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# taz.de -- Datenschutz in der EU: Die Panik, die wir riefen
> Blogger und Kleinunternehmer stöhnen über die neuen Datenschutzregeln der
> Europäischen Union. Dabei dürften es Abmahnanwälte schwer haben.
Bild: Blogger in einem Panikmeer: Symbolbild
Mehr als 7.000 Blogger und Kleinunternehmer hat sie bereits in Panik
versetzt. Die Rede ist von der [1][DSGVO] – der Datenschutzgrundverordnung.
Ab Freitag gilt sie. EU-weit, ohne Ausnahmen. Sie soll Verbraucher vor dem
unkontrollierten Zugriff auf ihre Daten schützen. Allen, die im Netz
arbeiten, Texte veröffentlichen, Daten sammeln, verarbeiten und nutzen,
setzt sie enge Grenzen.
„Es herrscht viel Panik“, sagt Blogger Finn Hillebrandt. Bei Facebook
betreibt er die Gruppe DSGVO für Blogger und Online-Unternehmer. 7.000
Menschen haben sich dort angemeldet, um über die neuen Regeln zu jammern,
zu klagen und sich schlau zu machen. Täglich kommen Dutzenden Betroffene
dazu.
„Die Leute wissen nicht, wie die Paragrafen aus der DSGVO ausgelegt und
interpretiert werden können“, sagt Hillebrandt. Rechtsberatung macht er
nicht, aber er informiert darüber, wie die Vorgaben technisch umgesetzt
werden können. „Die Angst vor Abmahnungen ist enorm.“
Thilo Weichert vom [2][Netzwerk Datenschutzexpertise] hält die Ängste von
Bloggern und Kleinunternehmen für deutlich übertrieben. „Ja, man muss was
machen. Aber die Aufsichtsbehörden werden einen Teufel tun und
Kleinunternehmen als erstes ins Visier nehmen“, sagte der ehemalige
Datenschutzbeauftragte Schleswig-Holsteins der taz. Er rechnet auch nicht
mit einer regelrechten Abmahnwelle. „Abgemahnt kann nur das werden, was
nach außen hin auch erkennbar ein Datenschutzverstoß ist“, sagte Weichert.
Dazu gehört etwa ein Verstoß gegen die Impressumspflicht oder Regelbrüche
in den AGBs. Wer eine normale Webseite hat und keine Daten speichert, der
ist zu nichts verpflichtet. Anders sieht es bei Anbietern aus, die
Informationen auswerten und weiterverwenden, zum Beispiel darüber, wer
Zugriff auf die Webseiten hat. Betroffene Blogger, Vereine und
Kleinunternehmer müssen dies dann offenlegen.
## Neue Geschäftsmodelle
Die Panik ist hausgemacht. Schließlich ist die DSGVO bereits seit zwei
Jahren in Kraft, aber jetzt gilt sie tatsächlich. Auch wenn Verstöße vor
allem bei Kleinunternehmern offenbar schwer zu ahnden sind, hat die
Verordnung neue Geschäftsmodelle geschaffen. Zum Beispiel Abmahnkanzleien
oder Anbieter, die im Namen ihrer Kundschaft Auskunft von den Datensammlern
einholen.
Dieses Recht sollen die Verbraucher künftig schneller umsetzen können.
Weichert warnt vor solchen Anbietern, da solche Firmen auch in den Besitz
der Daten ihrer Auftraggeber kämen. Die Gefahr wäre groß, dass etwa
Identitätsdiebstahl betrieben wird.
Die große Unbekannte DSGVO schreckt die Unternehmer auf. Auch Blogger
Hillebrandt würde sich über eine verlängerte Schonfrist – über den 25. Mai
hinaus – für die Umsetzung der EU-Verordnung freuen. Über solche
Forderungen kann Weichert allerdings nur lachen. „Viele haben sich in
allerletzter Minute von übertriebener Hysterie verrückt machen lassen. Es
gibt überhaupt keinen Bedarf, den Unternehmen nochmals eine Schonfrist
einzuräumen“, sagt Weichert.
Dagegen fordert Jimmy Schulz, der Vorsitzende des Digitalausschusses im
Bundestag, Nachsicht mit den Onlinern. An sich seien zwei Jahre eine
„großzügig bemessene Übergangsfrist“, sagte Schulz der taz. „Allerdings
wird jetzt kurz vor Anwendungsbeginn offensichtlich, dass die
Bundesregierung es versäumt hat, gerade die kleinen und mittelständischen
Unternehmen und Selbstständigen ausreichend darüber zu informieren.“
## Was fehlt: Experten
Jens Zimmermann, digitalpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion,
fordert von den Behörden mehr Aufklärung. „Landesdatenschützer sind auch
Ansprechpartner bei konkreten Nachfragen und Sorgen“, sagte Zimmermann.
Und genau hier liegt das Problem. „Es fehlt an Experten“, sagt
Datenschützer Weichert. Ein Beispiel: In Schleswig-Holstein arbeiten etwa
30 Menschen für die Aufsichtsbehörden. Sie müssen sich um 100.000
Unternehmen in der Region kümmern. Das heißt: beaufsichtigen, kontrollieren
und beraten. „Wenn das Finanzamt Schleswig-Holstein so ausgestattet wäre,
wäre der Aufschrei groß. Wir brauchen kurzfristig mindestens eine
Verdoppelung des Personals in den Behörden bundesweit“, fordert Weichert.
24 May 2018
## LINKS
[1] /!t5506996/
[2] https://www.netzwerk-datenschutzexpertise.de/
## AUTOREN
Tanja Tricarico
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