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# taz.de -- Studie zur Filmbranche: Sexistisch und schlecht bezahlt
> Die Linken stellen eine Studie zur sozialen Lage der Film- und
> Fernsehschaffenden in Berlin und Brandenburg vor. Sie sehen großen
> Handlungsbedarf.
Bild: Hier dreht auch Hollywood: Die „Berliner Straße“ in Babelsberg
Nach außen hin sieht alles rosig aus. Die Medienbranche in Berlin und
Brandenburg gilt als zukunftsträchtig. Wer hier arbeitet, dem wird in der
Regel Autonomie, Flexibilität und Kreativität versprochen. Wir aber sieht
es – im wahrsten Sinne des Wortes – hinter den Kulissen aus?
Um dies herauszufinden, haben die Linken in Berlin und Brandenburg eine
repräsentative Studie zu der aktuellen Beschäftigungssituation, der
sozialen Lage und den Zukunftsperspektiven der Film- und Fernsehschaffenden
in der Region in Auftrag gegeben und am Dienstagvormittag in Potsdam
vorgestellt. Ausgewertet wurde eine bundesweite Befragung, bei der auch
16,2 Prozent der Film- und Fernsehschaffenden in Berlin und Brandenburg
teilnahmen, also 1.215 der insgesamt 8.117 Personen in der Branche hier.
Und tatsächlich scheint auch in der Studie erst einmal alles in Butter. Mit
3.247 Euro Bruttoeinkommen im Monat liegen die Film- und Fernsehschaffenden
leicht über dem durchschnittlichen Bruttoeinkommen der Berliner bei 3.024
Euro monatlich – und deutlich über dem der Brandenburger bei 2.582. Damit
geht es ihnen im Bundesvergleich sehr gut: Nur die Hamburger verdienen in
dieser Branche noch besser. Es wäre also Jammern auf hohem Niveau, wenn man
den Vergleich zum gesamten Wirtschaftsbereich Kunst, Unterhaltung und
Erholung ziehen würde (3.607 Euro monatlich) – oder gar dem Bereich
Kommunikation und Information (4.869 Euro monatlich). Und trotzdem lohnt
sich ein zweiter Blick.
Die Studie ergibt nämlich auch, dass das gute Durchschnittseinkommen der
Film- und Fernsehschaffenden auch durch die klassische Einkommenspyramide
in diesem Feld zustande kommt. Knapp 60 Prozent der Befragten geben ein
monatliches Bruttoeinkommen von weniger als 2.500 Euro an, nur 25 Prozent
von mehr als 4.100 Euro. Fast 70 Prozent von ihnen sind auf zusätzliche
Einnahmequellen angewiesen, 14 Prozent davon auf staatliche Hilfe. Viel zu
selten werden Gagen und Honorare auf Tarifniveau gezahlt und Überstunden
bezahlt. 7 Prozent geben an, keine Altersvorsorge getroffen zu haben, 60
Prozent meinen, ihre Altersvorsorge sei unzureichend.
## Zahlreiche Diskriminierungen
Besonders interessant vor dem Hintergrund der aktuellen #MeToo-Debatte ist
der Fokus der Studie auf die Situation der Frauen in der Film- und
Fernsehbranche. Kaum verwunderlich, dass mehr als die Hälfte aller
Befragten die Branche für absolut unvereinbar mit einem Familienleben
beschreiben. Schwerwiegender noch: Im Schnitt verdienen Frauen 31 Prozent
weniger als ihre männlichen Film-Kollegen. Zur Erinnerung: Die offizielle
Lohnlücke zwischen Männern und Frauen bundesweit und in allen Branchen
liegt bei 21 Prozent, ist also 10 Prozent kleiner.
Auch wurden bei der Studie Fragen gestellt, bei denen es um ethische
Standards ging. 280 der 658 Diskriminierungen, von denen die Befragten
konkret berichten, waren Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts,
darunter auch verbaler und handgreiflicher Sexismus. Vor allem die
Feststellung, so die Studie, dass Frauen weniger Gage bekommen als Männer,
„zieht sich wie ein roter Faden durch die Beobachtungen der Befragten.“
Die Konsequenz, die die Linken in Berlin und Brandenburg ziehen wollen: Die
Politik muss eingreifen, wo sie kann. Da Filme mit Steuergeldern gefördert
werden, sollten zumindest diese Produktionen gezwungen werden, sich an
Tarifverträge und branchenübliche Vergütungsmodelle zu halten. Auch die
öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die von unser aller Gebühren
leben, sollten diesbezüglich kontrolliert werden.
Volkmar Schöneburg, Abgeordneter für die Linken im Brandenburgischen
Landtag, sagte dazu am Dienstagvormittag in Potsdam: Die Briefe an das
Medienboard Berlin-Brandenburg und an den Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB)
seien bereits verschickt.
10 Jul 2018
## AUTOREN
Susanne Messmer
## TAGS
Gender Pay Gap
Studio Babelsberg
Fernsehen
Kunst
Vivantes
Schwerpunkt #metoo
Bildende Künstler
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