| # taz.de -- Kolumne Heult doch!: „Sag mal Nintendo Switch!“ | |
| > Toll, dass der Dreijährige endlich gerade Sätze sprechen kann. Wenn die | |
| > Lieblingswörter nur nicht „blöd“ und „warum“ wären. | |
| Bild: Aber doch nicht zum Frühstück, mein Kind! Lakritzschnecken, leider leck… | |
| Der Dreieinhalbjährige kann jetzt so sprechen, dass man ihn halbwegs | |
| versteht. Das ist einerseits gut, weil es mir vermutlich den Gang zum | |
| Logopäden erspart. Bei der letzten Vorsorgeuntersuchung hatte die | |
| Kinderärztin an der Stelle, wo sie den Kindern diese Tafeln mit den bunten | |
| Bildchen vor die Nase halten und wo sie dann Ball und Hund und so sagen | |
| sollen, immer die Wörter mit K und G wiederholen lassen, Kleid und Gans, | |
| aber es kam immer nur „Tleid“ und „Tans“ raus. Zudem stolpern die an und | |
| für sich nicht immer geradlinigen Gedankengänge eines Dreieinhalbjährigen | |
| in einem Affenzahn aus seinem Mund, man muss sich da erst ein bisschen | |
| einhören. Außenstehende brauchen dafür eine Weile. | |
| Heimlich finde ich das ja niedlich mit dem „Tleid“ und der „Tans“. Zudem | |
| habe ich für einen Logopäden einfach keine Zeit. Ich trage inzwischen in | |
| mein Smartphone sogar „Blumen gießen“ und „Socken kaufen“ als Termine … | |
| und neulich hat mich meine Nachbarin daran erinnert, dass mein Vater am | |
| Wochenende zu Besuch kommt. Ich hatte das komplett vergessen und sie | |
| gefragt, ob sie am Samstagabend auf die Kinder aufpassen könne. Mein | |
| Terminkalender ist also dicht, und außerdem glaube ich, dass die „Tans“ | |
| schneller erwachsen und zur Gans wird, als mir lieb ist. | |
| Ich sorge mich auch deshalb nicht über die spät zündenden | |
| Sprachfertigkeiten meines Zweitgeborenen, weil man, wie gesagt, inzwischen | |
| oft auf Anhieb versteht, was er sagen will – den nach wie vor verrutschten | |
| Konsonanten zum Trotz. Und das mag mir zwar hoffentlich den Logopäden | |
| ersparen, dafür wird die Konversation mit diesem Kind auf andere Weise | |
| anspruchsvoller. Ich weiß, dass es ein Fortschritt ist, wenn Kinder gerade | |
| Sätze sprechen können. Es fühlt sich nur oft nicht so an. | |
| „Weißt du wahas?“, sagt der Kleine jetzt mit glockenhellem Stimmchen. Dann | |
| erzählt er entweder eine elaborierte Kitastory, wann er mit F. oder N. | |
| oder E. welche Art von „Twatsch temacht“ hat. Er erwartet, dass ich das | |
| nicht nur hinnehme, sondern mit Nachfragen am Ball bleibe. „Ach so?“ reicht | |
| nicht, ich muss mich schon glaubwürdig dafür interessieren, warum F. und er | |
| auf die Idee gekommen sind, die Waschbecken mit Handtüchern zu verstopfen, | |
| bis sie überlaufen. | |
| ## Zweitlieblingswort nach blöd ist warum | |
| Er findet gerade auch sehr viele Sachen „blöhöd“, seine Mutter mit | |
| eingeschlossen. Er findet es blöd, dass es keine Lakritzschnecke zum | |
| Frühstück gibt. (Mein bisheriger Standard – „ich weiß wirklich nicht, was | |
| du meinst“ – ist nun mal inzwischen eine Lüge, die der Kleine mir auch | |
| nicht mehr abnimmt.) Blöd, dass X ihn von der Kita abholt und nicht Y. | |
| Blöd, dieser Blumenkohl auf dem Teller. Hat er der Bedienung im Restaurant | |
| auch so gesagt. Sie hat es auf Anhieb verstanden (und fand es lustig). | |
| Sein Zweitlieblingswort nach blöd ist warum. Der Kleine hat herausgefunden, | |
| dass man so oft „warum“ fragen kann, wie man will. Ich glaube, er will | |
| wissen, wie oft er „warum“ sagen kann, bevor ich – je nach Tagesform | |
| unterschiedlich schnell –, aufgebe und den bescheuerten Satz sage: „Warum, | |
| warum, warum ist die Banane krumm?“ Dann freut er sich. | |
| Wie schön, dass Kinder größer werden. Wobei: Meine Schwester schiebt gerade | |
| einen drei Monate alten Säugling durch die Gegend. Sie findet das mitunter | |
| anstrengend, vor allem wenn er schreit. Ich wünsche mir manchmal, mein Sohn | |
| würde einfach wieder schreien, statt zu reden. | |
| Neulich hat der Achtjährige mit seinem kleinen Bruder sprechen geübt. „Sag | |
| mal Nintendo Switch“, hat der Große geduldig vom Kleinen gefordert. | |
| „N-I-N-T-E-N-D-O S-W-I-T-C-H, sag das mal.“ Ich fürchte, wenn der Kleine | |
| das beim nächsten Arzttermin fehlerfrei sagen kann, ist mir die Zehnerkarte | |
| für den Logopäden sicher. | |
| 15 Apr 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Anna Klöpper | |
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