# taz.de -- Handel mit kommunalen Daten: Rohöl aus Bürgerhand | |
> Der Städte- und Gemeindebund will kommunale Daten gerne zu Geld machen. | |
> Grüne und Linke sehen solche Vorschläge skeptisch. | |
Bild: Der Bürger als Datenquelle: Informationen über das Leben der Menschen s… | |
BERLIN taz | Ausgerechnet an dem Tag, an dem Facebook weltweit Millionen | |
Nutzer*innen über Details des Cambridge-Analytica-Skandals informieren | |
will, grätscht Gerd Landsberg in die Datenschutz-Debatte hinein. Der | |
Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds fordert die Kommunen | |
auf, in den Handel mit Daten einzusteigen. Für ihn sind die Informationen | |
aus dem Leben der Bürger das „Öl des 21. Jahrhunderts“. Damit ließen sich | |
wichtige Einnahmen erzielen, sagt er. Landsberg spricht von Daten, die | |
nicht auf Personen bezogen werden können und nicht zuordenbar sind. | |
Konkret geht es ihm um Lärmwerte, Messergebnisse zur Feinstaubbelastung | |
oder um demografische Informationen, etwa über das Alter der Bürger*innen | |
in bestimmten Vierteln. Diese Daten sollen nicht nur die Kommunen selbst | |
stärker nutzen, sondern sie sollen sie auch an Privatfirmen verkaufen | |
können. Etwa an Immobilienanbieter oder auch Transportunternehmen. | |
Für diese Firmen sind die Daten viel Geld wert. Wer sich eine Wohnung | |
kaufen will, der schaut sich wohl eher auf Portalen um, die auch Lärmwerte | |
oder Schadstoffresultate veröffentlichen. Fahrdienste wiederum könnten | |
gezielt in Vierteln Werbung schalten, in denen viele ältere Menschen oder | |
Personen leben, die auf Hilfe angewiesen sind. | |
Um Emissionsdaten zu erheben, entstehen den Kommunen erhebliche Kosten. | |
Diese Ausgaben könnten sie über den Verkauf an Privatfirmen wieder | |
hereinholen und nicht wie bisher kostenlos vor allem den Bürger*innen zur | |
Verfügung stellen. Ein Sprecher des Städte- und Gemeindebunds betont die | |
Unwucht, die entsteht, zwischen denen, die die Informationen erstellen und | |
zusammentragen und denen, die sie nutzen. | |
## Scharfe Kritik an Kommerzialisierung von Daten | |
„Warum sollten diese Daten nicht auch entgeltlich weitergegeben werden? Sie | |
sind anonym und betreffen keine einzelnen Bürger“, heißt es weiter aus dem | |
Städte-und Gemeindebund. Niemand müsse Sorge haben, dass schutzwürdige oder | |
personenbezogene Daten weitergegeben werden. Welche Daten wie viel kosten | |
sollen, darüber gibt es noch keine Entscheidung. Denkbar wäre ein | |
sogenanntes Konzessionsmodell, eine Art zeitlich begrenzter Nutzungsrate | |
oder auch ein Gebührenkatalog. | |
Landsbergs Forderungen stoßen in Zeiten, in denen das Misstrauen gegenüber | |
Datenhändlern erheblich gestiegen ist, auf mehr als Verwunderung. | |
Konstantin von Notz, Digitalexperte der Grünen, spricht gar von einem | |
„höchst fragwürdigen Geschäft der Kommerzialisierung von Daten der | |
Bürger*innen“. Erhöhte Sensibilität müsse gerade für die an | |
verfassungsrechtliche Vorgaben sehr eng gebundenen Kommunen, die | |
gemeinwohlbezogen arbeiten, gelten. „In Zeiten der Digitalisierung und | |
Globalisierung stärkt man weder den ländlichen Raum noch stiftet man Heimat | |
in den Kommunen, wenn man die Kampfparolen des Silicon Valley nachbetet,“ | |
kritisiert Konstantin von Notz. | |
Ähnlich kritisch sieht auch Anke Domscheit-Berg die Äußerungen des | |
Vertreters der Städte und Gemeinden. Die Netzexpertin, die als Parteilose | |
für die Linke im Bundestag sitzt, spricht sich dafür aus, den Datenschatz | |
im Sinne der Bürger*innen zu nutzen. Aber: Die Informationen sollen nicht | |
an private Unternehmen verkauft werden. „Warum das eine ganz schlechte Idee | |
ist, sehen wir ja gerade bei Facebook.“ | |
9 Apr 2018 | |
## AUTOREN | |
Tanja Tricarico | |
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