Anforderungen
an ihre Größe geben? Darüber diskutieren das niedersächsische
Innenministerium und die Polizeigewerkschaften des Landes. Denn die heute
geltende Regelung soll im kommenden Jahr eventuell verändert werden.
Wie in vielen Bundesländern gibt es in Niedersachsen Mindestgrößen für
Personen, die bei der Polizei arbeiten wollen. Frauen müssen mindestens
1,63 Meter groß sein, die unterste Größengrenze für Männer liegt fünf
Zentimeter höher. In anderen Bundesländern gelten andere Standards.
Mecklenburg-Vorpommern und Bremen sind die einzigen beiden Bundesländer
ohne Mindestgröße. In Hamburg liegt das Mindestmaß bei 1,60 Meter, was in
Schleswig-Holstein nur für Frauen gilt. Männliche Bewerber müssen auch
dort, wie in Niedersachsen, fünf Zentimeter größer sein als weibliche.
„Warum sollte ein Mann, der 1,65 Meter groß ist, weniger geeignet sein als
eine Frau dieser Größe?“, fragt sich die Sprecherin der [1][Gewerkschaft
der Polizei Niedersachsen], Angela Hübsch. Und Christian Wulf,
stellvertretender Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft,
sagt: „Eine geschlechtsunabhängige Mindestgröße bei 1,63 Meter halten wir
für richtig, da hier aus unserer Sicht niemand diskriminiert wird“.
## Gegen universelle Mindestgröße
Unterschiedliche Mindestgrößen für Männer und Frauen hält Wulf dagegen für
diskriminierend: Wenn etwa ein Mann, der 1,65 Meter misst, im
Bewerbungsverfahren keine Chance hat, während die gleichgroße Bewerberin
mit Kusshand genommen wird – „falsche Sichtweise!“, [2][urteilte der
Europäische Gerichtshof] im vergangenen Jahr. Einheitliche Mindestgrößen
für Männer und Frauen seien nämlich diskriminierend, weil die Frau von
Natur aus im Schnitt kleiner als der Mann sei, weniger Frauen als Männer
also eine universelle Mindestgröße erreichen würden.
Die Gewerkschaften in Niedersachsen halten eine Mindestgröße generell für
sinnvoll. Die Gewerkschaft der Polizei fände eine bundesweit einheitliche
Regelung sinnvoll, betont Angela Hübsch: „Es ist nicht plausibel, dass man
in dem einen Land 1,63 Meter und in einem anderen Land 1,60 Meter groß sein
muss.“
Für eine Mindestgröße spräche, meint Wulf, „dass ein entsprechendes
körperliches Erscheinungsbild beim Einschreiten sehr wichtig“ sei und im
Vorfeld schon Widerstandshandlungen vorbeugen könne.
## Keine Nachteile für Kleine
Dem widerspricht Professor Rafael Behr von der Polizeiakademie Hamburg. „Im
Polizeialltag haben kleine Polizisten generell keine Nachteile – sie können
Konflikte oft sogar besser mit Kommunikation und Einfühlsamkeit
deeskalieren als größere Kollegen.“ Und: „Studien zeigen, dass Täter eher
große Polizisten angreifen, von denen sie sich bedroht fühlen und viel
weniger kleine Polizistinnen.“
Jan-Christoph Oetjen, innenpolitischer Sprecher der niedersächsischen
FDP-Fraktion, hält „eine Mindestgröße für Polizisten für Quatsch“. Wie…
sagt auch er, wissenschaftliche Analysen würden zeigen, „dass kleine
Polizisten keine Nachteile im Polizeidienst haben“.
Deshalb solle das Innenministerium die Mindestgrößenregelung in
Niedersachsen abschaffen. Zumindest aber sei es sinnvoll, sich für eine
bundeseinheitliche Lösung einzusetzen, auch um zu verhindern, dass
„qualifizierte Bewerber in andere Bundesländer abwandern“.
11 Jul 2018
## LINKS
[1] https://www.gdp.de/Niedersachsen
[2] http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=195664&a…
## AUTOREN
Marco Carini
## TAGS
Polizisten
Diskriminierung
Geschlechtergerechtigkeit
Kennzeichnungspflicht
Lesestück Recherche und Reportage
Rechtsextremismus
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