# taz.de -- Kommentar Wahl in Russland: Es läuft nicht mehr rund im Kreml | |
> Putin hat die Wahl haushoch gewonnen. Aber Russland hat die | |
> Diversifizierung der Ökonomie verpasst. Der Enthusiasmus von früher ist | |
> nicht mehr da. | |
Bild: Surprise – der neue Präsident Russlands ist der alte! | |
Große Überraschungen sind ausgeblieben. Der alte russische Präsident ist | |
auch der neue. Wladimir Putin darf bis 2024 weiter regieren – was absehbar | |
war, denn im Vorfeld hat der Kreml die Alternativen bereits aussortiert. | |
Selbst die wenigen handverlesenen Sparringpartner wurden mit | |
Schmutzkampagnen überzogen. Zwar hat Putin mit 76,67 Prozent bei 67 Prozent | |
Wahlbeteiligung ein beachtliches Ergebnis eingefahren – das höchste | |
Wahlergebnis eines russischen Regierungschefs seit dem Zerfall der | |
Sowjetunion. | |
Aber dass [1][diese Wahl], die als Referendum für den Kremlchef galt, am | |
Ende etwas niedriger als ein Plebiszit angesetzt wurde, dürfte für | |
Verunsicherung im Kreml sprechen. Ursprünglich waren 70 Prozent | |
Wahlbeteiligung und 70 Prozent für Putin als Richtmarke ausgegeben worden – | |
damit hätte Putin die Hälfte hinter sich gesammelt. | |
Es läuft nicht mehr ganz so rund in Putins Land. Die Wirtschaft stagniert, | |
die Realeinkommen sind in vier Jahren um 15 Prozent gefallen. Der Deal | |
zwischen Kreml und Volk, politische Macht gegen Wohlstandsgarantie, ist ins | |
Stocken geraten. Moskau flüchtet sich in den Traditionalismus und erklärt | |
sich zur Gegenwelt des Westens. | |
Russland ist am Ende eines Wirtschaftszyklus angelangt. Die | |
Diversifizierung der Ökonomie hat es verpasst. Die Staatsbürokratie wehrt | |
sich dagegen, denn jede Innovation bedroht ihre Rolle. Krieg und Aufrüstung | |
sind Instrumentarien, die Russland in solchen Phasen des Stillstands | |
einsetzt. Der Kreml drapiert es ideologisch: mit einem russischen Sonderweg | |
und mit der angeblich ewigen militärischen Bedrohung von außen. | |
Putin packt das Volk beim Stolz. Die anderen nehmen uns nicht ernst, so | |
werden wir es ihnen zeigen, suggeriert er. Der Streit mit England, die | |
Vergiftung des Doppelagenten Skripal, der Syrienkrieg werden dafür | |
instrumentalisiert. | |
## Enthusiasmus schwindet | |
Der Enthusiasmus von früher ist jedoch nicht mehr da. Viele sind | |
verunsichert. Nach 18 Jahren Putin ist eine sowjetische Ressource | |
zurückgekehrt – Angst und Nötigung, wie die aktuellen Wahlen mit ihren | |
Unregelmäßigkeiten zeigen. | |
Am 19. März beginnt Putins voraussichtlich letzte Amtszeit. Wird er die | |
Verfassung ändern, um weiter regieren zu können? Wird er einen Ersatzmann | |
für 2024 bis 2030 suchen wie einst Dmitri Medwedjew? Sollte der Kremlchef | |
echte Wahlen zulassen, wenn er und sein Umfeld Sicherheitsgarantien | |
erhalten? | |
Fragen, die ab heute in den Vordergrund drängen und Russland mehr verändern | |
dürften als die letzten zehn Jahre. | |
19 Mar 2018 | |
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## AUTOREN | |
Klaus-Helge Donath | |
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