# taz.de -- WTO-Urteil zu Airbus-Subventionen: USA drohen mit Sanktionen | |
> Im erbitterten Handelsstreit zwischen EU und USA hat die WTO Subventionen | |
> der EU für Airbus als illegal beurteilt. Die USA könnte als Vergeltung | |
> Strafzölle erlassen. | |
Bild: Momentan scheint Boing die Nase vorn zu haben | |
GENF/BRÜSSEL/WASHINGTON dpa | Im erbitterten Handelsstreit zwischen den USA | |
und der EU um illegale Subventionen für Airbus droht amerikanische | |
Vergeltung. In letzter Instanz hat ein Schiedsgericht der | |
Welthandelsorganisation (WTO) bestimmte Anschubfinanzierungen – auch aus | |
Deutschland – am Dienstag als illegal bestätigt. Unmittelbar nach der | |
brachten die USA Strafmaßnahmen ins Gespräch. „Wenn die EU nicht endlich | |
aufhört, die Regeln zu brechen und US-Interessen zu verletzen, werden die | |
USA voranschreiten und Gegenmaßnahmen auf EU-Produkte erlassen müssen“, | |
heißt es Mitteilung des US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer. | |
Nach Einschätzung von Handelsexperten in Genf sind solche | |
Vergeltungsmaßnahmen nun nach den Regeln der WTO möglich. Das können Zölle | |
auf EU-Produkte sein. Den Umfang legen WTO-Schiedsrichter fest. Boeing | |
rechnet mit Milliardenbeträgen. | |
Der Fall zieht sich seit 14 Jahren durch alle Instanzen der WTO. Die | |
Entscheidung ist nicht weiter anfechtbar. Das WTO-Schiedsgericht hatte | |
mehrere US-Klagepunkte 2011 abgeschmettert, aber einige Subventionen als | |
illegal eingestuft. Jetzt ging es um die Frage, ob sich die EU an das | |
Urteil von 2011 gehalten hat. | |
„Die EU hat die Empfehlungen und Urteile des Streitschlichtungsausschusses | |
nicht umgesetzt, denn die zu Grunde liegenden Subventionen haben weiter | |
existiert und negative Konsequenzen (für die Gegenseite) gehabt“, heißt es | |
in dem Entscheid. | |
## Sieg auf beiden Seiten | |
Dennoch reklamierten beide Seiten einen Sieg für sich. Das neueste Urteil | |
widerlege „die meisten Behauptungen der USA, wonach die EU die | |
WTO-Feststellungen missachtet habe“, erklärte Handelskommissarin Cecilia | |
Malmström in Brüssel. Das Berufungsgericht habe festgestellt, dass die von | |
den USA angeprangerte EU-Unterstützung für Airbus 2011 größtenteils | |
eingestellt worden sei. Die EU müsse nur „einige wenige Korrekturmaßnahmen | |
vornehmen, um zu gewährleisten, dass sie alle WTO-Regeln in sämtlichen | |
Einzelheiten beachtet“. | |
Auch Airbus sprach von einem „wichtigen juristischen Erfolg“. Die WTO habe | |
inzwischen 94 Prozent der ursprünglichen Klagen des US-Konkurrenten | |
vollständig abgewiesen, teilte das Unternehmen mit. Es seien nur „wenige | |
Anpassungen“ bei rückzahlbaren EU-Darlehen für Entwicklungskosten nötig. | |
Airbus werde alles Notwendige tun, um etwaige Fehler zu korrigieren, | |
erklärte Chefjurist John Harrison. | |
Boeing sah sich aber ebenfalls bestätigt: „Das heutige abschließende Urteil | |
sendet eine klare Botschaft: Die Missachtung von Regeln sowie illegale | |
Subventionen werden nicht toleriert“, erklärte Boeing-Chef Dennis | |
Muilenburg. Die EU habe sich an frühere Anordnungen nicht gehalten. Die | |
US-Regierung könne nun autorisiert werden, milliardenschwere | |
Vergeltungszölle auf Importe aus der EU zu erheben. | |
Die EU hatte ihrerseits die USA wegen illegaler Subventionen für Boeing | |
ebenfalls verklagt. In dem Fall steht ein abschließendes Urteil noch aus. | |
So betonte Airbus-Konzernchef Tom Enders, die jüngste Entscheidung sei „nur | |
eine Seite der Medaille“. Der WTO-Bericht zu den EU-Klagen gegen | |
US-Steuergeschenke für Boeing wird im zweiten Halbjahr erwartet. „Wir | |
erwarten, dass er hart mit der Subventionspolitik von Boeing ins Gericht | |
gehen wird, und dann werden wir sehen, wie es unter dem Strich aussieht“, | |
so Enders. Mögliche US-Sanktionen dürften „im Vergleich zu dem, was wir im | |
europäischen Vorgehen gegen Boeing erwarten, nur gering ausfallen“. | |
## Seit Jahrzehnten Konkurrenzkampf | |
Die beiden größten Flugzeughersteller der Welt liefern sich seit | |
Jahrzehnten einen erbitterten Konkurrenzkampf. Die USA und die EU werfen | |
sich dabei gegenseitig Wettbewerbsverzerrung vor. Beide Seiten haben ihre | |
Klagen und Proteste jeweils durch sämtliche Instanzen bei der WTO gezogen. | |
In beiden Fällen haben die Schiedsrichter sowohl Maßnahmen zugunsten von | |
Airbus als auch von Boeing als illegale Subventionen beurteilt. Eine | |
Rückzahlung bereits geleisteter Staatshilfen ist indes nicht vorgesehen. | |
Vielmehr geht es darum, Schaden, den die andere Seite durch | |
Wettbewerbsverzerrungen erlitten haben könnte, auszugleichen. | |
Staatshilfen im Rüstungsbereich nehmen eine Sonderrolle ein und sind von | |
den WTO-Verfahren nicht betroffen. Sie dürfen als „strategische Industrien“ | |
national geschützt werden. Die Sparten spielen sowohl bei Boeing als auch | |
bei Airbus eine große Rolle. | |
Die WTO-Entscheide enthalten jeweils „Empfehlungen“, wie die beklagte Seite | |
ihre Maßnahmen in Einklang mit den WTO-Handelsbestimmungen bringen kann. | |
Während Streitparteien stets die Umsetzung solcher Empfehlungen vermelden, | |
bleibt weiter viel Raum für Interpretationen, ob das tatsächlich geschehen | |
ist. Die Umsetzung ist praktisch fast nicht durchsetzbar. Harte | |
Sanktionsmöglichkeiten hat die WTO nicht. | |
Im Prinzip sind beide Seiten einig, dass die Dispute nicht durch die | |
WTO-Schiedsgerichte gelöst werden können. Experten sehen die Lösung in | |
einem Vertrag, in dem beide Seiten die zulässige Unterstützung für ihre | |
jeweiligen Luftfahrt-Industrien aushandeln. So etwas gab es in den 90er | |
Jahren, doch der Vertrag wurde von den USA gekündigt. | |
16 May 2018 | |
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