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# taz.de -- Berliner Wochenkommentar II: Diese Straße muss man gehen
> Man muss weiter denken und weiblicher, wenn Pop frisch sein soll. Gute
> Perspektiven fanden sich beim Torstraßen-Festival.
Bild: Da geht mehr für Frauen als nur über den Boyfriend zu singen, meint Bj�…
Dass die Popmusik in Deutschland ein ziemliches Machogewerbe ist, wird
niemand bestreiten, der sich die Zahlen und Fakten jüngerer Jahre mal
angeschaut hat. Zum Beispiel die Charts: Zwischen 2001 und 2016 war unter
allen in den Top 100 platzierten KünstlerInnen nur jede vierte eine Frau,
hat der Bayerische Rundfunk errechnet. Bei den Festival-Line-ups – egal ob
Elektronik oder Rock – sieht es noch düsterer aus: Dort waren die Acts im
Schnitt zuletzt rund 80 Prozent männlichen Geschlechts. Und eine Studie des
Deutschen Kulturrats von 2016 zeigt, dass unter den Studierenden im Bereich
Jazz und Pop weniger als 25 Prozent Frauen sind.
Da freut es zu sehen, dass es auch anders geht, in Berlin bei gleich
mehreren Festivals. Das jährlich im August stattfindende
Pop-Kultur-Festival etwa ist quotiert – und am vergangenen Wochenende hat
das Torstraßen-Festival eindrucksvoll bewiesen, was man erreichen kann,
wenn man nur sensibel für das Thema ist. Dort kam man – alle Personen
inbegriffen, die auf den Bühnen standen – auf ein Geschlechterverhältnis
von ziemlich genau 50:50. Und unter den Solo-Acts waren deutlich mehr
Frauen.
Wichtiger aber: Das Torstraßen-Festival war geprägt von diesen
Frauenstimmen. Der State of the Art: weiblich. Die beiden Wienerinnen MCs
$chwanger und G-udit von der Klitclique haben in ihrem halbstündigen
Auftritt zur dickhodigen Kultur im deutschen Rap so viel gesagt wie zuletzt
seitenweise Leitartikel. Die Berliner Punk-/Destructo-Band Cuntroaches hat
einfach mal alles ausgekotzt, was es auszukotzen gab. Und die Kolumbianerin
Lido Pimienta war in Bestform in der Volksbühne zu erleben.
Was kann man festhalten? Im Underground- und Independent-Bereich finden
sich eine Reihe junger, talentierter Frauen, nur kommen viele davon in der
Musikindustrie auf keinen grünen Zweig. Die Booker, Veranstalter,
A&R-Manager und sonstige Entscheider (alle: m) in der Musikbranche
übersehen sie – allerdings willentlich. Denn es gibt ein starres
Geschlechtsbild und Frauenraster im Pop. Wie Björk schon sagte: „Women in
music are allowed to be singer-songwriters singing about their boyfriends.“
In ein solches Schema passen genannte Künstlerinnen natürlich nicht. Wenn
der Pop in Deutschland sich erneuern soll – und das ist dringend vonnöten
–, muss er weiter und weiblicher denken. Als Nachhilfestunde sei ein Besuch
beim nächsten Torstraßen-Festival empfohlen.
16 Jun 2018
## AUTOREN
Jens Uthoff
## TAGS
Musikfestival
Musikerinnen
Pop-Underground
Barrierefreiheit
Israel
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