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# taz.de -- WM 2018 in Russland: Vorbereitung auf den Worst Case
> Mit Verboten, Waffen und viel Personal will man bei der WM für Sicherheit
> sorgen. Experten warnen vor islamistischen Anschlägen.
Bild: Wird die WM 2018 von islamistischen Anschlägen bedroht? In Russland übe…
Moskau taz | „Die Sicherheitskonzepte sind auf höchstem Niveau“, meint
Helmut Spahn, Sicherheitschef des Fußball-Weltverbands (Fifa). Schon beim
Confederations Cup, [1][der Generalprobe zur WM im vorigen Jahr], sei die
Fifa mit der Vorbereitung russischer Sicherheitskräfte sehr zufrieden
gewesen. Russland verfügt über Erfahrungen mit Großveranstaltungen und dies
auch im Umfeld des volatilen Nordkaukasus. Erst 2014 fanden [2][in Sotschi
die Olympischen Winterspiele] statt.
Der Nordkaukasus ist Russlands erfolgreichstes Rekrutierungsgebiet. Nach
wie vor stammen die meisten russischen Dschihadisten des „Islamischen
Staats“ (IS) aus dieser Bergregion. Sie kämpften im Irak und in Syrien.
Nach unterschiedlichen Schätzungen soll es 4.000 bis 5.000 russische
Gotteskrieger in den Reihen des IS geben.
Während der Winterspiele kam es in Sotschi zu keinen terroristischen
Zwischenfällen. Dass die Wettbewerbe [3][in einem Hochsicherheitstrakt]
stattfanden, daran störten sich die meisten Besucher damals gar nicht. Das
wird sich auch bei der Fußball-WM nicht ändern. Dennoch findet die
Weltmeisterschaft in einem veränderten Umfeld statt.
Militante Rückkehrer aus Syrien seien zum Angriff bereit, meint Chris
Hawkins. Sie würden Russlands militärische Intervention im Nahen Osten
ablehnen, sagt der Sicherheitsexperte von der Londoner Zeitschrift für
Sicherheitspolitik, Jane’s. „Für Täter ist das eine ersehnte
Herausforderung“, so Hawkins. Je näher der WM-Beginn rückt, desto häufiger
versuche der IS auch über eigene Medien Einzeltäter zu Taten mit einfachen
Waffen oder Autos anzustiften. Überdies kursieren im Netz Videos, in denen
Gotteskrieger vor russischen Stadien mit Maschinenpistolen posieren.
Auch das BKA ging in einem vertraulichen Bericht von einer hohen
Terrorgefahr durch radikale Islamisten aus. Der letzte Anschlag fand im
April 2017 in der Sankt Petersburger Metro statt. Er kostete 16 Menschen
das Leben. Sicherheitsexperten beruhigen unterdessen: Russland habe alle
erdenklichen Szenarien für Angriffe durchgespielt.
## Nationalgarde mit Elektroschockern ausgestattet
Die Niederlage des IS in Syrien verändert die Lage jedoch, da weit mehr
Kämpfer als erwartet nach Russland zurückkehren. Wie viele Polizisten,
Militärs, Nationalgardisten und Geheimdienstler im Einsatz sein werden,
bleibt ein Geheimnis. Es dürften aber mehrere Hunderttausend sein. Allein
das Katastrophenschutzministerium stellt 40.000 Kräfte ab. Private
Sicherheitsdienste wurden mit 14.000 in die Pflicht genommen.
Darüber hinaus sollen Zehntausende Kameras installiert sein. In Russland
soll sich nicht wiederholen, was sich bei der EM in Frankreich vor zwei
Jahren abspielte. Englische und russische Hooligans fielen in
Massenschlägereien übereinander her. Einige in Russland waren sogar ein
bisschen stolz auf die Jungs. Nun ist Moskau aber Gastgeber und trägt
Verantwortung. Wladimir Putin sprach der Polizeiführung daher ins Gewissen.
„Von der Gründlichkeit Ihrer Arbeit hängt das Image des Landes ab“, mahnte
er.
Die eigenen Hooligans hat Moskau inzwischen im Griff, behaupten Kenner der
Szene. Dem Hooligan Alexander Schprygin von Dynamo Moskau wird gerade der
Prozess gemacht. Das teilte er auf Anfrage mit. Schprygin erhielt
Stadionverbot und schweigt seither. Die WM ist für ihn wie für viele andere
bereits im Vorfeld gelaufen.
Schlachtrufe englischer Hooligans, die den Russen einen „vierten und
fünften Weltkrieg“ im englischen Boulevardblatt Daily Star prophezeiten,
sorgen zwar für notwendiges Kolorit. Die Sicherheitskräfte dürften dies im
Vorfeld jedoch verhindern. „Soll der Gegner mit Messern und
Baseballschlägern vorgehen, uns Briten reichen die Fäuste“, prahlte ein
Draufgänger von der Insel.
Für solche Fälle wird die russische Nationalgarde mit hochkarätigen
Elektroschockern ausgestattet. Sie sollen noch rechtzeitig ausgeliefert
werden, bevor sich in Moskau entscheidet, ob die britische Elf ins
Achtelfinale einzieht.
## Infraschallwellen, um Massen beruhigen
Wladimir Markin, Fan-Beauftragter des russischen Fußballverbands, riet
„ausländischen Fans mit bösen Absichten“ zu einem Blick in Russlands
Geschichte und sich den Krieg gegen den Faschismus anzusehen. „Wie viele
Herren haben wir empfangen und was ist aus ihnen geworden?“, so Markin.
Sollte sich die Fanszene doch verselbständigen, so haben die
Sicherheitskräfte auch neue Waffen im Arsenal. „Schepot“ etwa, „Geflüst…
auf Deutsch. Diese Maschine sendet für das menschliche Ohr nicht
wahrnehmbare Infraschallwellen aus. Damit sollen Menschenmassen zur Ruhe
gebracht werden können.
Zudem wurde an einigen Spielorten das Grillen unter freiem Himmel verboten.
Der Grund dafür sind Waldbrände, die im Sommer 2010 weite Teile des
europäischen Russlands in Rauschschwaden hüllten. Einige Industriebetriebe
mit Schadstoffentwicklung müssen für die WM ebenfalls den Betrieb
einstellen. Auch Drohnen und kleinere Privatflugzeuge sollten 110 Kilometer
vor den Spielstätten abdrehen. Demonstrationen sind auf Weiteres untersagt.
Im Umkreis der Spielstätten wird der Alkoholverkauf untersagt.
Kaliningrads Bürgermeister empfahl den Einwohnern, für die Zeit der WM die
Stadt zu verlassen. Hunderttausend Gäste kämen, für alle würde es zu eng.
Völkerverständigung hin oder her.
6 Jun 2018
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## AUTOREN
Klaus-Helge Donath
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