# taz.de -- Männerförderung bei Staatsanwaltschaft: Gleichstellung mal anders… | |
> Weil es zu viele Frauen in der Staatsanwaltschaft Hamburg gebe, bevorzugt | |
> diese bei Neueinstellungen nun Männer. Die Gewerkschaft Ver.di kritisiert | |
> das. | |
Bild: Auch ne' Frau: Justitia, die Göttin der Gerechtigkeit | |
HAMBURG taz | Die Hamburger Staatsanwaltschaft hat sich selbst eine | |
Männerquote für Neueinstellungen verordnet. So heißt es in einer aktuellen | |
Stellenausschreibung: „Bei der Staatsanwaltschaft Hamburg sind | |
Staatsanwälte unterrepräsentiert. Männliche Bewerber werden daher bei | |
gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorrangig | |
berücksichtigt.“ Während Gewerkschaften das Vorgehen kritisieren, | |
verteidigt die Staatsanwaltschaft ihre neue Einstellungspraxis. | |
Sandra Goldschmidt, stellvertretende Landesbezirksleiterin von Ver.di in | |
Hamburg und zuständig für die Frauen, kritisiert das Vorgehen scharf: „Aus | |
unserer Sicht ist das nicht verfassungskonform, weil die Verfassung keine | |
Ungleichbehandlung zulässt und das bei den Frauen nur deswegen tut, weil | |
man damit eine strukturelle Benachteiligung ausgleichen will.“ | |
Frauen hätten es nach dem Studium immer noch schwerer als Männer, an gute | |
Stellen zu kommen, sagt Goldschmidt. Ihre Gewerkschaft fordert deswegen die | |
Hamburger Staatsanwaltschaft auf, ihre Stellenausschreibung in dieser Form | |
zurückzunehmen – auch Kontakt in die Politik habe sie deswegen bereits | |
aufgenommen. | |
Carsten Rinio, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft und Personaldezernent | |
für den höheren Dienst, ist sich keiner Schuld bewusst. Er verweist auf das | |
Hamburgische Gleichstellungsgesetz: „Wir setzen hier nur geltendes Recht | |
um.“ | |
Das unterrepräsentierte Geschlecht | |
Tatsächlich schreibt Paragraf fünf des Gesetzes vor, dass das | |
unterrepräsentierte Geschlecht bei Neubesetzungen oder Beförderungen zu | |
bevorzugen ist. Unterrepräsentiert sind Männer oder Frauen demnach, wenn | |
ihr Anteil in einer Behörde unter 40 Prozent sinkt. Dieser Grundsatz gilt | |
für die gesamte öffentliche Verwaltung. | |
In der Staatsanwaltschaft Hamburg sind Rinios Angaben zufolge insgesamt nur | |
70 von 195 Staatsanwältinnen und -anwälten Männer, also rund 36 Prozent. In | |
Bereichen, in denen neu eingestellt wird, seien es sogar nur 28,4 Prozent. | |
Seit 2011 hätten sich durchgehend mehr Frauen als Männer beworben. | |
Ver.di lässt das nicht gelten. Goldschmidt sagt: „Den Frauenüberhang jetzt | |
wieder auf die Hälfte umkehren zu wollen, weil es sonst zu viele Frauen | |
wären, negiert total, dass immer noch eine grundsätzlich schwierigere | |
Ausgangslage für Frauen herrscht.“ | |
## „Brauchen händeringend Menschen“ | |
Das Ungleichgewicht in der Behörde gebe es seit 2014, sagt die Sprecherin | |
der Justizbehörde, Marion Klabunde. Um es mit europäischen Vorgaben in | |
Einklang zu bringen, sei damals das Gleichstellungsgesetz geändert und die | |
Regel aufgenommen worden, dass die Maßnahmen bei Männern und Frauen | |
gleichermaßen anzuwenden seien. | |
„Das wäre auch bei der Sozialbehörde nicht anders“, sagt Klabunde. Einen | |
Grund für den Frauenüberschuss in der Justizverwaltung sieht sie darin, | |
dass der Arbeitsalltag in der Behörde familienfreundlicher zu gestalten ist | |
als der in einer Großkanzlei: „Und da sind wir dann schnell wieder in den | |
klassischen Strukturen“, sagt Klabunde. | |
Immerhin: Dass tatsächlich eine Bewerberin zugunsten eines Mannes abgelehnt | |
worden ist, ist ihr und auch Carsten Rinio zufolge noch nicht vorgekommen. | |
In der Realität seien die Qualifikationen nie genau gleich, so dass gar | |
nicht abgewogen werden müsse. „Wir brauchen händeringend Menschen, für uns | |
ist das eine total theoretische Frage“, sagt Klabunde. Wer geeignet sei, | |
finde ohnehin eine Stelle. | |
6 Jul 2018 | |
## AUTOREN | |
Hannes Stepputat | |
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