# taz.de -- Kolumne Fast Italien: Zimmer frei – in München! | |
> Alleine kann man sich eine 100-Quadratmeter-Wohnung in München nicht | |
> leisten. Über die Suche nach einer MitbewohnerIn und weinende Wände. | |
Bild: Selbst sehr sympathische WG-InteressentInnen haben etwas gegen Nikotin | |
Manchmal ziehen Frauen aus, und zurück bleibt eine leere Wohnung. Zeit für | |
Western. Ich glotze „Spiel mir das Lied vom Tod“. Den glotze ich immer, | |
wenn Not am Manne ist. Sie warte auf ihn, sagt Claudia Cardinale am Schluss | |
zu Charles Bronson. Einer warte immer, sagt er und geht. Bei mir war es | |
umgekehrt. | |
Zeit zur inneren Einkehr. Ich kehre in der Donnersbergerstraße ein. Ein | |
Bier pro Bar. Das läppert sich, wenn es acht Bars gibt und aus einem Bier | |
zwei werden. Bald ist Mann angekommen in der Männerwelt. Die Realität sitzt | |
links und rechts neben einem und weiß Bescheid. Jeder Satz wird mit einem | |
„Prost“ gekürt, jedes Wort purzelt promillegetränkt ins Leere. Kein Land … | |
Sicht und doch festen Boden unter den Füßen. Manchmal zieht eine Frau aus | |
und kommt nicht wieder. Eine Erkenntnis, die mich jeden Schluck noch einmal | |
schlucken lässt. | |
Aus diesem Grund steht Klapprad Schrotti zu Hause. Ich torkle alleine. | |
Klappräder können nicht torkeln, sie straucheln. Der Weg dauert. Die | |
Melancholie kommt des Wegs, schlurft träge neben mir her. Wir kommen an. | |
Und ich bitte sie herein. Decke mich mit ihr zu. Nur für diese Nacht. | |
Am nächsten Morgen sehe ich klar. Man kann sich solo eine | |
100-Quadratmeter-Wohnung in München nicht leisten. Man hat zwei Optionen. | |
In eine kleinere Wohnung umziehen oder eine WG gründen. Obwohl viele | |
Erinnerungen in den Räumen lümmeln, hängt man an den vier Wänden. Ich | |
inseriere in WG-Gesucht.de. Zwei Minuten später der erste Anruf. Eine | |
Kroatin. Die aber mit ihrem Partner ein Zimmer sucht. Ich bin skeptisch. | |
Pärchen tragen emotionale Debatten aus. So meine ureigene Erfahrung. Sie | |
solle in ein paar Tagen noch mal anrufen, sage ich und hake sie innerlich | |
ab. | |
## StudentInnen mit Ansprüchen | |
Nun folgen zig StudentInnen mit hohen Ansprüchen und niedrigem | |
Mietzinsvorstellungen. Ich komme in einen grantigen Flow, es rappelt in der | |
Kiste. Aber die Miete muss stehen. Lächelnd bitte ich die InteressentInnen | |
zur Besichtigung, lächelnd verabschiede ich sie. Es passt einfach nicht. | |
Ich kann nicht mehr schlafen. Andere zählen Schäfchen zum Runterkommen. Ich | |
denke an die Frau, die ausgezogen ist. Komme nicht runter. Weil die Wände | |
weinen. | |
Ich rauche gerne. Aber selbst sehr sympathische WG-InteressentInnen haben | |
etwas gegen Nikotin. Und die, die dennoch einziehen wollen, mag man nicht. | |
Mein Interessentenkreis ist ein Mikrokosmos. Ich kann nicht schlafen. Ich | |
kann nicht schlafen. Noch ein-, zwei Mieten und ich bin blank. | |
Die Kroatin ruft an. Ich freue mich, ihre Stimme zu hören. Ob das Zimmer | |
noch frei sei, fragt sie. Ja, sage ich. Eine Stunde später ist der Vertrag | |
unterschrieben. Wir sitzen zusammen in der Küche. Ich rauche, und sie | |
stören sich nicht daran. Ob ich wisse, dass Nico Kovac der neue | |
Bayern-Trainer werde, fragt er. Klar, sage ich. Er sei auch Kroate, sagt | |
sie und lächelt. Sie haben eine Flasche Plavac dabei. „Zivjeli“ sagen sie | |
und stoßen mit mir an. Ich habe ins Blaue geschossen und ins Schwarze | |
getroffen. | |
10 Jun 2018 | |
## AUTOREN | |
Max König | |
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