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# taz.de -- Bauern in Frankreich protestieren: Traktoren gegen die Palmölindus…
> Zahlreiche Bauern protestieren in Frankreich gegen den Import von Palmöl.
> Sie fürchten die Konkurrenz für heimischen Biosprit.
Bild: Protest „solange wie nötig“: Trekkerschlange auf einer Straße
Grandpuits-Bailly taz | Felder, so weit das Auge reicht. Besonders lieblich
anzusehen ist die Landwirtschaftszone von Grandpuits-Bailly im Südosten von
Paris im Frühjahr, wenn die Rapsblüten links und rechts der Straße gelb
erblühen. Nur die Treibstoffraffinerie Grandpuits der Erdölgesellschaft
Total mit ihren rauchenden Kaminen stört dann die Idylle. Sie ist derzeit
Kulisse eines neuen Konflikts zwischen Frankreichs Regierung und den Bauern
des Landes.
Seit Montagfrüh protestieren in ganz Frankreich Landwirte gegen eine
massive Einfuhr von Palmöl aus Indonesien, das zu Biotreibstoff verarbeitet
werden soll. Mit ihrem Protest wollen sie Druck auf die Regierung des
französischen Präsidenten Emmanuel Macron machen. Diese hat ihre Zustimmung
zu jährlichen Importen von 400.000 Tonnen Palmöl an Total gegeben. Vor den
wichtigsten Raffinerien und Treibstofflagern haben die Bauern mit ihren
Traktoren und ganzen Ladungen von Erde und Mist die Zufahrten gesperrt, um
so die Produktion und die Lieferung zu unterbinden – so wie bei der
Total-Raffinerie Grandpuits.
Für die meisten Produzenten hier vor Ort ist der fetthaltige Raps
mittlerweile zum Haupterwerbszweig geworden, weil dieser Anbau
einträglicher ist als Getreide. Und diese existenziellen Einkünfte wollen
sie sich nicht durch eine Konkurrenz aus Asien gefährden lassen. Schon gar
nicht von den Einfuhrverträgen für Palmöl, dessen Anbau etwa in Malaysia
die Rodung riesiger Tropenwälder bedingt und auch für die
Arbeitsbedingungen in der Produktion kritisiert wird.
Für ein Mal also haben die französischen Landwirte, die sonst gegen neue
Umweltnormen oder Pestizidverbote protestieren, die Klima- und
Naturschützer auf ihrer Seite. Dass ausgerechnet der ehemalige
Umweltaktivist und heutige französische Umweltminister Nicolas Hulot die
Verträge von Total mit Indonesien abgesegnet hat, ist in den Augen der
Bauern ein Skandal.
Mathieu Beaudouin ist ihr lokaler Wortführer. Zusammen mit mehr als 200
Kollegen des Bauerngewerkschaftsdachverbands FNSEA und deren
Jugendorganisation aus dem Departement Seine-et-Marne sperrt er an diesem
regnerischen Montagmorgen die Zugänge zum Raffineriegelände Grandpuits.
Mehrere Traktoren sind quer davor geparkt. „Die Landwirtschaft, wie wir sie
nicht wollen“, haben die Protestierenden auf ein Spruchband geschrieben,
auf einer Tafel des Betreibers Total steht nun: „Macron – welch ein
Blödsinn“.
## Besonders kämpferisch: Landwirte
„Uns Landwirten in Frankreich werden immer mehr Auflagen gemacht. Und bei
den Importen schaut die Regierung weg. Das ist ein Widerspruch, den wir
nicht akzeptieren können“, protestiert Beaudouin, ein Hüne mit
wettergegerbtem Gesicht.
Er unterstützt darum die Forderung seines Verbands, der verlangt, dass
Agrarimporte grundsätzlich dieselben Normen wie EU-Produkte erfüllen
müssen. Das sei bei der Palmölherstellung nicht der Fall, geben die
Rapsproduzenten an. Doch nur dann wäre der Wettbewerb einigermaßen fair,
sagt Beaudouin. Eine Tonne importiertes Palmöl aus Indonesien kostet den
Erdölproduzenten 100 bis 150 Euro weniger als eine vergleichbare Menge Raps
oder Soja.
Der Landwirtschaftsminister Stéphane Travert hat am Montag erklärt, es gebe
in dieser Frage nichts zu verhandeln, denn Frankreich respektiere seine
Abkommen. Respekt verlangen von ihm aber auch Beaudouin und seine Kollegen.
Sie haben sich mit Zelten und Grillzubehör darauf eingerichtet, vor der
Raffinerie auszuharren.
„So lange wie nötig“, sagen sie mit der sturen Entschlossenheit, mit der
sich die französischen Bauern seit Jahrhunderten auflehnen, wenn sie sich
von Obrigkeiten mit Arroganz behandelt sehen. Sie erhoffen sich allerdings
doch ein Entgegenkommen von einem Treffen einer FNSEA-Delagation mit
Präsident Emmanuel Macron am Dienstag.
Der kann nun wirklich nicht auch noch einen Konflikt mit den traditionell
besonders kämpferischen Landwirten brauchen. Seine Regierung hat mit ihren
Reformen schließlich schon die Eisenbahner, MittelschülerInnen und
Studierenden gegen sich aufgebracht.
12 Jun 2018
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
Landwirtschaft
Schwerpunkt Frankreich
Europäische Union
Palmöl
Palmöl
Schwerpunkt Emmanuel Macron
Agrarpolitik
Schwerpunkt 1968
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