# taz.de -- Kommentar Schlusswort im NSU-Prozess: Beate Zschäpes verpasste Cha… | |
> Der Hauptangeklagten nimmt man die Opferrolle nicht ab. Alles andere als | |
> eine Verurteilung wegen zehnfachen Mordes wäre eine Überraschung. | |
Bild: Statt Einblick in die mörderische Binnenstruktur der Terrorgruppe zu geb… | |
Es ist zu spät und viel zu wenig. Beate Zschäpe, die Hauptangeklagte des | |
NSU-Prozesses, [1][hat ihr letztes Wort] nicht genutzt, um dem Prozess um | |
die Ermordung von zehn Menschen noch einmal eine Wendung zu geben. Sie muss | |
jetzt mit der Verurteilung zu lebenslanger Freiheitsstrafe wegen mehrfachen | |
Mordes rechnen. Dass der Angeklagten das letzte Wort gehört, ist ein Symbol | |
des rechtsstaatlichen Strafprozesses. Nachdem die Ankläger und Anwälte ihre | |
Plädoyers gehalten haben, hat die Angeklagte noch einmal Gelegenheit, dem | |
Gericht, der Öffentlichkeit und den Angehörigen der Opfer mitzuteilen, was | |
ihr wichtig ist. Je länger ein Prozess dauert, umso geringer ist allerdings | |
die Chance, mit dem letzten Wort die Eindrücke des Gerichts zu verändern. | |
Zschäpe [2][hatte mehr als fünf Jahre Zeit], so lange wie wohl keine | |
Angeklagte vor ihr, ihre Sicht zu schildern. Sie hat die Jahre des | |
Prozesses ersichtlich nicht genutzt, reinen Tisch zu machen. Erst schwieg | |
sie (was ihr gutes Recht ist), dann sagte sie doch aus, aber nur in einer | |
vorbereiteten Erklärung. Fragen ließ sie nur in schriftlicher Form zu und | |
beantwortete sie wiederum schriftlich, mit großem zeitlichem Abstand. Jede | |
vermeintliche Öffnung wirkte wie ein taktisches Manöver. | |
Statt den Opfern und der Öffentlichkeit Einblick in die mörderische | |
Binnenstruktur der Terrorgruppe zu geben, präsentierte sie sich als | |
verliebte Mitläuferin, [3][ja fast als zusätzliches Opfer]. Der Vorwurf der | |
Anklage, sie sei im NSU für die Ablenkung und Täuschung der Umwelt | |
zuständig gewesen, gab sie so eher neue Nahrung. Bis zum Schluss wirkte sie | |
auf Prozessbeobachter kontrolliert und berechnend. | |
Die Anklage konnte sie so nicht erschüttern. So wie es derzeit aussieht, | |
kommt die Bundesanwaltschaft mit ihrem Vorwurf, Zschäpe sei | |
gleichberechtigte Mittäterin gewesen, beim Oberlandesgericht durch. Die | |
Richter haben jedenfalls nicht zu erkennen gegeben, dass sie daran | |
zweifeln. | |
Dabei war die Anklage mutig. Es gibt wenig handfeste Beweise, dass Zschäpe | |
in die Planung der Taten jeweils eingeweiht war. Deshalb war ihr Auftreten | |
im Prozess so wichtig. Doch einer Frau, die jahrelang ihre Anwälte | |
schikaniert und gegeneinander ausspielt, nimmt man die präsentierte | |
Opferrolle nicht ab. Alles andere als eine Verurteilung wegen zehnfachen | |
Mordes wäre beim Urteil am 11. Juli eine Überraschung. | |
Für die Opfer dürfte das zweitrangig sein. Eine echte Aufarbeitung wäre | |
ihnen sicherlich viel wichtiger gewesen. Der Strafprozess gegen Zschäpe | |
hat die Begrenztheit gerichtlicher Wahrheitsfindung mehr als deutlich | |
gemacht. | |
Lesen Sie auch: [4][Der NSU-Prozess im Rückblick – „ein Abgrund an | |
Menschenfeindlichkeit“] | |
3 Jul 2018 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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