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# taz.de -- Jochen Breyer über Livefußball und Klopp: „Ich hab Prügel bezo…
> Am Samstag zeigt das ZDF zum letzten Mal die Champions League live.
> Moderator Jochen Breyer über kritischen Fußballjournalismus.
Bild: Jochen Breyer wird über die WM berichten. Mit der Champions League im ZD…
taz am wochenende: Herr Breyer, was passiert früher: dass das ZDF wieder
Champions-League-Livespiele überträgt oder dass der FC Bayern nicht
deutscher Meister wird?
Jochen Breyer: [1][Da wir erst in drei Jahren wieder Chancen auf die
Champions-League-Rechte haben], setze ich mal darauf, dass die Bayern bis
dahin irgendwann gestürzt werden. Aber ich hoffe tatsächlich, dass
diejenigen, die dafür verantwortlich sind, so gute Arbeit machen, dass wir
die Rechte bald wieder haben.
Das klingt optimistisch. Meine These: Champions League beim ZDF, die Sache
ist durch.
(lacht) Damit ist das Interview vorbei. Das ist das kürzeste Interview in
der Geschichte der taz. Leider habe ich kein Mikrofon, das ich auf den
Tisch knallen kann.
Dieses „Die Sache ist durch, oder?“, das Sie Jürgen Klopp kurz [2][nach
einem 0:3 von Borussia Dortmund im Viertelfinalhinspiel in Madrid
entgegenschleuderten], und Klopps anschließende wütende Reaktion ist wohl
der Moment, der aus Ihren sechs Jahren Champions League im Zweiten den
meisten im Gedächtnis bleiben wird. Ärgert Sie das?
Hätte man mich das vor vier Jahren, kurz nachdem es passiert ist, gefragt,
hätte ich gesagt: Ja. Aber heute bin ich da zum Glück sehr entspannt. Ich
muss selbst lachen, wenn ich es mir angucke. Außerdem weiß ich, dass wir
sehr viele Interviews nach Spielen führen, die wenige Sekunden später
wieder vergessen sind. Dass wir sehr viele Fragen stellen, die total
erwartbar sind. Dass wir sehr viele Antworten bekommen, die total erwartbar
sind. Und seien wir ehrlich: In solchen Momenten wie dem mit Klopp wachen
die Leute auf ihrem Sofa auf. Deswegen ist es doch schön, mit irgendwas im
Gedächtnis zu bleiben.
War die Situation im Studio für Sie unangenehm?
Brutal unangenehm. Wenn ich es mir heute anschaue, sehe ich auch, dass ich
in dem Moment gelacht habe. Ich habe damit versucht, meine Unsicherheit zu
überspielen. Ich war ein sehr junger Moderator. Ich konnte mir in dem
Moment natürlich nicht vorstellen, was danach passieren und über mich
hereinbrechen würde, aber ich wusste, dass das Konsequenzen haben würde.
Was ist denn über Sie hereingebrochen?
Na ja, auf der Seite eins der Bild zu sein, [3][„Post von Wagner“ zu
bekommen] und auf Twitter von Leuten beschimpft zu werden, das war neu für
mich. Die Zeit nach dem Klopp-Interview war die erste, in der ich richtig
Prügel bezogen hab.
Haben Sie danach mit Klopp darüber gesprochen?
Direkt am nächsten Tag.
Und wie sah er das?
Extrem gelassen. Er meinte: Du hast diese Frage so gestellt, ich hab sie so
beantworten müssen, alles fein. Ich fand seine Reaktion damals übrigens
auch okay. Und damit war die Sache dann durch.
Ist das das Besondere an Klopp? Dass er uneitel mit so etwas umgehen kann?
Auf jeden Fall. Mir sind generell die Interviewgäste am liebsten, von denen
ich weiß, dass es auch mal ein bisschen knallen kann, die aber nicht
nachtragend sind. Gäste, mit denen man auch mal in einen – sagen wir –
verbalen Nahkampf gehen kann, denen man was zumuten, die man herausfordern
kann. Uli Hoeneß ist zum Beispiel auch so einer. Den kann man brutal auf
die Palme bringen in Interviews, aber am nächsten Tag ist er sofort wieder
freundlich. Er hält kritische Fragen eben aus und weiß, dass sie
dazugehören.
Leistet das ZDF und im Speziellen „Das aktuelle Sportstudio“, das Sie ja
auch moderieren, das denn, dieses Fragenstellen mit offenem Visier? Geht es
in den Nahkampf?
Rückfrage: Bei wem hätten wir es mehr machen sollen in den letzten Monaten
oder Jahren?
Ich erinnere mich an einen Auftritt der damaligen Fußball-Bundestrainerin
Silvia Neid, bei dem sie so sehr hofiert wurde, dass es unangenehm war.
Kritik wurde nur indirekt angesprochen. Ansonsten: Lobhudelei. Ist das
„Sportstudio“ zu zahm?
