# taz.de -- Komödien-Remake mit Genderswitch: „Overboards“-Original ist pr… | |
> „Overboard“ tauscht im Remake von Rob Greenberg die Geschlechterrollen. | |
> Ein Mann verliert das Gedächtnis und wird unfreiwillig Hausmann. | |
Bild: Anna Faris und Eugenio Derbez in „Overboard“ | |
Der neueste Trend heißt „revisionist viewing“. Man unterzieht die Filme, | |
die einem mal gefallen haben, einer Revision, im direkten und übertragenen | |
Sinn. Immer öfter stellt sich heraus: Geht heute gar nicht mehr! | |
„Overboard – Ein Goldfisch fällt ins Wasser“ von Garry Marshall mit Gold… | |
Hawn und Kurt Russell ist dafür ein gutes Beispiel. Schon bei der bloßen | |
Handlungsnacherzählung kommt man ins Stocken: Ein Mann nutzt den | |
Gedächtnisverlust einer Frau dazu aus, um sich an ihr zu rächen – das ist | |
schon mal Nötigung. Dann spielt er ihr vor, sie sei die Mutter seiner drei | |
Söhne, damit sie seinen Haushalt schmeißt – reinste Ausbeutung. Damit nicht | |
genug: Weil er ihr weismacht, sie sei mit ihm verheiratet, teilt sie das | |
Bett mit ihm – sorry, was ist das anderes als Vergewaltigung? Das alles | |
hätte sich auch schon 1987 verbieten sollen. Stattdessen wurde der Film | |
kommerziell ein Erfolg und für Dinge wie Vorhersehbarkeit und Banalität | |
kritisiert. | |
Ausgerechnet aus diesem Stoff ein Remake zu machen, erscheint so absurd wie | |
interessant. Wie soll man den Plot auf aktuelle Empfindlichkeiten | |
abstimmen? „Overboard“, die Neuauflage, versucht es auf dem einfachsten | |
Weg: durch „gender switching“, auch so ein Trend unserer Tage. Männer- und | |
Frauenrollen werden umgedreht. | |
Nun also verkörpert Anna Faris (der man schon lange Ähnlichkeit zu Goldie | |
Hawn nachsagt, auch im Komödiantinnenstil) Kate, die alleinerziehende | |
Mutter dreier Töchter, die sich schwer arbeitend mit mehreren Jobs über | |
Wasser hält. Als sie auf der Jacht eines reichen Playboys namens Leonardo | |
(verkörpert von dem in Lateinamerika ungemein populären Komödianten Eugenio | |
Derbez) einen Reinigungsjob erledigen soll, wird sie von diesem gedemütigt | |
und unbezahlt von Bord gestoßen. | |
## Playboy als Ehemann reklamiert | |
Ein paar durchsichtige Intrigen weiter eröffnet sich eine Möglichkeit zur | |
Rache: Die Nachrichten erbitten Mithilfe bei der Identitätsermittlung einer | |
Person, die mit Totalamnesie im Krankenhaus landete. Kate erkennt den | |
Playboy und lässt sich von einer Freundin dazu überreden, ihn als ihren | |
Ehemann zu reklamieren und für sich schuften zu lassen. | |
So weit, so einigermaßen originell. Leider hapert es an der Ausarbeitung | |
der spannungsreichen Grundidee. Wie zuletzt bei vielen Filmen, die | |
Hollywood nur noch als Nebengeschäft zum Blockbuster-Business fürs | |
weibliche Publikum konzipiert, hat man den Eindruck, als sei nach der | |
Absegnung des Pitches – „gender switch! Gute Idee!“ – nicht mehr viel | |
investiert worden, weder an Nachdenken, noch an Basishandwerk. | |
Mühsam versucht „Overboard“ die Klippen der immer noch obszönen Grundidee | |
zu umschiffen: Kate lässt Leonardo in der Garage schlafen – mit der | |
Begründung, er müsse erst beweisen, dass er trocken bleiben kann. Weil man | |
sich auf die Geschlechterproblematik gar nicht weiter einlassen will, | |
bekommt Leonardo eine eigene Nebenhandlung, in der er sich als | |
Hilfsarbeiter unter Latinomigranten bewähren muss. | |
## Original war fortschrittlicher | |
Man neckt ihn wegen seiner weichen Hände! Der reiche Schnösel, der sich an | |
den Reichtum nicht erinnern kann, lernt zu begreifen, dass es anderen | |
ökonomisch schlechter geht! So plätschert der Film auf sein vorgesehenes | |
Ende zu, das diesmal vor allem deswegen Unbehagen auslöst, weil es zwischen | |
den Hauptdarstellern Faris und Derbez so überhaupt keine Chemie gibt. Mit | |
besagter Chemie zwischen Goldie Hawn und Kurt Russell wurde 1987 der Erfolg | |
von Garry Marshalls „Overboard“ erklärt: Die beiden waren erst wenige Jahre | |
zuvor ein Paar geworden, und die Lust am gemeinsamen Spiel vor der Kamera | |
sieht man jeder Szene an. Ihr Schauspiel erdet die klischeehaften Klassen- | |
und Geschlechtergegensätze und lässt das romantische Element über alle | |
Unwahrscheinlichkeiten hinweg überzeugend wirken. So kommt man beim | |
Vergleich der alten mit der neuen Version zum unerwarteten Schluss, dass | |
der alte Film fast fortschrittlicher ist als der gewollt progressive neue. | |
„Overboard“ von 1987 handelte gewissermaßen von einer doppelten | |
„karnevalistischen“ Umdrehung: die Geschlechterstereotypie der Prämisse, in | |
der eine reiche Zicke durch die Härten der Hausarbeit zu ihrer wahren | |
Bestimmung als Hausfrau und Mutter findet, unterläuft Goldie Hawn nämlich | |
mit ihrer Wiederaufstehpersönlichkeit. Statt sich durch Arbeit und | |
Muttersein zähmen zu lassen, läuft ihre Figur in der neuen Situation erst | |
zu richtiger Form auf. Als Löwenmutter verteidigt sie die Söhne vor der | |
Schulleitung sehr viel effektiver, als ihr Prollmann das je konnte. Wie sie | |
überhaupt mit managerhafter Planung Ordnung in den verwahrlosten Haushalt | |
bringt. | |
Es ist nicht so, dass sie ihre Freude am Wäschewaschen und Aufräumen | |
entdeckt, sondern sie erobert sich das, was ihr als reicher Zicke verwehrt | |
blieb: nicht nur „bossig“, sondern der Boss zu sein. Da wirkt die neue | |
Version, in der der Playboy den Wert der Handarbeit lernt, während die | |
Prollfrau am Ende brav ihr Krankenschwesterexamen besteht und dem Erben in | |
die Arme fällt, geradezu altbacken. | |
14 Jun 2018 | |
## AUTOREN | |
Barbara Schweizerhof | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten | |
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