# taz.de -- Vorwürfe gegen Mitarbeiter: Kita in der Blechkiste | |
> Nach Elternprotest gegen strafende Pädagogik wurden zwei Mitarbeiter der | |
> Kita Plaggenmoor freigestellt. Träger DRK sieht ungünstige Bedingungen | |
> als Mitursache. | |
Bild: In der DRK-Kita sind die Zustände kaum besser als in dieser provisorisch… | |
Hamburg taz | Unsere Kita ist die Hölle“ klagten vor einer Woche zwei | |
Eltern in der Hamburger Morgenpost. In der Kita Plaggenmoor des Deutschen | |
Roten Kreuzes (DRK) in Neugraben sollen Kinder von Mitarbeitern angeschrien | |
und bestraft worden sein. Eine Anderthalbjährige soll vor einem leeren | |
Teller gesessen haben, weil sie unartig war. Ein Dreijähriger soll Zuhause | |
erzählt haben, dass er „böse“ sei und deshalb nichts trinken dürfe. Ein | |
Mädchen soll zur Strafe an der Wand gestanden haben. Die Vorwürfe wogen so | |
schwer, dass zwei Erzieher freigestellt wurden. | |
„Die Kita-Aufsicht der Sozialbehörde wurde am Freitag, den 11. Mai, über | |
die Vorwürfe von Eltern informiert“, sagt Sozialbehörden-Sprecher Marcel | |
Schweitzer. Am Montag habe man eine Prüfung eingeleitet. Es hätten sich | |
auch Zeugen gemeldet. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. | |
„Ausgrenzende und erniedrigende Erziehungsmethoden sind nicht erlaubt“, so | |
Schweitzer. | |
Die Kita-Aufsicht hat das Recht, Tätigkeiten zu untersagen. Laut Schweitzer | |
war die Freistellung der zwei Mitarbeiter das Ergebnis einer solchen | |
Untersagung. Dafür reichten – zum Schutz der Kinder – bereits | |
Zeugenaussagen, die die Kita-Aufsicht glaubhaft findet. „Weitere | |
Einzelheiten dürfen wir nicht mitteilen.“ | |
## „Hals über Kopf eröffnet“ | |
„Das Problem ist, dass die Kita Hals über Kopf eröffnet worden ist“, | |
erklärt der zuständige Harburger DRK-Geschäftsführer Harald Krüger. Im | |
Oktober nahm sie ihren Betrieb in einem Containergebäude auf, einer | |
„Blechkiste“, wie Krüger sagt. | |
Das DRK hatte zuvor 40 Kinder in einer nahen Flüchtlingsunterkunft betreut. | |
Die Unterkunft wurde inzwischen geschlossen, doch da die Mütter weiter | |
ihren Integrationskurs besuchen müssen und das DRK ab 2020 im dortigen | |
Neubaugebiet Vogelkamp eine große Kita eröffnen will, habe man im | |
Einvernehmen mit der Stadt diese provisorische Kita gebaut, sagt Krüger. Zu | |
den 40 Kindern aus der Flüchtlingsunterkunft kamen dann 30 weitere aus der | |
Nachbarschaft hinzu. | |
„Es gibt bei uns keine Kita, wo so wenig Fläche pro Kind ist“, sagt Krüge… | |
„Die Rahmenbedingungen sind nicht attraktiv“. Es gibt nur einen Raum pro | |
Gruppe für 20 Kinder, wenig Ausweichmöglichkeiten, wenig Schallschutz. Wenn | |
es laut sei, würden die Erzieher auch lauter sprechen. Und draußen im | |
eingezäunten Außengelände stünden keine Bäume. Es gibt keine Vordächer und | |
auch sonst kaum Sonnenschutz. | |
Innerhalb der ersten Monate hätten sieben Kollegen gekündigt. „Es fehlte | |
die Zeit für Teambildung“, so Harburgs DRK-Chef. Zeit, die man bräuchte, um | |
sich über die Haltung zum Kind und zum Kinderschutz zu verständigen. | |
Teilweise habe man Zeitarbeitsmitarbeiter einstellen müssen. | |
„Das soll aber nichts entschuldigen“, sagt Krüger. „Die Empathie für die | |
Bedürfnisse der Kinder und Eltern fehlte. Es wirkte in der tat lieblos und | |
grau“. Die Kita habe auch zu wenig mit den Eltern gesprochen. | |
Zu den konkreten Vorwürfen könne er nichts sagen. „Ich bin nicht dabei | |
gewesen, ich kann es nicht bestreiten“. Ein Vorfall mit einem Kind, dass | |
nach dem Bericht einer kritischen Mitarbeiterin als Strafe mit dem Gesicht | |
zur Wand stehen musste, habe sich ähnlich, aber anders abgespielt. „Ein | |
Mitarbeiter sagt, er habe ein Mädchen, das unruhig war, aufgefordert, fünf | |
Minuten neben ihm auf dem ,stillen Stuhl' zu sitzen, um zur Ruhe zu | |
kommen.“ | |
Der Mitarbeiter, dem dieser Vorfall zugeordnet wurde, sei verwechselt und | |
fälschlicherweise freigestellt worden. Der Mitarbeiter werde nun | |
rehabilitiert und komme zurück. Die zweite Kollegin, die barsch zu den | |
Kindern war, bleibe freigestellt. Zudem gebe es nun eine zweite | |
Kita-Leitung, externe Beratung und Fortbildung für das Team. Und für den | |
Sonnenschutz wurden inzwischen Pavillons aufgestellt. | |
## Behörde hätte nichts gegen noch konsequenteres Vorgehen | |
Aus Behördenkreisen hört man, dass man sich aus ein noch konsequenteres | |
Vorgehen des DRK mit mehr personellen Konsequenzen vorstellen könne. „Der | |
DRK hätte früher handeln müssen“, sagt Sabahattin Aras, Bezirkspolitiker | |
der Linken. | |
Der CDU-Politiker Philipp Heißner bemängelt die fehlende Kontrolle. Es sei | |
ein „skandalöses Versäumnis“, dass die Sozialsenatorin noch immer keine | |
Kita-Inspektion geschaffen habe. Immerhin, hat sich der Senat aber nun mit | |
den Kita-Verbänden auf ein Verfahren verständigt, dass Kontrollen ohne | |
Anlass erlaubt. | |
Doch ob Kinder zu streng behandelt werden, kann laut Behördensprecher | |
Schweitzer nicht allgemeingültig definiert werden. Es komme bisweilen vor, | |
dass Eltern sich beschweren. Eine Statistik zu diesem Thema werde bei der | |
Kita-Aufsicht aber nicht geführt. | |
11 Jun 2018 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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