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# taz.de -- Irland erlaubt Abtreibungen: Yes! Yes! Yes!
> Das offizielle Ergebnis des Volksentscheids steht noch aus, dennoch ist
> klar: Eine deutliche Mehrheit will Schwangerschaftsabbrüche legalisieren.
Bild: In Dublin stimmten 77 Prozent mit Ja. Das Foto zeigt die indische Zahnär…
Dublin taz | Am Ende war es viel deutlicher als erwartet. Rund 68 Prozent
der 3,3 Millionen wahlberechtigten Irinnen und Iren stimmten am Freitag in
einem Voklksentscheid dafür, den 8. Zusatzparagrafen aus der Verfassung zu
streichen, nur 32 Prozent waren dagegen. Dieser Paragraf, [1][der 1983
ebenfalls per Referendum] in die Verfassung aufgenommen worden war, räumte
dem Fötus dasselbe Lebensrecht wie der Schwangeren ein und machte
Abtreibungen praktisch unmöglich.
Das hat in der Vergangenheit zu unzähligen Tragödien geführt. Frauen
starben, weil sich die Ärzte mit Hinweis auf die Verfassung weigerten,
nicht lebensfähige Föten aus der Gebärmutter zu entfernen. Frauen und
Ärzte, die gegen den Paragrafen verstießen, riskierten Gefängnisstrafen von
14 Jahren.
Das Referendum vom Freitag hat die Spaltung des Landes bestätigt, die
bereits bei den Volksentscheiden über Scheidung und gleichgeschlechtliche
Ehe deutlich geworden ist: Jung gegen Alt, Stadt gegen Land. Bei den 18-
bis 24-Jährigen lag die Mehrheit bei 87 zu 13 Prozent, von den über
65-Jährigen wollten hingegen 60 Prozent am Abtreibungsverbot festhalten.
In Dublin stimmten 77 Prozent mit Ja, im traditionell konservativen
Nordwesten der Insel gab es mit 59 Prozent aber immer noch eine unerwartet
klare Mehrheit für die Abschaffung des Paragrafen. Umfragen vor dem
Referendum hatten auf ein viel knapperes Ergebnis hingedeutet. Landesweit
stimmten 70 Prozent der Frauen und 65 Prozent der Männer mit Ja.
Die Zahlen beruhen auf einer Nachwahlbefragung von 4.500 Menschen im
Auftrag der Irish Times. Das amtliche Ergebnis wird zwar erst am
Samstagnachmittag erwartet, aber die Fehlerspanne der Befragung liegt
lediglich bei 1,5 Prozent. Offizielle Angaben über die Wahlbeteiligung
liegen ebenfalls noch nicht vor, aber sie war offenbar höher als bei allen
Referenda in der Vergangenheit.
## Aggressive Kampagne
Das lag daran, [2][dass der Kampf um die Stimmen äußerst erbittert geführt
wurde]. Vor allem die Nein-Seite griff zu drastischen Methoden und
platzierte Bilder von abgetriebenen Föten vor Entbindungskrankenhäusern und
Schulen. Auf dem Land organisierten die Abtreibungsgegner Busse, um ältere
Menschen zu den Wahlurnen zu fahren.
Die aggressive Kampagne löste eine Gegenreaktion aus. Tausende im Ausland
lebende Irinnen und Iren flogen in die Heimat, um für die Streichung des
Paragrafen stimmen zu können. Eine Briefwahl gibt es in Irland nämlich
nicht. Und auch die jungen Leute, denen bei Wahlen oft Apathie vorgeworfen
wurde, strömten massenhaft in die Wahllokale.
Damit ist der Weg frei für eine gesetzliche Regelung. Die Regierung hat
ihre Pläne lange vor dem Referendum offengelegt. So sollen Abtreibungen bis
zur 12. Schwangerschaftswoche auf Verlangen erlaubt werden. Bei Gefahr für
das Leben oder die Gesundheit der Schwangeren sowie bei fötalen
Missbildungen kann die Schwangerschaft auch später abgebrochen werden, wenn
die Ärzte zustimmen.
## Gesetz soll Spätestens zum Jahresende kommen
Premierminister Leo Varadkar sagte: „Irland ist immer noch dasselbe Land,
das es vor dem Referendum war. Es ist lediglich ein wenig barmherziger.“
Der 39-Jährige mit indischen Wurzeln ist seit einem Jahr im Amt. Er ist der
jüngste irische Premierminister seit der Staatsgründung 1922 und der erst
vierte offen homosexuelle Regierungschef der Welt.
Gesundheitsminister Simon Harris wird die entsprechende Gesetzesvorlage
nach der Sommerpause ins Parlament einbringen. Spätestens zum Jahresende
soll das Gesetz in Kraft treten, dafür gibt es in beiden Kammern des
Parlaments eine Mehrheit. Bis dahin aber werden weiterhin täglich rund zehn
Frauen zu Abtreibungen nach England reisen.
26 May 2018
## LINKS
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## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
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Irland
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