# taz.de -- „Greenpeace Magazin“: Neuer Chef, neue Linie? | |
> Greenpeace tauscht überraschend die Spitze des bisher unabhängigen | |
> „Greenpeace Magazins“ aus. Die Redaktion fürchtet um ihre journalistische | |
> Freiheit. | |
Bild: Greenpeace: Immer für ein spektakuläres Bild zu haben | |
Wer das Greenpeace Magazin aufmerksam verfolgt, der hat in den letzten | |
Tagen wahrscheinlich gemerkt, dass es in der Hamburger Redaktion gerade | |
nicht gut läuft. Die Social-Media-Accounts des Magazins sind still | |
geworden, der Newsletter fiel zweimal aus. | |
Es rumort in der Redaktion. Quasi über Nacht hat Greenpeace die langjährige | |
Geschäftsführerin und Co-Chefredakteurin Kerstin Leesch entlassen und den | |
bisherigen Kommunikations-Chef der NGO, Michael Pauli, als neuen | |
Geschäftsführer eingesetzt. | |
Dabei ist die Redaktion eigentlich unabhängig von Greenpeace. Zwar ist der | |
Verlag, Greenpeace Media, ein Tochterunternehmen der NGO – redaktionell | |
hielt sich Greenpeace aber aus der Arbeit des Magazins heraus, es trägt | |
sich nicht durch Greenpeace-Gelder, sondern allein aus seinen Erlösen. | |
Anders ist das bei den Greenpeace Nachrichten, dem Mitgliedermagazin, das | |
auf Greenpeace-Linie ist. | |
Das Greenpeace Magazin erscheint alle zwei Monate mit einer Auflage von | |
rund 90.000 Exemplaren, und ist – so sagen es RedakteurInnen – freier, was | |
man an seiner Berichterstattung zu Themen wie Ackergiften, Gentechnik und | |
Glyphosat merken könne. Themen also, zu denen Greenpeace einen eindeutigen | |
Standpunkt hat, die die Redaktion aber ausgewogen darstellen könne. Nun | |
fürchtet die Redaktion, ihre Unabhängigkeit zu verlieren. Einige sagen | |
sogar: Das ist das Ende des Greenpeace Magazins. | |
## Die nächste Ausgabe wackelt | |
Der Chefredakteur Kurt Stukenberg hat gekündigt, mehrere Mitarbeiter haben | |
sich krankgemeldet. Freie Journalisten, die für das Heft geschrieben haben, | |
wollen das künftig nicht mehr tun. Ob und wie das nächste Heft, für das am | |
22. Juni Redaktionsschluss ist, erscheinen wird, ist unklar. | |
Grund für den Wechsel seien unterschiedliche Auffassungen über die | |
zukünftige Ausrichtung von Greenpeace Media gewesen, sagt Sweelin Heuss, | |
die für Kommunikation zuständige Geschäftsführerin von Greenpeace: | |
„Greenpeace Media gibt nicht nur das Magazin heraus, sondern betreibt auch | |
einen kleinen Onlineshop und betreut das Förderermagazin Greenpeace | |
Nachrichten. Der Verlag braucht solche Beiboote, um wirtschaftlich stabil | |
aufgestellt zu sein – über die Bedeutung dieser Nebengeschäfte waren wir | |
mit Kerstin Leesch uneins“. | |
In der Redaktion mutmaßt man eher, Greenpeace habe das Heft stärker an sich | |
binden wollen, nachdem die bisherigen Chefredakteure zuletzt mehr Abstand | |
zur NGO wollten. So hatten Stukenberg und Leesch beispielsweise | |
vorgeschlagen, den Verlag in eine Stiftung umzuwandeln. Sweelin Heuss | |
bestreitet, dass das der Grund für den Wechsel sei. | |
Seit Wochen schon ging in der Redaktion das Gerücht, die NGO plane, die | |
Verlagsgeschäftsführung auszutauschen. Anfang Juni schrieben RedakteurInnen | |
einen Brief an die drei Greenpeace-Chefs; ein solcher Schritt würde „unsere | |
redaktionelle Integrität schwer beschädigen und das Ende des Greenpeace | |
Magazins“ bedeuten. Die Chefs antworteten: „Wir nehmen euer Anliegen ernst�… | |
– und informierten die Belegschaft zwei Tage später, dass Kerstin Leesch | |
gehen werde. Ihr Nachfolger, Michael Pauli, solle nun zusammen mit der | |
Redaktion das Magazin weiterentwickeln. | |
## PR oder Journalismus? | |
Dabei hat das Heft gerade einen Relaunch hinter sich: Vor zwei Jahren wurde | |
der damals 28-jährige Kurt Stukenberg Chefredakteur. Im Sommer 2017 gab es | |
ein neues, luftigeres Layout, redaktionell setzte man auf tiefgründige | |
Reportagen von namhaften ReporterInnen und AutorInnen. Als eine von ihnen | |
im vergangenen Herbst für den Reporterpreis nominiert wurde und unter | |
anderem [1][die taz in einem Artikel fragte], ob ein PR-Magazin einen | |
Journalistenpreis verdiene, [2][wehrte sich Stukenberg öffentlich]. | |
Das Heft glaubhaft von PR abzugrenzen dürfte künftig schwerer werden. Denn | |
mittlerweile steht auch fest, wer nicht nur neuer Geschäftsführer, sondern, | |
zumindest zur Überbrückung, auch neuer Chefredakteur wird: Michael Pauli. | |
13 Jun 2018 | |
## LINKS | |
[1] /!5462433/ | |
[2] https://meedia.de/2017/11/29/unabhaengiger-journalismus-oder-pr-greenpeace-… | |
## AUTOREN | |
Anne Fromm | |
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