| # taz.de -- Wende im Wehrhahn-Prozess: Mutmaßlicher Attentäter kommt frei | |
| > Prozess in Düsseldorf: Der Haftbefehl gegen Neonazi Ralf S., mutmaßlicher | |
| > Täter des Bombenanschlags von Wehrhahn, ist aufgehoben. | |
| Bild: Am Morgen nach der Explosion im Jahr 2000 | |
| Berlin taz | Aus Sicht der Staatsanwaltschaft Düsseldorf war der Fall | |
| eigentlich klar: Im Prozess um den mutmaßlich rechtsextrem motivierten | |
| Bombenanschlag am Düsseldorfer S-Bahnhof Wehrhahn im Jahr 2000 hatte | |
| Oberstaatsanwalt Ralf Herrenbrück noch am Montag in einer Zwischenbilanz | |
| argumentiert, der Angeklagte Ralf S. habe sich im Prozess selbst verraten, | |
| Täterwissen offenbart und sich in Widersprüche verstrickt – die Schuld | |
| stehe zweifelsohne fest. | |
| Das Gericht sieht das offenbar ganz anders: In einer überraschenden Wende | |
| entschied die Strafkammer am Landgericht Düsseldorf am Donnerstag, den | |
| Haftbefehl gegen Ralf S. aufzuheben. Der Angeklagte saß seit Januar 2017 in | |
| Untersuchungshaft, nun kommt er frei. | |
| „Aufgrund des vorläufigen Ergebnisses der an bislang 25 Tagen | |
| durchgeführten Hauptverhandlung und nach Anhörung von 60 Zeugen und drei | |
| Sachverständigen sieht das Gericht keinen dringenden Tatverdacht mehr“, | |
| begründet das Landgericht die Entscheidung. Ausschlaggebend sei | |
| insbesondere gewesen, dass mehrere Zeugenaussagen sich als nicht | |
| hinreichend belastbar erwiesen hätten. Die Staatsanwaltschaft war zunächst | |
| nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. | |
| Ralf S. war schon kurz nach dem Anschlag, bei dem im Juli 2000 zehn | |
| MigrantInnen durch eine selbstgebaute Rohrbombe zum Teil schwer verletzt | |
| wurden, ins Visier der Polizei geraten. Dem damaligen Betreiber eines | |
| Landes für Neonazimilitaria unweit der S-Bahnstation Wehrhahn konnte jedoch | |
| zunächst kein dringender Tatverdacht nachgewiesen werden. Für seine erneute | |
| Festnahme 17 Jahre später sorgte er selbst: Gegenüber einem Mitinsassen | |
| hatte er während einer Haftstrafe geprahlt, „an einem Bahnhof Kanaken | |
| weggesprengt“ zu haben. | |
| ## Fortsetzung am 5. Juni | |
| Tatsächlich sei es in dem seit Januar laufenden Prozess häufig vorgekommen, | |
| dass Zeugen anders ausgesagt hätten als in den Befragungen vor fast 18 | |
| Jahren, sagt Dominik Schumacher von der Mobilen Beratung gegen | |
| Rechtsextremismus Nordrhein-Westfalen, der das gesamte Verfahren beobachtet | |
| hat. Seine Vermutung sei aber, dass dabei eine Vielzahl von persönlichen | |
| Interessen eine Rolle gespielt haben könnten. Die aktuelle Entwicklung sei | |
| sehr bedenklich: „Es sieht jetzt viel schlechter aus als noch zu Beginn des | |
| Prozesses. Sogar ein Freispruch ist nicht ausgeschlossen.“ | |
| Aus der Sicht Schumachers sind es vor allem Fehler der Vergangenheit, die | |
| ein Urteil gegen S. jetzt erschweren: „Damals wurde nicht nur politisch | |
| heruntergespielt, dass Düsseldorf ein Neonazi-Problem haben könnte, sondern | |
| es wurden auch katastrophale Fehler bei den anfänglichen Ermittlungen | |
| gemacht.“ Dass insbesondere der Staatsschutz damals bei seiner Arbeit | |
| geschlampt haben soll, wurde im Prozess mehrfach kritisiert, auch gab es | |
| Hinweise auf mögliche Verstrickungen des Verfassungsschutzes. | |
| Für Schumacher ist klar: „Ein Wehrhahn-Anschlag ohne Ralf S. ist nicht | |
| vorstellbar.“ Die aktuelle Wende und erst Recht ein möglicher Freispruch | |
| seien deswegen „ein fatales Signal und eine Ermutigung für ideologisch | |
| ähnlich gesinnte Täter.“ | |
| Am 5. Juni soll der Prozess fortgesetzt werden, anberaumt ist er noch bis | |
| Mitte Juli. „Ralf S. hat immer versucht, sich als harmlosen Spinner | |
| darzustellen“, sagt Schumacher. „Es sieht so aus, als könnte er damit | |
| durchkommen.“ | |
| 17 May 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Malene Gürgen | |
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