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# taz.de -- Strömungstreffen in Berlin: Linke bleibt in Bewegung
> Der linke Flügel der Linken trifft sich in Berlin, um sich neu zu
> sortieren. Sahra Wagenknecht ist nicht dabei – spielt aber eine Rolle.
Bild: Prominent, aber umstritten: Linken-Frontfrau Sahra Wagenknecht
Berlin taz | „Solidarität ist unteilbar“, lautete die Überschrift über d…
Treffen, zu dem Bundestagsabgeordnete der Linkspartei am Samstag in Berlin
eingeladen hatten. Keine Überraschung bei einer Partei, die die
internationale Solidarität auf jedem ihrer Parteitage besingt, sollte man
meinen. Doch das Motto war auch eine subtile Kampfansage.
Die einstige Frontfrau des linken Flügels der Linkspartei, die
Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht, hatte in der Vergangenheit in
Interviews wiederholt darauf hingewiesen, dass nach Deutschland Geflüchtete
für hiesige Arme, Arbeitslose und prekär Beschäftigte eine Bedrohung
darstellten, in dem sie ihnen Konkurrenz um einfache Jobs und bezahlbare
Wohnungen machten.
Offene Grenzen? Eine schöne Vision, aber keine realitätstaugliche, so
Wagenknecht. Ihrer Ansicht nach soll Deutschland daher zwar weiterhin
Asylsuchende aufnehmen, Wirtschaftsmigration aber einen Riegel vorschieben.
Was Wagenknecht dabei auch umtreibt, ist, wie man zur AfD abgewanderte
einstige Stammwähler wieder zur Linken holt.
Die Ansichten der Fraktionsvorsitzenden kamen in ihrem eigenen Lager,
welches sich durch Wagenknecht in dieser Hinsicht kaum noch repräsentiert
sieht, [1][nicht gut an]. Eine Gruppe von Bundestagsabgeordneten aus den
linken Parteiströmungen – vor allem aus der sozialistischen und
antikapitalistischen Linken – holte daher zum Gegenschlag aus.
Im Januar gründeten Nicole Gohlke, Niema Movassat, Tobias Pflüger und
andere Abgeordnete bewegunglinke.org, eine Plattform, die den von
Wagenknecht enttäuschten ganz Linken die Möglichkeit geben soll sich
eigenständig zu positionieren – und sich letztlich auf von der einstigen
Ikone zu emanzipieren. Am Samstag trafen sich rund 160 Sympathisanten aus
ganz Deutschland zum ersten Ratschlag.
Die jüngsten Auseinandersetzungen in der Fraktion um berechtigte oder
unberechtigte Kritik an Partei- und Fraktionsspitze spielten dabei nur eine
untergeordnete Rolle: Sie bitte um einen solidarischen Tonfall, mahnte
Gohlke zu Beginn des Treffens an. „Wir wollen uns nicht an Personen
abarbeiten.“ Jeder wusste, wer gemeint war.
Und hielt sich auch dran. Stattdessen stritt man schnell um grundsätzliche
– altbekannte – Fragen. Etwa darum, ob im Kampf gegen den Rechtsruck in der
Gesellschaft und die damit verbundene Ausbreitung der AfD auch Bündnisse
mit politischen Gegnern eingegangen werden sollten.
## Werbung für Offenheit
Ja, meinte der bayerische Landesvorsitzende Ates Gürpinar. „Wir müssen
versuchen breite Bündnisse zu schmieden – das fängt bei Linksextremen an
und geht bis zum CSU-Bürgermeister.“ Die Menschen seien es gewohnt von ihm
als Linken zu hören, dass Nazis scheiße seien, aber wenn der örtliche
Bürgermeister oder der Pfarrer von der Kanzel das predigten, dann habe es
einen ganz anderen Stellenwert.
Auch der Brandenburger Abgeordnete Norbert Müller warb für Offenheit. Die
AfD sei fast überall im Osten auf dem Weg, stärkste Partei zu werden. Da
stellten sich Bündnisfragen völlig neu. „Es ist in dieser Situation doch
irre zu sagen, mit den anderen neoliberalen Parteien gehen wir keine
Bündnisse ein.“
Müllers Aussagen hatten besondere Brisanz, weil die Brandenburger CDU
jüngst Bereitschaft bekundet hatte, bei Regierungsbildungen künftig auch
mit der Linken zu reden. Die Brandenburger Landesvorsitzende der Linken,
Diana Golze, hatte das zunächst positiv kommentiert, war dann aber von der
Parteiführung auf Bundesebene zurückgepfiffen worden. Eine Debatte um
Koalitionen mit der CDU käme einer Mitgliederwerbung für die AfD gleich,
hieß es von dort.
„Dass wir mit der CDU in eine Koalition gehen ist unvorstellbar“,
bekräftigte Müller denn auch gegenüber der taz.
Andere Bewegungslinke fanden allein die Möglichkeit von gemeinsamen
Projekten absurd. Er sei schockiert, dass sie auf einer linken Tagung über
Bündnisse mit neoliberalen Partei stritten, sagte Sascha Stanicic,
Bundessprecher der Sozialistischen Alternative, einer trotzkistischen
Strömung innerhalb der Linken.
„Ich bin total schockiert, dass Linke im Kampf gegen die AfD sogar mit der
CSU zusammenarbeiten sollen“, bekannte eine Frau aus dem selben Verband.
Das käme einer Zusammenarbeit mit Rassisten gleich.
Es war nicht die Mehrheit, die so dachte. Die AfD zu bekämpfen sei so
wichtig, dass man Bündnisse brauche, forderte eine junge Frau aus Essen
unter Beifall und fragte die Leute, die so vehement dagegen seien. „Was ist
denn die Alternative: 20 Demos von 20 Splittergrüppchen?“
Kaum zur Debatte stand dagegen die in die Runde geworfene Frage, ob zu viel
öffentlich vorgetragener Antirassismus der Linken auch schaden könne. Im
Gegenteil, meinte der Bundestagsabgeordnete Niema Movassat: „Wir brauchen
keine Aufweichung der flüchtlingspolitischen Positionen.“ Von nun an
müssten die beiden bisherigen Säulen der Linken, „Frieden und soziale
Gerechtigkeit“ um eine dritte erweitert werden: „den Antirassismus“. Er
erhielt viel Zustimmung.
Im Oktober wollen sich die Bewegungslinken erneut treffen.
22 Apr 2018
## LINKS
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## AUTOREN
Anna Lehmann
## TAGS
Die Linke
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