Das heißt es immer, aber ich weiß gar nicht, ob wir in den letzten Jahren
tatsächlich Gäste hatten, bei denen es angebracht gewesen wäre, sie härter
zu attackieren. Wir haben ja sehr oft Trainer zu Gast, und wenn die eine
schlechte Bilanz mitbringen, sprechen wir die selbstverständlich an. Aber
wenn ein junger Spieler kommt, soll ich den denn an die Wand nageln? Wozu?
Ich würde sehr gerne sehr viel kritischere Interviews führen – aber ich
hätte auch gern die Gäste dafür. Ich hätte zum Beispiel gerne einen Gianni
Infantino (Präsident des Fußballweltverbands Fifa; d. Red.) da sitzen. Ich
weiß, dass immer wieder auf das Früher Bezug genommen wird. Früher sei
alles besser, früher sei das „Sportstudio“ kritischer gewesen.
Und war es das?
Einer der beliebtesten Moderatoren der Sportstudio-Geschichte war Dieter
Kürten. Er war nicht dafür bekannt, ultrakritisch zu fragen. Andere waren
sicherlich hier und da provokativer, klar. Ich habe mir vor meinem ersten
Einsatz beim „Sportstudio“ sehr viele Interviews aus der Vergangenheit
angeguckt. Ich erinnere mich an eine Einstiegsfrage von Günther Jauch an
Mario Basler: „Waren Sie mit Ihrer Leistung gegen Holland zufrieden?“
Antwort: „Ja.“ Replik von Jauch: „Waren Sie fast der Einzige.“ Würden …
heute so frech antworten, wäre die Hölle los: in den Zeitungen, in den
sozialen Netzwerken. Ich hab das ja nach dem Klopp-Interview erlebt, was da
alles auf mich eingeprasselt ist. Ich will mich gar nicht beklagen. Aber da
fragt man sich schon, ob man das jede Woche haben will.
Aber wenn man, sagen wir mal, rücksichtsvoller wird – ob bewusst oder
unbewusst –, gibt es dann überhaupt noch Unterschiede zwischen privatem und
öffentlich-rechtlichem Sportjournalismus?
Ich hoffe schon, dass wir weniger auf Boulevardthemen aufspringen und
weniger mit der Fanbrille auf der Nase Bericht erstatten. Aber auch bei den
Privatsendern gibt es viele gute Journalisten.
Das stimmt. Sind Matthias Sammer und Jan Henkel von Eurosport das derzeit
beste Moderationsgespann?
Sie sind auf jeden Fall ein sehr gutes Duo. Matthias Sammer beeindruckt
mich extrem, wie er mit einfachsten Mitteln, einer Magnettaktiktafel von
gefühlt 1970, einem Dinge erklärt, die man tatsächlich noch nicht wusste
oder so nicht gesehen hat.
Sie haben nun bei der WM Christoph Kramer von Borussia Mönchengladbach und
Weltmeister von 2014 an Ihrer Seite. Warum gerade ihn?
Ich finde, dass Christoph Kramer sehr launig, sehr unkonventionell und sehr
geistreich über Fußball reden kann. Außerdem hat er mit sehr vielen
Spielern gespielt, die auch jetzt noch im Kader sind, hat die Ansprachen
von Joachim Löw miterlebt, wird uns da also Einblicke geben können.
Eine wiederkehrende Begründung für den Einkauf von teuren Sportrechten bei
ARD und ZDF ist ja, dass diese bei Ihnen in besseren Händen seien. Müssen
ARD und ZDF in diesem Sommer, bei einer WM in Russland, im Besonderen
beweisen, dass es richtig ist, diese Ereignisse bei den
Öffentlich-Rechtlichen laufen zu lassen?
Natürlich. Und ich finde, dass gerade in diesem Bereich die
Öffentlich-Rechtlichen ja gute Arbeit leisten. Das russische
Staatsdopingprogramm ist [4][von dem ARD-Journalisten Hajo Seppelt
aufgedeckt] worden. Auch mein Kollege Markus Harm macht aus meiner Sicht
einen super Job mit seinen Investigativberichten und seinen Kommentaren zur
Fifa.
Wie füllen Sie persönlich ab nächster Saison die Champions-League-Lücke?
Ich will endlich lernen, besser Gitarre zu spielen, um meine Nachbarn nicht
mehr so sehr zu quälen. Außerdem hätte ich gern ein bisschen mehr Freizeit.
Und ich würde gerne mehr Dokus machen – auch außerhalb des Sports. Mal
sehen, ob das ZDF das auch möchte.
26 May 2018
## LINKS
[1] /!5416165/
[2] https://www.youtube.com/watch?v=lbOd3AC4Zzg
[3] https://www.bild.de/news/standards/franz-josef-wagner/lieber-juergen-klopp-…
[4] /!5503505/
## AUTOREN
Jürn Kruse
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