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# taz.de -- Niedersachsens AfD-Chef abgewählt: Zigaretten auf Spesen
> Armin Paul Hampel wird auf dem Landesparteitag der niedersächsischen AfD
> nicht wiedergewählt. Er muss sich unter anderem Vetternwirtschaft
> vorwerfen lassen.
Bild: Verabschiedet sich vom AfD-Landesvorsitz mit militärischem Gruß: Armin …
HAMBURG taz | Armin Paul Hampel hat den Kampf um den Vorsitz der AfD
Niedersachsen verloren. Auf einem Landesparteitag in Braunschweig setzte
sich bei einer Kampfabstimmung die Vorsitzende der Landtagsfraktion Dana
Guth gegen den abgesetzten Landesvorsitzenden durch. „Ich bedanke mich für
das Vertrauen“ sagte Guth und bat diejenigen, die sie nicht wählten um
„einen Vertrauensvorschuss“. Doch ein Zusammenrücken des zutiefst
zerstritten Landesverbandes darf bezweifelt werden.
Kaum war am späten Samstagnachmittag das Ergebnis des zweiten Wahlgangs in
der Stadthalle verkündet, brach unter der Hälfte der Mitglieder lauter
Jubel aus, bei der anderen herrschte betroffenes Schweigen. Im Großen Saal
hatten von den 521 Stimmberechtigen 280 für Guth gestimmt und 205 für
Hampel.
Im ersten Wahlgang war noch der AfD-Bundestagsabgeordnete Dietmar Friedhoff
für den Vorsitz angetreten, um „eine echte Alternative“ für den Verband
anzubieten. „Die Mitglieder hatten bisher nur die Wahl zwischen Pest und
Cholera“, sagte er im Foyer der taz. So hätten Mitglieder sich ihm
gegenüber bei Veranstaltungen ausgedrückt, schob er nach.
Guth forderte in ihrer Rede, der Landesvorsitz gehöre ins Land: „Ich sitze
für sie in Hannover im Landtag“, formulierte sie als erste Spitze gegen
Hampel, der wie Friedhoff für die AfD im Bundestag sitzt. Unter dem Applaus
ihrer Anhänger erklärte die 47-Jährige, dass sie im Landtag heute schon die
anderen Parteien jage und vorführe.
Als weitere Spitze versicherte sie, dass das Geld der Mitglieder und
Spender nicht mehr in ein Steigenberger Hotel, sondern in ein
elektronisches Stimmensystem fließen werde – eine Anspielung auf die
Darlegungen des Bundesrechnungsprüfers Christian Waldheim. Tatsächlich war
es denn auch weniger Guths Auftritt, der ihr die Mehrheit sicherte, als
vielmehr die Verfehlungen des alten Vorstands, die der Rechnungsprüfer
coram publico ausbreitete.
Vor der Wahl für den neuen Landesvorsitz hatte Waldheim auf
Unregelmäßigkeiten in der Buchführung des Landesverbandes hingewiesen. Er
ließ eine Tabelle über die Ausgaben der Jahre 2013 bis 2017 auf die
Bühnenleinwand werfen – jene Jahre, in denen Hampel den Vorsitz innehatte.
Schwarz auf Weiß konnte jeder lesen, dass immer wieder Überweisungen ohne
Belege oder ohne Beschluss des Landesverbandes vorgenommen worden waren –
insgesamt in Höhe von 27.333 Euro.
Ein Name tauchte immer wieder als Empfänger für Zahlungen auf: „Hampel“.
Der Tabelle zufolge rechnete er beim Landesverband hohe Hotelrechungen ab,
sowie die Anschaffung einer Satellitenschüssel für sein Privathaus, dazu
Sky- und DSL-Rechnungen, Bewirtungsbelege für Zigaretten und Alkohol und
das private Abonnement der neu-rechten Wochenzeitung „Junge Freiheit“.
Waldheim zeigte unter Ausrufen von Entsetzen einzelner Mitglieder auch,
dass Hampel 2014 Reisekosten in Höhe von 16.000 Euro erhielt. 2015 erhielt
ein Journalist, der ihm sehr „gewogen“ war, insgesamt 9.000 Euro für
„journalistische Recherchen“, obwohl der Landesvorstand eine einmalige
Zahlung von 400 Euro beschlossen hatte.
## Die AfD-Mitglieder sind gespalten
2016 beauftragte der Landesvorstand das Vorstandsmitglied Heiner Rehnen,
für Wahlkampfzwecke einen LKW zu beschaffen. 2.000 Euro wurden bewilligt.
Gekauft wurde ein LKW zum Nettopreis von 14.000 Euro. Verkäufer war die
Firma der Familie Rehnen. „Ich hätte den Vorstandsmitgliedern für diese
Jahre keine Empfehlung zur Entlastung ausgesprochen“, sagte Waldheim.
Vom Parkett-Mikrophon schritt Hampel zum Bühnen-Mikrophon, um „seine Ehre“
zu wahren. Alle Abrechnungen seien korrekt gewesen, versicherte der
ehemalige Fernsehjournalist. Es habe einen Beschluss gegeben, wonach der
Landesschatzmeister und der Vorsitzende Beträge bis zu 3.000 Euro ohne
Beschlussvorlage hätten ausgeben dürfen.
„Wenn man jemanden politisch nicht packen kann, macht man es über die
Finanzen“, kritisierte der 60-Jährige und erntete lautstarken Applaus
seiner Anhänger. Der Saal war gespalten. „Ich hätte mich nicht mehr hier in
den Saal getraut“, sagte eine Frau mit Blick auf Hampel.
## Andauernde Streitereien
Den Landesparteitag hatte ein Notvorstand einberufen. Die anhaltenden
Streitereien und das finanzielle Gebaren hatten im Januar den
Bundesvorstand zu der Absetzung des Landesvorsitzenden und des gesamten
Vorstandes bewogen. Der Notvorstand zeigte sich auf dem Parteitag zwar
bemüht neutral. Doch der Rückhalt für Hampel veranlasste das
Notvorstandsmitglied Kay Gottschalk, sehr deutlich zu werden:
„Beginnt jetzt die Selbstbedienungsmentalität wie bei den Altparteien?“
fragte er. Außer der moralischen Einstellung müssten auch strafrechtliche
Folgen geklärt werden, sagte er dem „lieben Paul“. Buh-Rufe gegen
Gottschalk folgten.
Im Foyer sagte Gottschalk, der im Bundesvorstand und im Bundestag sitzt,
der taz: „Wir prangern Missstände bei den anderen Parteien an und bei uns
beginnt es im Kleinen. Da ist auch Fremdschämen bei mir aufgekommen.“
Nach der Niederlage gab sich Hampel weiterhin kämpferisch. Nur eine
Schlacht sei verloren, sagte er. Für den Stellvertretenden Vorsitz wollte
er jedoch nicht mehr kandidieren. Vor dem Saal winkte er ab.
9 Apr 2018
## AUTOREN
Andreas Speit
## TAGS
AfD Niedersachsen
Armin-Paul Hampel
Schwerpunkt AfD
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