# taz.de -- Vor Trumps Iran-Entscheidung: Aufkündigung durch die Hintertür | |
> Am Abend will Trump seine Entscheidung über den Atomdeal mit dem Iran | |
> verkünden. Ohne die USA wäre das Abkommen politisch tot. | |
Bild: Teheran, 2015: Begeisterte Iraner feiern den Abschluss des Nuklearabkomme… | |
Genf taz | Eigentlich wollte US-Präsident Donald Trump erst am kommenden | |
Samstag verkünden, wie seine Regierung mit dem Atomdeal mit dem Iran weiter | |
umgehen will. Doch am Montagabend verkündete er [1][per Twitter], dass er | |
seine Entscheidung schon an diesem Dienstag um 20 Uhr deutscher Zeit | |
bekanntgeben will. | |
Je nachdem, wie Trumps Entscheidung ausfällt, könnte sie zur Zerstörung des | |
Vertrages führen, den die fünf Vetomächte des UNO-Sicherheitsrates (USA, | |
China, Russland, Frankreich und Großbritannien) sowie Deutschland im Juli | |
2015 nach über zweijährigen Verhandlungen mit Teheran vereinbart hatten. | |
Mit dem Vertrag wurden die Sanktionen gegen den Iran aufgehoben – | |
gleichzeitig reduzierte der Iran seine Nuklearkapazitäten und unterwarf | |
sich einem strengen Kontrollsystem, um sicherzustellen, dass sein | |
Atomprogramm tatsächlich nur zivilen Zwecken dient. | |
Einfach kündigen, wie er oft angedroht hat, kann Trump den Vertrag im | |
Alleingang allerdings nicht. Zur Kündigung wäre eine Entscheidung des | |
US-Senats erforderlich, der das Abkommen im Herbst 2015 ratifiziert hatte. | |
Möglich ist, dass Trump den Senat zur Kündigung des Vertrages aufruft. Ob | |
der Senat angesichts der nur knappen republikanischen Mehrheit diese | |
Aufforderung auch umsetzt, ist allerdings nicht sicher. | |
## Vermutlich keine vollständige Aufkündigung | |
Doch selbst dann behielte das Abkommen zumindest rechtlich weiterhin seine | |
Gültigkeit zwischen Iran und den anderen Vertragsstaaten. Politisch wäre es | |
aber tot, zumal wenn die USA nach vollzogener Kündigung, wie mehrfach | |
angedroht, neue Sanktionen gegen Teheran verhängen. | |
Wahrscheinlicher ist allerdings , dass Trump eine – zumindest auf den | |
ersten Blick – moderatere Entscheidung verkündet: Das Ratifizierungsgesetz | |
vom Herbst 2015 verpflichtet den US-Präsidenten, alle drei Monate vor dem | |
US-Kongress eine Erklärung abzugeben, ob Teheran sich an das Abkommen hält | |
oder nicht. Verweigert der Präsident eine positive Bestätigung, kann der | |
US-Kongress innerhalb von 60 Tagen neue Sanktionen gegen Iran verhängen. | |
Nicht nur Trumps Vorgänger Barack Obama bestätigte in seiner verbleibenden | |
Amtszeit bis Ende 2016 drei Mal die Einhaltung des Abkommens durch Iran, | |
sondern auch Trump am 15. April und 15. Juli 2017. Auch die für die | |
Überwachung des Abkommens zuständige Internationale Atomenergieorganisation | |
(IAEO) bescheinigte Teheran in all ihren bisherigen dreimonatlichen | |
Berichten ohne jegliche Einschränkung die Vertragstreue. | |
Am [2][15. Oktober 2017] sowie am 15. Januar dieses Jahres verweigerte | |
Trump diese positive Erklärung jedoch und forderte zunächst | |
„Nachbesserungen“ des bestehenden Nuklearabkommens: eine Verlängerung der | |
Laufzeit von derzeit 25 Jahren auf unbegrenzt, verschärfte Kontrollen durch | |
die Internationale Atomenergiebehörde sowie das Verbot der Entwicklung | |
konventioneller ballistischer Raketen durch Iran. | |
## Neue Sanktionen nicht direkt gegen den Iran | |
Da diese drei „Nachbesserungsforderungen“ bei den anderen Vertragsstaaten | |
auf Ablehnung stießen, setzte Trump im Januar den drei europäischen | |
Vertragsstaaten Frankreich, Großbritannien und Deutschland ein | |
[3][Ultimatum bis zum 12. Mai], diese Forderungen in einer zweiten | |
Vereinbarung festzuschreiben – ohne Beteiligung Irans, Russlands und | |
Chinas. Zudem soll diese Vereinbarung Maßnahmen gegen die „aggressiven | |
Aktivitäten“ Irans in der Nahostregion enhalten. | |
Zwar signalisierte vor allem Frankreichs Präsident Emmanuel Macron die | |
Bereitschaft zu einer solchen Vereinbarung. Doch bislang ist sie nicht | |
absehbar. Möglich, dass Trump am Dienstagabend lediglich das Ultimatum an | |
die Europäer um einige Wochen oder Monate verlängert, mit der Drohung, nach | |
seinem ergebnislosen Ablauf neue Sanktionen zu verhängen. | |
In beiden Fällen würden sich neue Sanktionen der USA nicht in erster Linie | |
direkt gegen Iran richten, sondern gegen Unternehmen und Banken in | |
Drittländern, die mit Iran Wirtschaftsbeziehungen unterhalten oder ins | |
Irangeschäft einsteigen wollen. | |
Derartige „Sekundärsanktionen“ sind nach Einschätzung der EU eigentlich | |
völkerrechtswidrig und würden entsprechende Gegenmaßnahmen erlauben. Diese | |
Brüsseler Einschätzung stammt aus den 80er Jahren, als die damalige | |
Reagan-Administration in Washington durch „Sekundärsanktionen“ gegen | |
Spanien, Portugal und andere europäische Staaten diese auf die Linie des | |
US-Embargos gegen Fidel Castros Kuba zwingen wollte. | |
Bereits in den vergangenen 28 Monaten seit Inkrafttreten des Iranabkommens | |
haben die USA ihre vertraglichen Verpflichtungen zur Aufhebung aller einst | |
im Zusammenhang mit Teherans Nuklearprogramm verhängten Sanktionen nicht | |
vollständig umgesetzt. Zweimal seit Trumps Amtsantritt im Januar 2017 hat | |
Washington sogar neue Sanktionen gegen Iran verhängt. Zudem hält die | |
US-Regierung ausländische Firmen und Banken durch die Drohung mit | |
Sekundärsanktionen oder Nachteilen auf dem US-Markt von wirtschaftlichen | |
Beziehungen mit Iran ab. | |
8 May 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/realDonaldTrump/status/993562242124865536 | |
[2] /Umgang-der-USA-mit-dem-Iran/!5455148 | |
[3] /US-Sanktionen-gegen-den-Iran/!5476952 | |
## AUTOREN | |
Andreas Zumach | |
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