# taz.de -- EU einigt sich auf mehr Energie-Effizienz: Sparschwein statt Ökosau | |
> Strom und Wärme sollen bis zum Jahr 2030 um ein Drittel besser genutzt | |
> werden. Neue Quoten sind allerdings rechtlich nicht verbindlich. | |
Bild: Noch dominieren in der EU fossile Brennstoffe zur Energieerzeugung, wie h… | |
Berlin taz | Die Europäische Union verschärft ihre Energie- und Klimaziele. | |
Bis 2030 soll Energie um 32,5 Prozent effizienter genutzt werden; | |
Schlupflöcher in den Regeln werden geschlossen und die Kontrolle | |
verbessert. 2023 soll das Effizienz-Ziel noch einmal erhöht werden. Darauf | |
haben sich in der Nacht zu Mittwoch die Vertreter von EU-Parlament, | |
-Mitgliedsstaaten und -Kommission in Brüssel im „Trilog“ geeinigt. Bereits | |
letzte Woche hatten die Gremien beschlossen, den Anteil von Öko-Energie am | |
EU-Gesamtverbrauch bis 2030 auf 32 Prozent zu steigern. | |
Mit dem Programm „Saubere Energie für alle Europäer“ aus mehreren | |
Richtlinien will die EU ihre Klimaziele nach dem Pariser Abkommen | |
erreichen. Die Europäer haben sich verpflichtet, bis 2030 ihre | |
CO2-Emissionen um 40 Prozent zu verringern, müssen aber dieses Ziel | |
wahrscheinlich ebenfalls noch erhöhen. Dafür wurde im letzten Jahr der | |
Emissionshandel reformiert, nun wurden im Paket die Regeln für Gebäude, | |
Erneuerbare und Effizienz verschärft, und demnächst steht der CO2-Ausstoß | |
von Automotoren auf dem Programm. | |
„Die EU ist weltweit der größte Importeur von fossilen Brennstoffen“, sag… | |
Klimakommissar Miguel Arias Cañete nach dem Kompromiss zur | |
Effizienz-Richtlinie. „Heute setzen wir dem ein Ende und fördern unsere | |
Unabhängigkeit. Vieles von dem Geld, das wir für den Import von | |
Treibstoffen ausgeben, werden wir jetzt zuhause in effizientere Gebäude, | |
Anlagen und Autos investieren.“ | |
Für den Chef des Umwelt-Dachverbands CAN Europe, Wendel Trio, verfehlt | |
allerdings der EU-Kompromiss, „was gebraucht wird, um die Verpflichtungen | |
aus dem Pariser Abkommen einzuhalten.“ Der Beschluss könne nur der Anfang | |
von höheren Ambitionen sein, hieß es. Ein Schwachpunkt der Regelung: Weder | |
die Effizienz- noch die Erneuerbaren-Quoten sind für die einzelnen | |
EU-Länder rechtlich verpflichtend. Es sei daher „unklar was passiert, wenn | |
diese Ziele verfehlt werden.“ Die grüne Energieexpertin aus dem Bundestag, | |
Julia Verlinden, spricht vom „nächsten Schlag gegen eine entschlossene | |
Klimapolitik der EU“, weil die Ziele für Erneuerbare und Effizienz zu | |
niedrig seien. | |
## Effizienz-Vorgaben für EU-Staaten nicht verpflichtend | |
Weil die Effizienz-Vorgaben für die EU-Staaten nicht verpflichtend sind, | |
sei die Einigung auf Maßnahmen und auf allgemeine Regeln umso wichtiger, | |
heißt es von der Kommission. Bis Ende 2018 müssen alle Staaten der | |
EU-Kommission Pläne zur Überprüfung vorlegen, wie die Ziele umgesetzt | |
werden sollen. Insgesamt setzte das Parlament im Trilog Verbesserungen | |
gegen die EU-Länder durch. So wurden etwa einige Schlupflöcher gestopft, | |
mit denen die Staaten ihre Anstrengungen schön rechnen können. Zum Beispiel | |
müssen die Länder eigentlich jährlich 1,5 Prozent Energie sparen. Das wurde | |
bisher teilweise durch Schlupflöcher auf nur 0,4 Prozent gedrückt – nun | |
müssen es immerhin effektiv 0,8 Prozent sein. | |
Die Deutsche Unternehmensinitiative Energieffizienz (Deneff) nennt die | |
Einigung „einen Riesenerfolg angesichts der ursprünglichen Ratsforderung | |
von 27 Prozent und dem Ausfall Deutschlands als Vorreiter.“ Die | |
Effizienz-Lobby der Industrie erwartet in der EU dadurch 840.000 neue | |
Arbeitsplätze und 10 Prozent weniger Gasimporte. Unverständlich sei das | |
Zögern in Berlin, so Deneff-Vorstand Christian Noll. Wenn Deutschland sein | |
eigenes Energiekonzept ernst nähme, hätte es für ein Ziel von 35 Prozent | |
plädieren müssen, sagte Noll. „Aus wirtschaftlicher Sicht wäre sogar ein | |
Ziel von 40 Prozent vernünftig gewesen.“ | |
Wie weit die EU-Staaten aus Sicht von CAN hinter ihre Klimaziele | |
zurückfallen, zeigt die Studie „Off Target“, die die Klimaschützer diese | |
Woche präsentiert haben. Demnach tut kein einziges der 28 EU-Länder genug, | |
um das extrem ehrgeizige Ziel des Pariser Abkommens zu erreichen, den | |
Klimawandel bei 1,5 Grad zu stoppen. Am besten schneidet bei der Bewertung | |
von Klimapolitik und aktivem Klimaschutz noch Schweden ab (77 Prozent der | |
nötigen Anstrengung), gefolgt von Portugal, Frankreich und den | |
Niederlanden. | |
Deutschland steht demnach mit 45 Prozent auf Platz 8 der Rangfolge. | |
Erstaunlich schwach bewertet die Studie Großbritannien auf Rang 14 – trotz | |
großer Fortschritte bei CO2-Reduktion und Klimagesetz bemängeln die | |
Umweltgruppen fehlendes Engagement von London in der EU und den drohenden | |
Brexit. Am Ende des Felds in dieser Bewertung stehen Bulgarien (derzeit | |
noch im EU-Ratsvorsitz), Estland, Irland – und ganz am Schluss Polen, | |
Gastgeber der nächsten UN-Klimakonferenz im Dezember. | |
21 Jun 2018 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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