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# taz.de -- Polizei-Akademie Berlin: Brandbrief zum Abschied
> Nach den monatelangen Querelen um die Polizeiakademie verabschiedet sich
> der Vizechef Boris Meckelburg mit Kritik.
Bild: Hat unruhige Zeiten hinter sich: die Polizei-Akademie in Ruhleben
Boris Meckelburg hat noch mal richtig zugelangt. In einem Schreiben, das
an Deutlichkeit nicht zu wünschen übrig lässt, beklagt sich der scheidende
Vizechef der Polizeiakademie, von den politisch Verantwortlichen bei seinen
Reformbemühungen im Stich gelassen worden zu sein. Der Vorwurf ist an
Innensenator Andreas Geisel und Staatssekretär Torsten Akmann (beide SPD)
gerichtet, aber auch Personalrat, Gewerkschaften und Medien bekommen ihr
Fett ab.
Nach monatelangen Querelen um die Polizeiakademie hatten deren Leiter
Jochen Sindberg und sein Stellvertreter Meckelburg im Februar 2018 um ihre
Versetzung gebeten. Mit dem Schreiben, das seit Donnerstag in der Polizei
kursiert, hat sich Meckelburg nun in die Elternzeit verabschiedet. In die
Akademie wird er nicht zurückkehren.
Es war ein vergleichsweise kurzes Gastspiel: Im Herbst 2015 waren der
Kriminalbeamte Sindberg und der Schutzpolizist Meckelburg von der früheren
Polizeivizepräsidentin Margarete Koppers beauftragt worden, die
Landespolizeischule in Ruhleben umzustrukturieren. Ende 2016 trat die
Reform in Kraft. Seither heißt die Einrichtung, in der für den mittleren
Dienst ausgebildet wird, Polizeiakademie.
Ob es an der Reform lag, dass die Sache aus dem Ruder lief, oder ob
Sindberg und Meckelburg das Fingerspitzengefühl fehlte – darüber gibt es
unterschiedliche Lesarten. Fakt ist: Ab Oktober 2017 war die Akademie,
transportiert durch die Presse, einer Lawine von Anschuldigungen
ausgesetzt, die zum Teil anonym erhoben wurden.
Polizeischülern aus Einwandererfamilien wurde pauschal Disziplinlosigkeit
und Lernunwille unterstellt, von Gewaltvorfällen an der Akademie war die
Rede und davon, dass die Schule von kriminellen Clans unterwandert werde.
Über mehrere Sitzungen beschäftigte sich der Innenausschuss mit dem Thema,
Personalratsvertreter wurden angehört, die Polizeiführung legte einen
Bericht vor. Nichts von den Vorwürfen wurde bewiesen. Was sich aber zeigte,
war, dass das Verhältnis zwischen Akademieleitung und Basis seit der
Reform, die höhere Arbeitsbelastungen mit sich brachte, tief zerrüttet ist.
Die Diskussion über die Reform hat Meckelburg in seinem Brief noch mal
aufgegriffen, selbstkritische Töne sucht man indes vergebens. Gerade in der
Umsetzungsphase habe sich hartnäckiger Widerstand gezeigt, schreibt er.
Ehemalige Lehrkräfte hätten ihre SPD-Kontakte genutzt und „ihre Sicht der
Dinge“ bei Innensenator Geisel und Staatssekretär Akmann „plazieren“
können, „während die Akademieleitung dazu nicht gehört wurde“.
Und an die Mitarbeiter gewandt heißt es: „Manche von Ihnen sind sicher
froh, dass ‚Graf Zahl‘, so ist wohl mein Spitzname, nun den Hut nimmt, und
man wieder versuchen kann, mehr ‚gefühlte Personalbedarfe‘ geltend zu
machen.“ Leider sei es den Miesmachern gelungen, andere mit ihrer
Sichtweise zu infizieren, klagt Meckelburg. Dann geht er in die Vollen:
„Mit schlechten Nachrichten und Gerüchten […] konnte man das Volk schon
immer aufwiegeln und sein eigenes Süppchen kochen.“
Die Presseberichterstattung zu den Vorgängen an der Akademie nennt
Meckelburg ein „mediales Gewitter“. Nach „zahlreichen ungeprüften
Behauptungen […] waren alle Dämme gebrochen und uns traf die ganze Wut
einer Lawine von Wut, Enttäuschung, Frust, Häme und vielem mehr, gepaart
mit einem unappetitlichen Schuss Fremdenfeindlichkeit“. Selbst dem vom
Senat eingesetzten Sonderermittler, der derzeit die Zustände an der
Akademie untersucht, unterstellt Meckelburg „eine eingeschränkte
Sichtweise“.
Die Reaktion auf den Brandbrief ließ nicht auf sich warten. „Wir
missbilligen die Äußerungen“, erklärte der Sprecher der Innenverwaltung,
Martin Pallgen. „Die Schilderungen sprechen für sich und ihren Autor“,
meinte Benjamin Jendro von der Gewerkschaft der Polizei.
21 May 2018
## AUTOREN
Plutonia Plarre
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Polizei Berlin
Barbara Slowik
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