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# taz.de -- Porträt Lucien Favre: Grübler mit Matchplan
> Borussia Dortmund hat den Schweizer Lucien Favre zur neuen Saison
> eingekauft. Der Taktiktüftler geht Spiele analytisch wie Rasenschach an.
Bild: Lucien Favre bei einem Spiel zwischen OGC Nice und Toulouse FC im Allianz…
Vermutlich dürfte Lucien Favre das neue Werk von Christoph Biermann
gefallen. Im dem im April erschienenen Buch „Matchplan – die neue
Fußball-Matrix“ kommt eigentlich kein Fußballlehrer der Moderne besser weg
als derjenige, den Borussia Dortmund nun zur neuen Saison eingekauft hat.
Die Verpflichtung von Lucien Favre als Trainer bis zum 30. Juni 2020 sei
„ein wichtiger Teil unseres sportlichen Neustarts in diesem Sommer“, teilte
BVB-Sportdirektor Michael Zorc mit. Favre genieße „hohe Wertschätzung für
seine fachlichen Qualitäten, die er bei Hertha BSC und in Mönchengladbach –
genau wie zuletzt in Nizza – auch schon mehrfach eindrucksvoll unter Beweis
gestellt hat.“
Noch besser klingt eigentlich nur, was Autor Biermann selbst dem
60-Jährigen – den er als einen der sympathischsten wie erratischsten
Trainer beschreibt, die er je traf – attestiert: Favre sei ein Trainer „mit
Alleinstellungsmerkmal“. Wer erst mit dem kleinen Schweizer Klub Echallons
in die zweite Liga, dann mit Yverdon in die erste aufsteigt, mit Servette
Genf Pokalsieger, später mit dem FC Zürich zweimal Meister wird und in der
Bundesliga erst Hertha, danach Gladbach in die Champions League führt, der
hat einen Plan. Favres Spielsystem ist etwas für Analytiker. Umfassende
Datensätze belegen einen fast genialen Ansatz, der sich durchaus gegen
gängige Strickmuster vieler Kollegen stellt.
Favre lässt seine Mannschaften das Spiel oft langsam und vorsichtig
aufbauen, ehe sie auf außen verlagern. Die Tiefenbohrungen in den
Datensätzen seiner Spielidee förderten einen echten Bessermacher zum
Vorschein – schreibt Biermann. Einer, der in seiner ersten Saison bei OGC
Nizza nach einem einfachen Prinzip reüssierte: „Favre sorgte dafür, dass
seine Mannschaft gute Schüsse abgab und der Gegner schlechte.“
Alles wird mühevoll erarbeitet: Trainingsformen mit markierten Rechtecken
sehen schon mal mehr nach Rasenschach aus. Die Taktiktüftelei ist aber nur
die eine Facette an einem Trainer, der sicherlich nicht als erster
Öffentlichkeitsarbeiter taugt. Dortmund bekommt das Gegenteil von einem
Menschenfänger und Unterhaltungskünstler wie Jürgen Klopp. Favre ist ein
Überzeugungstäter mit klaren Prinzipien, die kaum Einmischung dulden.
Medienarbeit ist mit ihm genauso schwierig wie Kaderplanung. Max Eberl, an
Favres Seite langjähriger Sportchef in Mönchengladbach, könnte stundenlange
Episoden erzählen wie grüblerisch, gar zweifelnd dieser Mann sein kann,
wenn es etwa um Transfers geht. Und nicht immer ist der Umgang mit ihm
einfach, auch das gehört zur Wahrheit über Favre.
Das aktive Spiel, das Thomas Tuchel beim BVB einführte und Peter Bosz als
Nachfolger unzureichend absicherte, ehe der Verwalter Peter Stöger kam,
soll Favre nun weiterentwickeln. Biermann wundert sich übrigens, dass Favre
noch keine internationale Spitzenmannschaft trainiert hat, würde er doch
auch eine solche besser machen. Den Beweis darf der Schweizer nun nächste
Saison erbringen.
22 May 2018
## AUTOREN
Frank Hellmann
## TAGS
Lucien Favre
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Profi-Fußball
Thomas Tuchel
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