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# taz.de -- Obdachlosenabgabe in Seattle: Die gesponserte Steuerbefreiung
> Firmen wie Amazon haben in Seattle eine Sozialabgabe zu Fall gebracht,
> die für den sozialen Wohnbau gedacht war. Ein schlechtes Signal.
Bild: Obdachlosigkeit in Seattle
Sie sollte ein Signal sein. Ein Signal an die Großunternehmen, sich an der
Finanzierung des Gemeinwohls angemessen zu beteiligen. Stattdessen ist die
[1][geplante Unternehmenssteuer] für den Kampf gegen die Obdachlosigkeit in
Seattle vom dortigen Stadtrat wieder [2][kassiert worden] – nur vier
Wochen, nachdem das Gremium die Abgabe eingeführt hatte.
Eigentlich sollten die in Seattle ansässigen Firmen – darunter der
Online-Händler Amazon und die Kaffeekette Starbucks – künftig 275 Dollar
pro Jahr und Mitarbeiter an die Stadtkasse abführen, um damit den sozialen
Wohnungsbau zu finanzieren. Der ist vor allem deshalb notwendig, weil
Amazon und Co. zwar jede Menge gut bezahlte Arbeitsplätze in Seattle
schaffen – damit aber auch die Immobilienpreise in die Höhe treiben.
Viele Menschen können sich die Preissteigerungen nicht mehr leisten und
verlieren ihre Wohnungen. Ein klassischer Fall von Gentrifizierung.
Mittlerweile verzeichnet Seattle 5500 Obdachlose. Da wäre es eigentlich nur
konsequent, wenn Milliardenunternehmen wie Amazon und Starbucks sich an der
Lösung des Problems beteiligen.
Auf die Steuer hatten die Unternehmen allerdings wenig Lust, sie
lobbyierten gegen das Gesetz. Mit Erfolg: Schon im Vorfeld wurde die Abgabe
von 500 auf eben 275 Dollar reduziert. Der Stadtrat hielt aber dennoch an
seinen Vorhaben fest, verabschiedete die Steuer Mitte Mai – und ließ sich
dafür feiern. Nun knicken die Kommunalpolitiker jedoch ein. Die Steuer wird
zurückgenommen.
## Kein Einzelfall
Es ist sicher nicht das erste Mal in der Geschichte der parlamentarischen
Demokratie, dass ein gemeinsam gefasster Beschluss rückgängig gemacht wird.
Was Bauchschmerzen bereitet, sind die Umstände der Rücknahme.
Denn dafür ist hauptsächlich das Bündnis „No Tax on Jobs“ verantwortlich,
dass seit Wochen Unterschriften gegen die neue Steuer sammelt und damit
einen Volksentscheid erzwungen hat. Was nach Graswurzelpolitik klingt, ist
aber eigentlich kaum kaschierter Lobbyismus. „No Tax on Jobs“ wird von
Amazon und Supermarktketten finanziert. Laut Seattle Times sind die
Gesichter der Kampagne bekannte Unternehmer-Lobbyisten. Das Bündnis
argumentiert, die Steuer würde Arbeitsplätze gefährden. Unabhängig von der
Unterschriftensammlung drohte Amazon, den Bau eines 17-stöckigen Gebäudes
in der Stadt zu stoppen.
Allein die Möglichkeit einer Volksabstimmung reicht nun, um die Steuer zu
Fall zu bringen. Ein Ratsmitglied sagte CNN, man habe weder „die Zeit noch
das Geld“, um genug Wähler zu überzeugen. Der Kommunalpolitiker Mike
O'Brian sagte der Washington Post, die Gegner der Steuer hätten „unendliche
Ressourcen für Werbung und Wählermobilisierung“.
Und so gewinnen Amazon und Co.. Der traurige Eindruck, der von der
gescheiterten Sozialsteuer zurückbleibt, ist, dass es Unternehmer-Lobbys
offenbar gelungen ist, die Gesetzgebung nach ihren Wünschen zu
beeinflussen. Ein fatales Signal.
13 Jun 2018
## LINKS
[1] /Neue-Unternehmenssteuer-in-Seattle/!5502994
[2] /Steuer-gegen-Obdachlosigkeit-abgeschafft/!5513091
## AUTOREN
Jörg Wimalasena
## TAGS
Amazon
Steuern
Obdachlosigkeit
Lobbyismus
Amazon
Obdachlosigkeit
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